Dieses Kapitel widme ich Buechernarr.
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Egal wie sehr ich mich wehrte, Selina war unerbittlich. Und so standen wir nach, für Londoner Verhältnisse, wenigen 45 Minuten in ein Makrobiotisches Sterne-Restaurant.
Ich, immer noch in Jeans, Bluse und fettigen Haaren die ich versuchte in einem Pferdeschwanz zu verbergen, fühlte mich in meinem Aufzug alles andere als wohl. Und auch die Blicke der anderen Gäste, hauptsächlich Geschäftsmänner, des Nobelrestaurants machten es nicht besser. Denn neidische Blicke sehen wohl etwas anders aus.
Doch Selina strahlte von einem Ohr bis zum anderen und lotste mich auf einen freien Platz.
Während der Taxifahrt, kam mir mein Verdacht, dass sie mich auf eine Probe stellte, immer realer vor. "Setz dich doch mein Kind. Jetzt kann ich mich auch mal mit dir unterhalten. Gideon hat dich ja gar nicht zu Wort kommen lassen", die Frau versteckte aber auch nichts hinter einer Fassade. Fällt gleich mit der Tür durchs Haus, ohne Rücksicht auf Hindernisse. Theoretisch kann man meine Situation jetzt als Entführung ansehen. Aber wenn ich mich nun setze, können wir uns vielleicht viel Probleme aufheben -falls wir uns verstehen sollten. Wenn nicht, werden ebendiese Probleme jetzt hervorgerufen. Zögerlich setzte ich mich auf dem Platz ihr gegenüber. Obwohl Gideon meinte, ihm würde die Meinung seiner Mutter -was mich anbelangt- nichts bedeuten, hatte ich keine Lust darauf, dass Selina ihm in den Ohren liegt wie dumm und unnütz ich doch sein. Also, jetzt das Bild revidieren oder nie. Nur das dies nichts daran ändert, dass ich nachher noch eine Verabredung mit Leslie habe und mich hier schleunigst raus bewegen sollte. "Okay, aber ich habe ich habe nicht lange Zeit", meinte ich also daher. Aber Selina überhörte meine Bedingung geflissentlich und meinte, "du musst wissen, dass sich die Mädchen in Frankreich nur so an Raphael geschmissen haben, seines Geldes beziehungsweise Erbes wegen. Daher möchte ich wissen mit was für Mädchen sich mein ältester Sohn abgibt. Er hat schon so viel durchgemacht. Eine weitere Niederlage könnte er nicht ertragen."
Dazu sagte ich mal lieber nichts. Klar, eine Niederlage oder Verlust wäre nicht leicht, aber das ist es nie. Aber Gideon ist stark, er hat schon so viel durchgemacht -ohne Zweifel- aber ich denke, ein Großteil seiner Vergangenheit stärkt ihn mehr und er weiß damit umzugehen. Hoffe ich. Aber dazu wird es nicht kommen. Logisch, das Leben hat seine Höhen und Tiefen, aber so viele Tiefen wie er, wie wir schon durchlebt haben, umso mehr Höhen gibt es im Nachhinein. Aber ich hoffe natürlich das es zu keinen abgrundtiefen Tiefen (:D) mehr kommt. Dafür, dass wir später den Tod unserer Freunde und Familien durchleben müssen, dank unserer Unsterblichkeit, dürfen wir uns eine Pause verdient haben. Wobei ich wieder nur hoffen kann, dass der Stein der Weisen auch so lange wirkt. Gott, hört sich das verplant und dumm an. So als ob ich nur darauf warte, den Tod unserer geliebten Personen miterleben zu dürfen. Hilfe!
"Gideon und ich haben das gleiche Schicksal, den gleichen Fluch und somit auch vieles was uns verbindet aber auch gegenseitig stärkt. Ich denke doch, dass hatte er vorhin klar genug deutlich gemacht." Ich blieb ruhig, egal wie sehr es in mir brodelte. Selina wollte was erwidern, aber ich war noch nicht fertig "Und ich würde auch niemals zulassen, dass ihm etwas oder jemand verletzt. Dafür liebe ich ihn zu sehr." Sie sah etwas erstaunt aus. Ihre Augen strahlten wieder die Wärme von heute Mittag, vor dem Konflikt aus. "Du sprichst also von Liebe. Darf ich fragen wie alt du bist?" fragte sie mich neugierig und auch misstrauisch. "Im Oktober werde ich 17." Sie schaute mich mit einem Blick an den ich nicht deuten konnte, in etwa so einen ähnlichen Blick, kannte ich von Gideon. "Noch so jung und dennoch sprichst du als wäre er deine große Liebe. Woher willst du wissen ob du ihn später nicht doch verlassen wirst", in ihrer Stimme spiegelte sich einiges: Sorge um ihren Sohn, Misstrauen aber durch ihre Sänfte erkannte ich, dass sie sich langsam überzeugen ließ. Ich vermute stark, dass es an meiner Rede lag, denn aus dieser hatte man -meines Erachtens- nur bodenständige Ernsthaftig- und Durchdringlichkeit gehört. "Weil uns wie gesagt einiges verbindet und ich keinen Tag ohne ihn sein kann. Nicht nur aus Verlangen, sondern weil ich mir Sorgen um ihn mache. Aber dennoch will ich einsehen, dass er auch noch ein eigenes Leben hat. Wobei ich denke, ihm geht es nicht anders. Auch er muss jede Stunde etwas von mir hören um sicher zu gehen, dass es mir gut geht." Ich bin etwas von mir selbst überrascht, ich habe noch niemandem so sehr deutlich gemacht, was ich für Gideon empfinde. Sie sah erstaunt aus doch sie fing sich schnell wieder, als der Kellner kam um die Bestellung aufzunehmen. Ich wollte nur ein Wasser aber Selina bestand darauf, dass ich etwas zu mir nehme. So bestellte sie für mich eine Azukisuppe (immerhin etwas kleines) und für sie ein Wakame-Miso mit Reisrösti, was nicht gerade wenig war. Wir redeten bis das Essen kam nicht miteinander, sondern hingen jeweils unseren Gedanken nach. Während ich überlegte, wie ich hier am schnellsten weg komme, sah Selina sehr nachdenklich aus. Nachdem ich fertig gegessen hatte meinte sie plötzlich, "ich schließe mal daraus, dass wenn ihr euch so schätzt, du bereits weißt was am Dienstag ist", sie schaute mich abschätzend an und unter dem Druck des Blickes senkte ich meinen Kopf und murmelte die Antwort, "sein Geburtstag", in meinen nicht vorhandenen Bart. Vorsichtig hob ich meinen Kopf wieder und sah abermals in das erstaunte Gesicht Selinas. "Was gedenkst du ihm zu schenken?" Und so weihte ich auch sie in Leslie, Rapha und meine Pläne ein. Anfangs schien sie wieder misstrauisch, beschloss aber nach meiner Erklärung uns etwas beim finanzieren unter die Arme zu greifen. Nachdem schließlich auch sie aufgegessen hatte, machten wir uns auf den Weg nach draußen, da sie anscheinend einsah, dass sie mich nicht die ganze Zeit festhalten konnte. "Darf ich dich noch etwas fragen?" begann sie ein weiteres Gespräch. In der letzten halben Stunde ist sie sanfter und ruhiger geworden. Ich nickte während sie ein Taxi anhielt. Auch sie hatte dabei so viel Glück wie Gideon oder Lady Arista. Eigentlich hatte ich vor mit dem Bus zu fahren aber Selina konnte mich doch noch umstimmen (sie meinte es ginge schneller und sie wüsste außerdem auch wo ich wohne). "Warum haben du und Gideon gegenseitig so Angst, dass jemandem etwas passiert sein könne. Ich verstehe es ja, weil es normal ist, aber so stark? Da ist noch mehr, habe ich Recht?" Oje, bin ich wirklich so durchschaubar? Oder was jetzt wichtiger ist: Durfte ich ihr die Geschichte erzählen? Besser nicht, dann kann ich aber nur hoffen, dass sie es nicht persönlich nimmt. Sonst kann ich wieder von vorne anfangen und ich bin im Moment schon sehr stolz auf mich. Dass ich es schaffen würde Selina zu beruhigen, hätte ich nicht gedacht. "Ich weiß nicht ob ich es sagen darf. Am besten du fragst die Wächter selbst", schlug ich ihr vor. Sie stimmte zu und ich wollte gerade was fragen, als mein Handy wieder klingelte. Mist! Leslie, wird sicher schon ungeduldig. Ich wühlte mein Handy aus der Tasche, schaute Selina entschuldigend an und nahm das Gespräch an.
"Gwenny! Geht es dir gut? Grace hat mich gerade gefragt wo du bist", das war Gideon. "Ja mir geht es gut, ich sitze im Taxi." Sollte ich ihm sagen, dass ich mit seiner Mutter Essen war. Früher oder später auf jeden Fall. "Gut. Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Aber wieso bist du noch im Taxi, du solltest längst zuhause sein", er klang etwas tadelnd und ich konnte sein Grinsen förmlich vor mir sehen. "Jaja, lach nur." ich hörte ihn wieder auflachen. "Ich war noch was Essen, aber bin sofort daheim. Wie geht es dir?" Von der Seite sah ich Selinas forschenden Blick und schaute daher demonstrativ aus dem Fenster. "Glaub mir, vorhin ging es mir besser."
"WAS? Aber du bist jetzt doch nicht krank oder? Bitte nicht. Gide..."
"Ich bin doch nicht krank. Naja, noch nicht. Wenn ich dich jetzt sehen könnte würde es mir besser gehen." Achso, mit 'vorhin ging es mir besser' meinte er das elapsieren. Oder die Aufräum-Aktion im Hause de Villiers. Erleichtert atmete ich aus. "Das mit meiner Mutter vorhin tut mir echt leid. Sie ist etwas kompliziert. Ich wünsche mir nur, dass sie dich lernt zu akzeptieren sonst könnten wir uns in Zukunft immer wieder was von ihr anhören." Ja daran hatte ich vorhin auch gedacht -und vorgesorgt. "Nicht dass das etwas zwischen uns ändern würde, aber sie würde eben zwischen uns stehen. Und nerven kann sie auch ziemlich. Das muss ich mir nicht wirklich anhören." Wenn er sich Sorgen macht ist er so süß, dass er mich zum schmunzeln bringt. "Keine Sorge mein Starker Löwe. Das packst du!" zog ich die Situation ins lächerliche, wobei seine Sorgen berechtigt waren. Ich hatte vor gut einer Stunde dieselben. "Aber jetzt im Ernst. So schlimm kann das nun auch nicht werden. Und vielleicht haben wir ja Glück. Du darfst nicht immer so schlecht denken", beruhigte ich ihn nachdem er frustriert geschnaubt hatte. "Doch. Aber vielleicht hast du Recht." "Natürlich habe ich Recht", rief ich in den Hörer aus, aus dem kurz danach eine Klingel zu hören war. "Gwenny ich muss auflegen. Raphael ist da und er ist immer so aufgedreht wenn er von Leslie kommt." "Ich habe doch gesagt dass das mein Löwe schafft. Lass dich nicht runter kriegen", lehrte ich ihn und hörte sein wunderschönes Lachen. "Ist gut. Ich geb mein bestes. Ruf bitte nochmal an bevor du mit Leslie im Rausch des Eises abdriftest. Ich liebe dich mein Engel." "Ich liebe dich auch. Bis nachher" das verabschieden fällt mir immer so schwer. Selbst am Telefon. "Ja, bis dann." Wir wollten beide nicht auflegen, aber dann klingelte es noch mal und das letzte was ich hörte war ein genervtes "Jaja" und dann war die Leitung tot.
"Ich glaube ich sollte mich für mein Verhalten am Vormittag entschuldigen", sagte Selina, die ich schon ganz vergessen hatte und somit zusammenschreckte. "Du bist wirklich anders." Hä? Ich schaute sie fragend an. "Als du mir vorhin dein Herz ausgeschüttet hast" Also bitte, Herz ausgeschüttet, ich habe ihr lediglich meine Gefühle erklärt. Also unter der Redewendung verstehe ich etwas ganz anderes. "...ist mir klar geworden, dass ich wohl zu viel Misstrauen in dir hatte. Es ist nicht gewöhnlich solche Mädchen wie dich oder Leslie zu finden. Und dazu noch solche hübschen." Mir schoss das Blut in die Wangen, das spürte ich sofort. Um davon abzulenken stellte ich Selina eines Frage, die mir schon die ganze Zeit über auf der Zunge brannte, "Wieso hast du Gideon damals alleine in London gelassen?" Sie schien ein wenig aus dem Konzept gebracht. Verständlich, gerade hatte sie mit einer Entschuldigung angefangen. Aber die Gegend wurde mir immer bekannter und ich musste sie einfach fragen. "Aber ich habe ihn doch nicht alleine gelassen. Er hatte hier doch..." Sie wollte blockieren, das merkte ich und nach meinem ungläubigen Blick meinte sie schließlich ergeben, "Weil ich mich verliebt hatte. Francesco war der erste der nach dem Tod meines Mannes, mein Herz berührt hatte. Ich wollte nicht dass er wegen mir alles in Frankreich aufgibt. Und einfach alles Schlechte vergessen." Das klang meiner Meinung nach, ziemlich nach Hormonen gesteuert. Und blind. Währenddessen sind wir vor meiner Haustür angekommen und ich stieg aus. Bevor ich die Autotür hinter mir schloss, drehte ich mich nochmal um und sagte, "wenn dieser Francesco dich wirklich liebt, hätte er in Frankreich alles sausen lassen und nicht seiner Geliebten ihren ältesten Sohn weggenommen. Denn ich hoffe doch, dass dies ein schlimmerer Verlust ist als ein Platinimperium, welches man auch über London beaufsichtigen kann." Meinen Kopf, der noch im Waagen war, hob ich hoch und nach einem, "hat mich gefreut deine Bekanntschaft zu machen" knallte ich die Tür zu und begab mich an die Haustür.
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Bitte schreibt mir euere Meinungen!!!
P.S.: War das Kapitel zu kurz?
LG JamesJaina
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Turmalinschwarz
FanficTurmalinschwarz ist eine Fortsetzung von "Smaragdgrün" von Kerstin Gier. Somit gehören alle Charaktere sowie der Grundbaustein/die Hauptidee meiner Geschichte ebenfalls Kerstin Gier. In Turmalinschwarz kommen Gwendolyn, Leslie und Gideon nochmals h...