Dieses Kapitel widme ich IngaGe.
_________________________
„Gut, und ihr organisiert das alles?", fragte ich Leslie auf dem Weg zum Schulhof. Ich konnte gestern ausnahmsweise gut schlafen und bin dementsprechend auch relativ fit. Das hatte ich aber auch mal wieder nötig, und dass obwohl ich gestern etwas zu lange bei Gideon war. Erst nachdem Mum mich angerufen hatte, hatten wir einen Blick auf die Uhr riskiert und sind darauf fast vom Sofa gefallen. Heute Morgen hatte Xemerius seinen Dienst als Wecker wieder angetreten, ist aber nach dem Frühstück sofort wieder zu seiner Mission –wie ich von seinem Geschwafel identifizieren konnte und er mir, nach meiner Frage um welche Art von Mission es sich handelt, bedauerlicherweise, keine Auskunft erteilen durfte- abgehauen. „Klaro. Dass mache ich doch gerne. Und jetzt, wo alles vorbei ist", sie stockte. „Es tut mir so leid, dass ich euch so in Aufruhr versetzt habe, aber ich dachte wirklich..." Weiter ließ ich sie nicht reden. Schon den ganzen Tag hängt sie mir in den Ohren wie Leid es ihr tut. Und dafür, dass Raphael sie immer unterbrochen hatte, wenn ich es nicht schaffte, hätte ich ihn wirklich knuddeln gekonnt. Danach war Leslie erst mal eine Weile ruhig. Aber na gut, Raphael hatte andere Waffen ihr das Wort abzuschneiden. „Leslie, wenn du dich noch einmal entschuldigst, muss ich die Party leider alleine planen. Dafür würde ich noch Zeit finden." Beleidigt schob sie ihre Unterlippe vor. Sie hatte heute in der Cafeteria die geniale Idee, eine Geburtstags-Überraschungsfeier für Gideon zu schmeißen. Raphael war sofort mit Feuer und Flamme dabei und meinte, dass es dann auch mal in London eine anständige Party gibt. Ohne Kostüme und ohne Karaoke. Wobei Leslie den letzten Punkt unbedingt wieder zu ihrer Liste hinzufügen wollte. Während dem Unterricht hatte sie schon ein ganzes Programm vorbereitet, wollte aber, dass ich mich ebenfalls überraschen lassen soll. Wir öffneten die Tür und traten aus. Heute schien mal wieder die Sonne und ich würde lieber raus gehen als in einem geschlossenen Kellerraum zu hocken. Obwohl... „Oh nein", stöhnte Raphael und sah auf ein Taxi, dass am Straßenrand parkte. Als ich etwas weiter schaute, sah ich seinen Grund. Selina kam, natürlich umhüllt mit Markenklamotten, direkt auf uns zu. Mir fiel es schwer, sie unter ihrer monströsen Sonnenbrille zu erkennen. „Hallo zusammen", sagte sie als sie bei uns angekommen war. Sie wuschelte Raphael einmal durch seine Haare was ihm ein empörtes, „Hey" entlockte, klopfte Leslie kurz auf die Schulter und sah dann mich an. „Und da ist ja auch mein Sonnenschein", sagte sie als sie mich überschwänglich umarmte und ich sie nur verdattert ansah. Sie sah heute besser aus. Sie trug weniger Schminke und hatte ein angenehmeres Lächeln als am Samstag. „Du hattest Recht", meinte sie nachdem sie sich von mir löste und uns anstrahlte. „Ich habe mit Francesco geredet, nachdem du mir so ins Gedächtnis geredet hast. Für ein so junges Mädchen bist du ziemlich weit voraus. Das hätte ich niemals von dir erwartet, was du für ehrliche Einsichten in das Thema Liebe hast." Sie schaute uns alle nach der Reihe an und runzelte die Stirn. „Was schaut ihr denn so. Unsere Gwendolyn hier, ist genau die Richtige für meinen Sohn, das ist mir jetzt klar geworden."- „In der Tat", hörte ich Gideon hinter Selina sagen. Diese drehte sich überrascht um sodass auch ich einen Blick auf ihn werfen konnte. Meine Güte sah er heute wieder gut aus. „Hallo mein Großer. Was machst du denn hier? Warum bist du nicht auf der Uni?" begrüßte sie ihn. Doch er achtete gar nicht auf sie und kam geradewegs auf mich zu um mich in eine feste Umarmung zu ziehen. „Hey mein Rabe", raunte er an meinem Ohr. „Hi mein Löwe." Er gab mir einen kurzen Kuss und fragte dann mit einem Seitenblick zu seiner Mutter, „wie hast du denn das hinbekommen?" –„Wie sich herausgestellt hatte, besitze ich mehr de Villiers Charme, als ich dachte." Er schaute mir mit einem Schmunzeln tief in die Augen und ich formte mit den Lippen ein, „Später" als ich ein Räuspern vernahm. Er löste sich von mir und stellte sich hinter mich, seine Arme schlangen sich um meine Taille, sodass er mich enger an sich zog. Ich lehnte mich gegen ihn und zog seinen Duft ein. „Naja, Raphael du kommst jetzt mit. Ich will noch ein bisschen Geld investieren bevor ich die Scheidung einleite", ergriff Selina wieder das Wort und zwinkerte mir zu. Oh Gott, was hatte ich nur angerichtet. Gut, es ist ihre Entscheidung, aber hoffentlich hängt sie nicht an uns wie eine Klette. Auch wenn gerade alles darauf hinweist. „Du kannst Lassi gerne mitnehmen. Vielleicht lerne ich sie dann besser kennen. Bei Gwendolyn hatte es auf jeden Fall etwas gebracht." –„Leslie, sie heißt Leslie. Immer noch. Das hat sich so schnell nicht geändert", korrigierte Raphael seine Mutter genervt und schaute Leslie dabei bittend in die Augen. Eigentlich eher flehentlich. Ob es war weil er nicht alleine mit Selina shoppen gehen wollte oder weil er eine bessere Bindung zwischen den beiden aufbauen wollte, konnte ich nicht sagen. Leslie sah zu mir rüber und ihr Blick sagte so viel wie 'Ist-sie-schlimm? ' . Ich schüttelte lächelnd den Kopf und flüsterte, „also beißen tut sie schon mal nicht." Und obwohl es ein Scherz war (was nicht heißen soll, dass Selina wirklich beißt) sah Leslie sehr erleichtert aus. „Ja, gerne", stimmte sie zu und rang sich ein Lächeln ab. „Ach komm schon. Ich beiße nicht", sagte Selina aufmunternd und ich musste mir das Lachen zu verkneifen. Auch an meinem Rücken vibrierte es, woran ich erkannte, dass Gideon ebenfalls in sich hinein lachte. „Dann euch noch einen schönen Nachmittag", sagte er angeheitert. „Wir müssen jetzt leider weiter." Ich winkte kurz zum Abschied, weil ich mich nicht von ihm lösen wollte und ließ mich dann von ihm mitziehen. In der Limousine waren wir hinten alleine und ich kuschelte mich sofort an ihn ran. „Also jetzt. Wie hast du das gemacht?" wollte er wissen und verteilte Küsse auf meinem Scheitel. „Ich bin mit ihr Essen gegangen. Naja, sie hatte mich dazu gedrängt." Er sah mich mit angehobener Augenbraue an. Ich seufzte, „sie hatte mich rein geschliffen, so besser?" Er schmunzelte. „Du bist unverbesserlich", murmelte er. „Heißt das mein Vor-Geburtstagsgeschenk ist gelungen?" Ich ließ meinen Kopf an seiner Schulter gelehnt, merkte aber, dass er verwirrt war. „Vor-Geburtstagsgeschenk?" „Ja, ich habe so kurzfristig erfahren dass du morgen Geburtstag hast. Also eben so was", sagte ich leise um die Stimmung nicht zu stören. Er rückte etwas von mir ab und schaute mir eindringlich in die Augen, „Gwenny, du musst mir doch nichts schenken. Ich bin wunschlos glücklich wenn du bei mir bist. Mehr will ich nicht." Seine Worte rührten mich aber ich blieb hartnäckig. „Aber du hast morgen Geburtstag. Da gehört es sich, dass man sich etwas schenkt." –„Das tust du längst, meine Liebe. Jeden Tag auf Neue", flüsterte er liebevoll und drückte seine Lippen sanft auf meine.
Als wir in Temple ankamen, schien die Sonne mir ins Gesicht und blendete mich unangenehm. Schnell gingen wir ins Gebäude und als wir drinnen waren umgab mich Stille. Mit dem Klang einer in sich zufallenden Tür vermisste ich es. Den Lärm der Straßen und die Wärme, die sich langsam auf meiner Haut niederlässt und sich in meinem Körper verteilt. Ich seufzte und drehte mich sehnsüchtig zur Tür um. Gideon fing meinen Blick auf und schaute ebenfalls kläglich. Das wird immer ein Nachteil unter der Woche sein. Wir haben nichts vom Tag. Am Wochenende allerdings, können wir früher elapsieren und den restlichen Tag genießen. Ich hörte Schritte und sah mich danach um. Mr George kam um die Ecke und wirkte ein wenig gehetzt. „Mein Mädchen", sagte er aus der Puste als er mich entdeckte. „Falk erwartet dich in seinem Büro. Komm. Gideon, du kannst schon mal ins Al- zum Chronografen gehen." Ich gab Gideon noch schnell einen Kuss auf die Wange und folgte dann Mr George.
Falk saß hinter seinem Schreibtisch und sah auf, als ich den Raum betrat. Mist! Ich hatte nicht angeklopft. Falk schien das nicht zu bemerken und kam um den Tisch auf mich zu. „Guten Tag Gwendolyn", begrüßte er mich und kam, wie immer gleich zur Sache. „Ich habe dir einen Brief geschrieben", er drehte sich kurz um, wühlte in seinen Unterlagen und zog dann ein Papier hervor. Kann er mir nicht einfach sagen was ist, muss er mir jetzt schon Briefchen schreiben? „Falls etwas sein sollte, habe ich dir hier mein Einverständnis noch mal versichert. Mit Unterschrift", sagte er stolz und zeigte auf einen geschnörkelten Namen. „Ich bin sicher Gideon wird sich freuen. Du musst ihn wirklich gut kennen, dass du auf so eine Idee kommst. Normalerweise redet er nicht darüber, wenn er überhaupt mal über seine Wünsche redet." Ich nickte und schaute ihn verwundert an. „Er ist für mich immer wie ein Sohn gewesen", er räusperte sich und gab verlegen zu, „und mir war gestern ein klein bisschen langweilig. Seid der etwas verkorksten Sache, ist hier viel weniger zu los." -„Ja", meinte ich lächelnd. Falk konnte ja doch menschlich sein. „Und jetzt geh. Mach dir noch einen schönen Tag." Ich wandte mich zum gehen, als er mich nochmal aufhielt. „Ach, und Gwendolyn? Grüß Grace schön von mir."
Im Alchemielabor angekommen, wartete Gideon schon auf mich. „Was wollte Falk?" Ich überlegte nicht lange nach einer Antwort und sagte die halbe Wahrheit, „er hatte sich nach meiner Mum informiert." –„Na wenn das so ist." Er hielt seinen Finger unter den Diamanten und verschwand. Ich machte es ihm gleich und kurz darauf stand ich neben ihm im Jahre ..., in der Vergangenheit. „Hier ist es kalt" bemerkte ich und schmiss mich auf Cousine Sofa. Gideon setzte sich zu mir und zog mich auf seinen Schoß. „Leslie hat es gut. Sie kann jetzt draußen in der Sonne rumhüpfen", schmoll ich und kuschelte mich an ihn. Augenblicklich wurde es mir wärmer. Er strich mir über den Rücken und sagte, „daran müssen wir uns gewöhnen. Es wird nichtmehr so sein wie es einmal war." Ich schwieg. „Aber wir können unsere Nachteile zu Vorteilen machen", flüsterte er mir ins Ohr und verteilte dann Küsse auf meinem Nacken. Ich schloss meine Augen, doch der Moment der Ruhe blieb mir nicht überlassen. Kurz darauf packte er mich nämlich an meiner Hüfte und stellte mich hin. „Wie gut dass ich –so perfekt wie ich bin- an alles gedacht habe", grinste er mich an. „28°C im Schatten und den Schlüssel aus diesen Gemäuern", fuhr er triumphierend fort. Er griff in seine Hosentasche und runzelte die Stirn. Dann kratzte er sich im Nacken. „Und womöglich habe ich letzteres im Jahr 2011 gelassen", murmelte er vor sich hin. Ich musste über seinen Anblick schmunzeln. Wie er da so stand, mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern. Ich ging auf ihn zu und hob sein Kopf an. „Aber das ist doch nicht schlimm", versuchte ich ihn aufzumuntern. „Doch, ist es", wiedersprach er. „Ich habe doch vorhin gesehen wie liebend gern du raus gegangen wärst. Oh Gott bin ich dumm, einfach den Schlüssel liegen lassen." Er schüttelte über sich selbst den Kopf und sah einfach zu süß aus. „Du bist doch nicht dumm. Mit Sicherheit kannst du mir sagen welches Jahr wir haben." Erwartungsvoll schaute ich ihn an. „Ähm. Ja, klar... 1969" Ich grinste, „Na siehst du. Doch was im Köpfchen." Ich fuhr ihm einmal durch seine weichen Haare und wandte mich von ihm ab. Schnell hob ich den Stein aus der Wand, um an das Versteck meines Großvaters zu kommen. „Tadaa", rief ich und ging wieder zu Gideon. Ich hob ihn den Schlüssel vor die Nase und sagte, „wie war das? Unverbesserlich." –„Wie...", begann er. „Das Versteck meines Großvaters. Ab 1948, 24 Stunden am Tag geöffnet."
„Oh, na dann. Auf geht's!"
DU LIEST GERADE
Turmalinschwarz
Fiksi PenggemarTurmalinschwarz ist eine Fortsetzung von "Smaragdgrün" von Kerstin Gier. Somit gehören alle Charaktere sowie der Grundbaustein/die Hauptidee meiner Geschichte ebenfalls Kerstin Gier. In Turmalinschwarz kommen Gwendolyn, Leslie und Gideon nochmals h...