Phönix der Nacht

Kapitel 8

... stand ein Tonband. Ich erstarrte, dann wich ich zurück. Plötzlich wurde mir bewusst, dass Abigail nicht hier war. Ihre Schreie, die wir die ganze Zeit gehört hatten, waren von diesem Tonband ausgegangen. Ich zitterte und wich weiter zurück. Hawkins schlang seine Arme um mich, drehte mich um und sah mich an. Ich starrte durch ihn hindurch, Tränen in meinen Augen.

"Das alles war die ganze Zeit nur ein Bluff!", hauchte ich entsetzt. Hawkins nahm mein Gesicht in beide Hände.

"Cassandra, beruhig dich. Bitte." Ich schüttelte fassungslos den Kopf. Das konnte einfach nicht möglich sein. Die ganze Zeit hatten wir Abigail gesucht, die ganze Zeit hatten wir unsere Leben riskiert, hatte ich die Leben meiner Freunde riskiert, der einzigen Personen, die ich noch hatte, sie ausgeschlossen, und das alles... war nur Bluff? Jetzt weinte ich. Hawkins zog mich noch näher an sich und ich vergrub mein Gesicht an seiner Brust. Fraya und Ellie schwiegen. Hawkins strich mir übers Haar und wollte etwas sagen, als plötzlich ein Steinchen neben uns auf dem Boden landete. Er sah nach oben und keuchte erschrocken.

"Wir müssen hier weg. Sonst kracht die Decke auf uns." Ich sah mich in dem Raum um. Die Tür, durch die wir gekommen waren, war keine Option, man konnte nur die andere Tür nehmen, die ihr direkt gegenüber lag. Ich sah zu Hawkins und er nahm mich an der Hand und lief los, Fraya und Ellie direkt hinter uns. Hastig öffnete er die Tür und sprintete nach draußen. Wir standen in einem Wald. Aber nicht dem Wald, durch den wir am Anfang gekommen waren, sondern einen, der düsterer war und wo die Bäume viel mehr Äste hatten. Ich konnte immer noch nicht fassen, dass wer auch immer meine Schwester entführt hatte, uns vollkommen verarscht hatte. Ich konnte einfach nicht. Plötzlich blieb ich stehen. Hawkins sah mich besorgt an. Ich erwiderte den Blick.

"Wenn Abbey nicht hier ist... wo ist sie dann?", fragte ich leise. Hawkins sah mich mitfühlend an, kam zu mir und strich mir über die Wange.

"Wir finden sie, Cassandra." Ich blinzelte eine neue Träne weg.

"Das hast du durchgängig gesagt. Und? Haben wir sie gefunden? Nein!" Er sah verletzt aus. Aber er fing sich wieder.

"Hör zu, Cassandra, traurig und verzweifelt zu sein ist okay, aber bitte, wenn du nicht bald aufhörst, so pessimistisch zu sein, wird dich das noch in den Tod stürzen!" Ich sah ihn an. Wieder kamen mir die Tränen. Er schluckte, dann umarmte er mich wieder. Ich schloss die Augen.

"Hey, Cas, sieh mal... wenigstens musste sie diese ganzen schlimmen Dinge nicht sehen!", versuchte Fraya mich aufzumuntern. Ich nickte nur. Plötzlich kam mir eine grauenhafte Idee:

"Was, wenn sie nur in einem anderen Raum ist?!", fragte ich. Hawkins sah mich an.

"Wird sie wahrscheinlich nicht. Nicht, wenn Silver wieder dafür verantwortlich ist." Ich schluckte. Dann hob ich den Kopf.

"Ist er aber nicht. Das glaube ich nicht. Nicht, nachdem ich ihm die Nase gebrochen und ihm gedroht habe. Nicht danach." Hawkins legte den Kopf schief.

"Cassandra... ich will dich ja nicht beunruhigen, aber... Er hat doch auch nicht aufgehört, nachdem ich..." Er verstummte. Ich nickte nur. Jetzt griff Ellies Neugier durch.

"Nachdem Sie was, Sir?", fragte sie. Hawkins biss sich auf die Lippe.

"Nachdem ich ihn zusammengeschlagen habe.", seufzte er dann. Ellie starrte ihn an.

"Oh. Deshalb hatte er einen gebrochenen Arm und ein gebrochenes Bein..." Ich nickte nur zaghaft. Dann kämpften wir uns mühsam durch den Wald.