Kapitel 18

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Dieses Kapitel widme ich SarahBertram.

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Wir hatten ein schönes Plätzchen gefunden, an dem wir mit unseren Klamotten nicht auffallen würden. Es war hier schon gegen Abend und die Sonne wandte sich langsam zum Westen hin. Sie verlieh nicht nur dem Himmel einen orangenen Touch, sondern auch der Stelle unter dem Apfelbaum etwas Romantisches. Gideon an dem Baumstamm angelehnt und ich an seiner Brust. Es war so schön hier -mit ihm. Am liebsten sollte die Zeit jetzt still stehen. Die Abendsonne wärmte London noch immer auf und man sah keine einzigen Wolken. Sehr selten für London und gab diesem Moment, an dem man alles um sich herum vergaß, noch mehr Einzigartigkeit. „Welcher Tag ist das? Wir müssen unbedingt öfters hier herkommen", brach ich die Stille, die bisher herrschte. Sie war keines Wegs unangenehm gewesen, jeder hing seinen Gedanken nach. Aber es fehlte mir dennoch Gideons sanfte und dennoch raue, männliche Stimme. „Das bleibt mein Geheimnis. Wir können auch so hier her", bestimmte er, „wirklich schön." „Oh, ja. Ich würde am liebsten gar nicht mehr weg gehen." Ich umklammerte seinen Arm zwischen meinen und legte meinen Kopf darauf ab. Er streichelte kurz mein Haar und nahm sich dann wieder eine meiner Strähnen. „Dann kommen wir ab jetzt jeden Tag hier her, es wird ein bisschen schwer uns nicht selbst zu begegnen, aber solange es dir gefällt, werde ich das Risiko eingehen", sagte er. „Das müssen wir nicht, es gibt bestimmt genügend schöne Tage in London. Und dieser ist einer davon." „Dann will ich hoffen, dass sie in der Zukunft immer so schön bleiben werden." „Davon bin ich überzeugt", meinte ich. „Was will denn noch großartig passieren? Wir haben uns auf alle Fälle eine Pause verdient", schilderte ich ihm, was mir schon am Samstag im Restaurant durch den Kopf ging. „Pause? Heißt das du rechnest weiterhin mit Tiefen?" „Tiefen gibt es immer", seufzte ich. „Und irgendwann wird es wieder soweit sein. Spätesten in achtzig Jahren." Gideon befreite seinen Arm aus meinen Klämmen und zog mich auf seinen Schoß. „Das mag sein, mein kleiner Rabe, aber dann lass uns diese 'Pause', wie du sie nennst auch genießen und glücklich sein." „Glaub mir, dass bin ich, seit du mir deine Liebe gestanden hast." Er ließ meine Haarsträhne los und hielt mein Gesicht zwischen seine Hände. „Nur wenn du mir glaubst, dass es mir genauso ergangen ist. Ich liebe dich." „Ich dich auch mein Löwe."

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Zusammen erklommen wir die letzten Stufen, die zu seiner Wohnung führten. Ich bin total aufgeregt. Wie er wohl auf seine Überraschungs-Geburtstagsparty reagieren wird? Und mag er überhaupt Partys. Ich meine, er war mit mir auf Cynthias Kostümveranstaltung. Aber sonderlich begeistert war er davon auch nicht. Naja, eine solche Party hatte ich Leslie und Raphael sowieso verboten und immer wieder betont, dass es ein gemütliches Zusammensitzen wird und es als Feier durchgehen soll. Hoffentlich haben sie sich auch daran gehalten.

„Und du denkst, Grace hat wirklich nichts dagegen?" fragte Gideon.

Das hatte er vorhin schon die ganze Zeit bedauert, nachdem ich ihm den Vorschlag machte, ihn noch nachhause zu begleiten. Ich hatte ihm angesehen, dass er sich gefreut hatte aber dann ist ihm eingefallen, dass es dann schon längst Abend wäre und ich morgen noch zur Schule muss. Aber ich blieb hartnäckig, denn er wollte das ich ausschlafen kann –Pff. „Natürlich, mach dir darüber keinen Kopf. Du hast heute schließlich Geburtstag", rief ich euphorisch. „Jetzt mach doch nicht sowas großes daraus. Es ist nur ein Jahr mehr auf meinem Rücken." Und schon sanken meine Hoffnungen. Aber als ich daran dachte, wie er sich über den Gollum gefreut hatte, hob sich meine Laune wieder und das mulmige Gefühl in meinem Bauch verschwand. Auch Charlotte ist ihm heute nach der Schule um den Hals gefallen und hatte ihm ein Päckchen überreicht. Wie sich herausstellte, war es ein Buch und als ich sah um welches es sich handelte, bin ich fast von der Rücksitzbank der Limousine gefallen, wäre ich nicht angeschnallt gewesen. Es war 'Im Schatten der Vampirhügel' und somit das Buch, dass Charlotte vor Kurzem noch selber gelesen hatte. Sie hatte sich also nicht mal die Mühe gemacht um ihm etwas zu kaufen, aber das erzählte ich ihm nicht. Ich weiß immerhin nicht, wie seine Bindung zu ihr ist und da wollte ich ihn nicht verletzen. Gideon steckte den Schlüssel in das Schloss und die Tür öffnete sich. In der Mittagspause hatte ich mit Leslie und Raphael noch mal alles durchgesprochen, wie es ablaufen soll. Jedenfalls bis zu dem Punkt, den ich noch kenne durfte. Wie vereinbart war in der Wohnung alles still und dunkel. Er machte den ersten Schritt über die Schwelle und bei mir läuteten alle Alarmglocken, als er zu dem Lichtschalter griff. Mein Einsatz. „Du hast doch nicht wirklich gedacht, dass du so ungeschoren davon kommst", sagte ich und er runzelte die Stirn. Seine Hand hatte daraufhin auf halber Strecke inne gehalten und es blieb dunkel. Ich seufzte und schaltete das Licht selber an. Seit wann war Gideon denn so zurückgehalten?

„Überraschung", trällerten die Gäste und ich schaute mir das Werk meiner Freunde an. OH mein Gott!

Alleine als ich dieses eine Wort gehört hatte, musste ich an diese ganzen klischeehaften Filme denken, die ich so oft mit Leslie geguckt hatte. Das war doch nicht ihr Ernst! Es fehlte nur noch eine Girlande mit der Aufschrift 'Happy Birthday' über ihren Köpfen und die Dreharbeiten könnten beginnen.

"Himmel", stieß Gideon aus, der gerade definitiv von den vier Personen überrumpelt worden ist. Außer Raphael und Leslie, befanden sich auch Selina und Falk im Raum. Selina kam auf Gideon zu und umarmte ihn mit den Worten, "alles Gute, mein Großer." Alle anderen hatten ihm entweder beim Frühstück, nach der Schule oder in der Loge gratuliert. "Ja...ähm...danke...hmpf...WOW", stotterte er und musterte den Raum. Hinter Leslie, Falk und Raphael, stand ein Tisch, der mit einem Kuchen und ein paar Geschenken beladen war.

"Damit das Ganze hier mal voran kommt", begann Leslie nach einer Weile. "Muss ich hier wohl das Wort ergreifen."

Und das war auch gut so, denn Gideon war immer noch zu überrascht, Selina und Falk wussten nicht auf was sie sich da einließen, Raphael machte sich über den Gesichtsausdruck meines Freundes lustig und zückte sein Handy und ich hatte noch keine Ahnung, was an diesem Abend noch alles passieren würde...

TurmalinschwarzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt