Die ganze Angst von gestern, die Furcht, die mich innerlich anfraß, war wie ausgelöscht. Ich freute mich meine Eltern zu sehen. Ja, ich war eine sehr lange Zeit mit ihnen zerstritten, doch im Moment wollte ich einfach wieder zu ihnen. Außerdem waren sie nie direkt auf mich, sondern auf Matthias sauer gewesen. Das verstand ich zwar noch immer nicht ganz, jedoch war es mir im Moment egal.Ich kann mich noch genau daran erinnern, als meine Eltern meinen einzigen Freund verstießen. Ich durfte ihn nicht mehr sehen, obwohl ich ihn in dieser Zeit am meisten gebraucht hätte. Denn zu dieser Zeit begann die ganze Geschichte mit dem Stalken. Plötzlich war meine gute Laune gar nicht mehr so gut. Mein Stalker wusste vielleicht sogar in diesem Moment, dass ich wieder nach Hause kam. Dort konnte er mich dann weiter beobachten und mir mein Leben zur Hölle machen. Natürlich hatten wir alles schon mindestens einmal der Polizei gemeldet, doch immer, wenn sie bei mir waren, passierte nichts dergleichen und deswegen glaubten sie nach einer Weile, dass wir sie nur an der Nase herumführen.Schweine! Sie haben einen Job und der ist Leute zu beschützen, genau das Gegenteil machen sie. Lächerlich! Aber vielleicht hatte mein Stalker ja aufgegeben und sich ein neues Opfer gesucht? Vielleicht musste ich nun nicht mehr leiden und konnte ein normales Leben weiterführen? Wer weiß?
„Gut, Marieke. Ich hoffe, dass du deine Zukunft besser weiterlebst.". In Gebärdensprache bedankte ich mich bei dem Doktor und verließ das Krankenhaus. Ganz auf mich allein gestellt stand ich vor dem riesigen Krankengebäude und wunderte mich, ob ich überhaupt zu meinen Eltern fahren sollte. Sie sind wahrscheinlich sehr besorgt und freuen sich sicher mich wiederzusehen, dachte ich. Doch dann lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Wollten sich mich überhaupt sehen? Denn wenn sie das unbedingt wollten, dann hätten sie mich doch schon im Krankenhaus besuchen können. Matthias hatte es ihnen bestimmt erzählt. Ich seufzte. Naja egal. Ob sie mich sehen wollen oder nicht, ich vermisse sie und möchte zu ihnen fahren. Deshalb warf ich noch einen letzten Blick auf das Krankenhaus und ruf mir ein Taxi. Während der recht kurzen Fahrt vergaß ich total auf Matthias oder darauf, dass ich erst vor Kurzem versucht hatte mich umzubringen. Vor lauter Nervosität hatte ich schwitzende Hände und knetete das Ende meines T-Shirts leicht. Ich hatte Angst meine Eltern wieder zu sehen. Was würde geschehen, wenn sie mich überhaupt nicht sehen wollten? Ich schüttelte meinen Kopf. Egal. Ich hatte mir gesagt, dass ich zu ihnen gehen würde, egal ob sie das wollten oder nicht.
„Wir sind angekommen. Das macht 13 Euro Fräulein.", wurde ich aus meinen Gedankengerissen. Ich kramte mein Geldbörse aus meiner Handtasche und überreicht ihm das Geld. „Nicht sehr gesprächig, was?", zwinkerte mich der recht junge,attraktive Taxifahrer an. Ich lächelte ihn leicht an und kramte das Sackerl mit den bereits vorgeschriebenen Kärtchen aus meiner Handtasche. „Es tut mir leid. Ich bin stumm. Sorry, dass ich keine gute Gesellschaft war ;)", stand auf jeder dieser Karten. Ich hatte sie vor circa drei Jahren gemacht, da viele Leute die Gebärdensprache nicht verstehen und ich diese paar Sätze nicht immer wieder schreiben wollte. Ich übergab ihm ein Kärtchen und ein bisschen verwirrt las er es sich durch. Ein leichter, roter Schatten bildete sich auf seinen Wangen und sichtlich gerötet blickte er mich an. Ich weitete meine Augen leicht. Was war das? Was machte er, dass mich eine plötzliche Wärme so überrollte? Ich glaubte, dass ich auch ein bisschen rot wurde, den er so sehr geschmeichelt aus. War das Liebe auf den ersten Blick?
„Es..Es tut mir Leid. Ich wusste es nicht. Sorry, dass ich so etwas Dummes gesagt habe. Das musst du wohl schon öfters gehört haben.", stammelte er, den Blick auf das Sackerl mit den Kärtchen gerichtet.Ich konnte nicht anders, als zu lächeln. Der Typ haute mich irgendwie um. Ich bewegte meine Hände in einer „Komm runter"- Bewegung und nickte leicht. Ja ich habe mir schon sehr oft anhören müssen, was für eine langweilige Gesellschaft ich nicht wäre. Immer wieder gab ich den Leuten dann einer dieser Kärtchen, doch sie reagieren alle anders. Einige beginnen zu weinen, andere betteln mich um Vergebung, wieder andere schütteln ihren Kopf und wirken beleidigt. „Also Entschuldigung, wenn das nun ein bisschen plötzlich kommt, doch könnte ich deine Nummer haben, ähh.... wie heißt du?" Ich nahm mir eines der Kärtchen und schnappte mir einen Kugelschreiber. Auf die Rückseite schrieb ich meinen Namen und meine Nummer auf und übergab ihm den Zettel. „Dankeschön,", er schaute kurz auf den Zettel, „Marieke Neumann." Die Art, wie er meinen Namen sagte gefiel mir sehr. Er sagte ihn, als wäre er -das Schönste auf der Welt und als wäre es ihm eine Ehre meinen Namen überhaupt aussprechen zu dürfen. Mir stieß sofortige Röte ins Gesicht und ich verlor mich in seinen Augen.
Ich musste doch zu meinen Eltern! Ich holte rasch noch einen Zettel aus dem Sackerl und schrieb: „Schreib mir. Ich muss zu meinen Eltern. Danke J". Ich drückte ihm den Zettel in die Hand und verschwand aus dem Taxi.
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Schrei, niemand wird dich hören
Mystery / ThrillerEin stummes Mädchen. Ein verrückter Liebhaber. Ein Stalker, der dir dein Leben zur Hölle macht. Marieke litt unter einem Stalker, der ihr Leben zerstörte. Sie versuchte tapfer zu kämpfen, bis sie aufgab. Doch sie bekam eine zweite Chance im Le...