Phönix der Nacht

Kapitel 21

Ich saß im Flieger. Neben mir Eve, daneben John. Fraya war irgendwo ganz weit hinten im Flugzeug und hatte sich abgeschottet. Tränen liefen über mein Gesicht. Eve nahm meine Hand und drückte sie. Ich sah sie an. Auch sie weinte. John war einfach nur leichenblass. Wir alle hatten Menschen verloren, die wir geliebt hatten. Bei mir hatte es mit meinen Eltern angefangen. Weiter ging es mit Abbey, danach Ryan dann Laya und Ellie. Eve hatte ihren Bruder Sirius verloren, der gleichzeitig mit Fraya zusammengewesen war, und John hatte seine Schwester Ellie verloren. Und ich war Schuld daran. Ich war Schuld daran, dass wegen mir auch andere Leute Personen verloren hatten, die sie geliebt hatten. Mein Leben war einfach den Bach runter gegangen, als ich nach Australien gezogen war. Plötzlich stand Brianna neben der Sitzreihe. Ich sah sie an. 

"Cassandra, es tut mir so unendlich leid, was passiert ist.", sagte sie leise. Ich nickte nur. Sie sah Eve und John bemitleidend an, dann fragte sie nach Fraya. 

"Ich glaube, sie ist irgendwo hinten im Flugzeug. Trauert vermutlich auch. Lass sie einfach.", schluchzte ich. Mein Herz zog sich krampfhaft zusammen und mein Körper reagierte darauf ähnlich; ich zog die Beine an und schlang die Arme darum, dann schloss ich die Augen. Diesmal konnte ich nicht schlafen. Nachdem wir beim Flugzeug angekommen waren, hatte Huxley die anderen angeklingelt, dass sie kommen sollten. Und er hatte mich ausgefragt. Als ich ihm dann gesagt hatte, dass sowohl Ellie, als auch Abigail, Silver und Laya tot waren, war er leichenblass geworden und hatte endlich die Klappe gehalten. Und ich wollte mich einfach nur noch in einer düsteren Ecke zusammenkugeln und nie wieder jemandem begegnen müssen, aus Angst, ich könnte mich mit ihm anfreunden und ihn dann auch noch verlieren. Und diese Angst hatte ich aus gutem Grund. Mir war bewusst, dass ich eine Menge durchgemacht hatte, und mir war auch bewusst, dass ich das nie wieder erleben wollte, aber ich musste nunmal irgendwie dadurch. 

Ich würde mich nicht zusammenrollen. 

Ich würde mich nicht für den Rest meines Lebens zurückziehen. 

Und ich würde nicht aufgeben. 

Ich würde nie, niemals zulassen, dass so etwas wieder geschieht. 

Niemals. 

Wir waren mittlerweile in der Schule angekommen. Es waren auch bereits andere zurück, aber keiner sprach mit mir, sie alle sahen mich mitfühlend an. Ich holte tief Luft und ging zu Fraya. 

"Fraya?" Sie fuhr herum. Wut spiegelte sich auf ihrem Gesicht wider. "Hey, was -"

"Halt die Klappe, Cas!", fauchte sie. Ich blinzelte perplex. "Halt einfach die Klappe!" Tränen sammelten sich in ihren Augen. "Wenn ich dich nie kennengelernt hätte, dann wäre Sirius vermutlich nie gestorben! Ich hätte ihn nicht wegen dir verloren! Du bist Schuld an seinem Tod!" 

"Fraya, ich -" 

"SEI STILL!!! Er wollte dir helfen! Er wollte dir helfen und deshalb wurde er erschossen!", rief sie. Dann sah sie mich einfach noch einen Moment an, ehe sie sich schluchzend umdrehte und verschwand. Ich starrte ihr hinterher. 

"Fraya...", wisperte ich. Aber sie war weg. Hatte sich von mir abgewandt. Vielleicht war in einer Ecke zusammenrollen ja doch keine so schlechte Idee? Plötzlich hörte ich Schritte hinter mir, dann spürte ich eine Hand auf der Schulter. Ich drehte mich um. Hinter mir standen Eve und John. 

"Ähm... Cassandra, hör mal, John und ich, wir... wir werden die Schule wechseln." Mir entgleisten alle Gesichtszüge. 

"Was?", fragte ich leise. Eve wechselte einen Blick mit John.