Kapitel 22

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Ich saß im Unterricht bei Jones. Der gestrige Tag war eigentlich ganz gut verlaufen, wir hatten erfahren, dass die neue Schulleiterin Professor Lankford war, eine relativ kleine, dunkelhäutige Frau mit kurzen, schwarzen Haaren und dunklen Augen, außerdem aber hatte es eine Schweigeminute für Silver, Ellie, Laya und sogar Abbey und auch Ryan gegeben. 

"Mr Gallagher, könnten Sie vielleicht endlich mal still sein!", fuhr Jones einen Jungen drei Plätze von mir entfernt an. Er lachte nur und sagte: 

"Nein." Ich verengte die Augen und zog ihm mit Schatten die Füße weg, sodass er unter den Tisch rutschte. Jones sah sofort in meine Richtung. Ich konnte mir ein schadenfrohes, wenn auch winziges Lächeln nicht verkneifen. Auch Gallagher drehte sich zu mir um. 

"Ah, die Depritante also." Mein Lächeln verschwand und ich stand auf. 

"Sei still, Gallagher.", sagte ich. Meine Stimme war monoton. Er grinste böse. Meine Augen juckten und ich wusste, dass sie sich schwarz färbten. Und von der Aggressivität des Juckens her, färbten sie sich komplett schwarz. 

"Ich sagte, sei still, Gallagher.", fauchte ich. Er schluckte und ich setzte mich wieder. Von weiter vorne kam ein: 

"Jeder weiß doch, dass die Phönixe der Nacht böse sind!" Ich sprang auf. Der Junge, der das gesagt hatte, stand lässig an den Tisch gelehnt. 

"War Professor Hawkins deiner Meinung nach auch so böse?!", fuhr ich ihn an. Jones ging dazwischen. 

"Mr Edgecomb, Miss Blues, würden Sie bitte aufhören?" Noch klang sie freundlich. Edgecomb verdrehte die Augen und setzte sich, ich nahm ebenfalls wieder Platz. 

Wetten sie hatte was mit ihm? Ich sprang auf und stürmte aus dem Raum. Draußen auf dem Flur hielt ich nicht an, ich musste raus aus diesem Gebäude. Als ich durch die Tür trat nahm ich die Direktorin gerade noch so wahr, bevor ich endlich auf dem Hof stand. Mein Atem ging schwer, weil ich mich konzentrieren musste, nicht zu weinen. Edgecomb hatte keine Ahnung. Überhaupt keine. Plötzlich hörte ich eine warme Stimme hinter mir und ich fuhr herum. 

"Hast du nicht eigentlich Unterricht?", fragte Lankford. Ich nickte. 

"Ja, aber ich... ich kann da nicht länger sitzen." Sie verzog mitfühlend das Gesicht und kam auf mich zu. 

"Lass mich raten. Edgecomb und Gallagher?" Ich nickte verwirrt. 

"Woher wissen Sie das?", fragte ich dann. Sie lächelte verschmitzt. 

"Ich kann Gedanken hören." Meine Augen weiteten sich. "Und ich weiß, dass du es auch kannst, auch, wenn ich deine nicht hören kann.", fügte sie hinzu. Ich schluckte. "Warum... Warum macht es dich so wütend, was Edgecomb über dich und Professor Hawkins gedacht hat?" Ich schloss die Augen, kaum dass sie diese Frage gestellt hatte. 

"Weil es... Weil es im Grunde stimmt. Ich..." Sie nickte. 

"Ich nehme an, Phoenix wusste davon nichts?" Ich sah sie an. 

"Doch, im Grunde schon. Also... Ich denke, er hat es geahnt. Gesagt haben wir es niemandem, aber Phoenix hat... hat es sozusagen... unterstützt..." Meine Stimme brach ab. Lankford legte den Kopf schief. 

"Okay, also..." Ich schluckte. "Hör mal, Cassandra, ich weiß, dass du viel verloren hast. Ich verspreche dir, sollte er irgendwann zurückkommen -"

"Was ich bezweifle.", unterbrach ich sie. Sie biss sich auf die Lippe. 

"Solle er je zurückkommen, werde ich euch nicht auseinander bringen." Ich sah sie an. 

"Warum zur Hölle sind Sie so tolerant?", fragte ich leise. Sie lächelte. 

Phönix der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt