Schon wieder warf mich Kyra auf den Boden. Mir wurde die Luft aus den Lungen gepresst und ich krümmte mich am Boden zusammen.
"Steh auf." Kyras Stimme klang kalt. Sie zeigte mir überhaupt kein Mitgefühl: Sie war wie eine andere Person. Ich richtete mich mit zitternden Beinen auf, schluckte und machte mich auf den nächsten Schlag gefasst. Kyra schnellte hervor. Sie schwang ihr Bein und trat mit so einer gewaltigen Kraft gegen meine Waden, dass sie mir den Boden unter den Füßen nahm. Mit einem überraschten Aufkeuchen fiel ich auf den Rücken."Aua!" Ich sah sie finster an. Es war schon eine Stunde vergangen, seit sie mich im Trainingsraum verprügelte und ich praktisch nichts - überhaupt nichts - gelernt hatte. Dazu fingen wir ganz früh am Morgen an. Wer weiß, wie lange diese Folter noch dauerte.
Kyra schenkte mir ein herablassendes Lächeln.
"Aufstehen.""Wie lange willst du mich noch fertigmachen?"
"Bis du dich wehren kannst. Aufstehen!"
Ich stand wieder auf und wischte mir den Schweiß vom Gesicht. Danach ging ich wieder in Kampfstellung. Kyra umkreiste mich wie eine Raubkatze, die jederzeit dazu bereit war, ihr Opfer anzuspringen."Wie willst du dich in Zukunft wehren gegen diese Albträumer? Gegen diese Missgeburten." Jedes ihrer Worte klang hasserfüllt.
Langsam stieg die Wut in mir auf. Ich dachte an Lynx, Prim und Quint. Und auch an Ethan. Sie waren keine Missgeburten."Sag das ja nicht." Ich hielt den Kopf gesenkt, starrte Kyra aber an. Sie hielt meinem Blick stand, mit zusammengepressten Lippen und zusammengekniffenen Augen. Dann grinste sie.
Ich hörte den Zoom einer Kamera.
"Was denn? Dass sie Miss-ge-bur-ten", sie betonte dieses Wort extra stark, "sind? Ich kann sagen, was ich will. Diese Albträumer sind nichts weiter als Ungeziefer. Schau doch, was sie mit Capital City angerichtet haben! Denk an die verwüsteten Häuser, denk an die Menschen, die ihre ganze Familie verloren haben."Ich hob meine Augenbrauen. War Kyra eine dieser Personen? Hatte sie-
Bevor ich weiter denken konnte, spürte ich Kyras Fuß an meiner Taille. Sie trat mich mit enormer Kraft an der Seite. Mit einem Aufschrei sackte ich schon wieder auf den Boden. Kyra schüttelte enttäuscht den Kopf, als sie auf mich herabsah."Nichts gegen dich Madeline Fink, wir sind zwar gute Freundinnen, aber du bist ziemlich schlecht darin, dich zu verteidigen."
Ich sah Kyra wütend an. Ich wollte nur weg von hier. Ich wollte sie nicht mehr hören, wie sie die Albträumer verspottete.
Doch Nein. Ich musste mich ihr stellen. Es war zwecklos, wegzurennen. Ich musste aufstehen und ihr die Stirn bieten.Kyras lila Brauen hoben sich, als ich wieder auf die Beine kam. Ich hielt den Kopf gesenkt und machte mich in Kampfstellung.
Kyra hat bis jetzt immer mit links angegriffen. Mit ihrer Linken Faust, mit ihrem Linken Bein. Sie würde jetzt sicherlich wieder mit links anfangen. Ich tippte auf die linke Faust.
Sie holte aus. Mit links.Bevor sie mir einen Kinnhaken verpassen konnte, wich ich ihr aus und griff nach ihrem Arm. Dabei drehte ich mich um, sodass Kyra hinter mir stand. Ich zog ihren Arm über meiner Schulter ruckartig nach unten und hob Kyra damit auf. Sie war leichter, als ich gedacht hatte.
Ich schleuderte sie auf den Boden und Kyra kreischte überrascht auf, ehe sie mit dem Gesicht auf die harte Matte aufprallte.
Wieder hörte ich den Zoom der Kamera.Ich ließ den Blick durch den Raum schweifen und entdeckte sie. Das kleine Ding war so gut versteckt, dass ich es fast nicht sah.
Plötzlich hörte ich ein Husten. Ich blickte zurück zu Kyra. Sie stützte sich auf den Ellbogen. Aus ihrer Nase tropfte Blut. Sie hustete wieder.
Ich realisierte, dass es ein Lachen war, das aus ihr kam.Nun war sie es, die aufstand. Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Nase, doch das brachte nichts: Das Blut tropfte weiter.
Kyra grinste. Aber es war nicht das Grinsen, das ich von ihr kannte.
Ihr Grinsen war völlig irre. Als wäre sie völlig verrückt. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihre Brauen waren gehoben und ihr rechter Mundwinkel war höher oben als der linke.

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Remnants Of Darkness
Misterio / SuspensoDie Welt von Madeline gerät langsam aus den Fugen, als ihre geliebte Heimat Capital City dem Untergang geweiht ist. Eine mysteriöse Krankheit breitet sich aus: Menschen sterben an ihrer größten Angst oder verlieren vollkommen den Verstand. Hat Ethan...