Ich wollte den Zettel zerreißen, doch hielt ich mich in letzter Sekunde noch zurück. Niemand durfte wissen, dass ich hier war und wenn ich nun Sachen zerstörte, oder anders zurückließ, als sie vorher waren, würde es definitiv jeder merken.
Deshalb stellte ich mir einfach einen Wecker um 5 Uhr, der mich daran erinnern sollte das Haus rechtzeitig zu verlassen. Wir wollen ja nicht erwischt werden. Ich lief rasch wieder in Mariekes Zimmer und riss die Tür auf. Niemand war hier! Ich konnte also echt lange herumschnüffeln und niemand wird es je bemerken!
„Ughhh!", stieß ich plötzlich hervor.
Mir kroch ein viel zu starker Duft in die Nase, der meine Augen zu brennen brachte.
„Gott, Scheiße! Das hab ich wohl vergessen!", sagte ich grantig, als ich den großen Fleck von Parfüm auf dem Teppich erblickte.
Ich rann schnell in das Badezimmer und holte 2 Klopapierrollen. Ich trocknete zu erst den Boden und lag Schichten von Papier unter den Teppich, bis die ganze Flüssigkeit absorbiert war. Danach entsorgte ich das kaputte Glas im Mistkübel und beseitigte sonstige Hinweise darauf, dass ich hier war. Ich stöhnte lauf auf und sank gegen das kleine Kästchen. Was für ein Chaos. Ich muss mich zukünftig m ehr konzentrieren. Doch wenigstens konnte ich nun zum Wesentlichen fortschreiten. Ich rappelte mich von dem jetzt sauberen Boden auf und öffnete auch die anderen Fenster in Mariekes Zimmer, sodass frische Luft hineingelangen konnte.
„So, jetzt muss ich aber endlich beginnen.", murmelte ich eifrig. Weder ihre Eltern, noch Marieke selbst waren im Haus und ich hatte noch ca. 2 Stunden und eine dreiviertel Stunde Zeit mich umzusehen.
Ich beschloss mit ihrem Kleiderschrank zu beginnen. Schwungvoll öffnete ich die zwei hölzernen Türen und mir fiel sofort ein rotes Kleid ins Auge. Ich strich sanft mit der Hand über den samtigen Stoff und zog es vorsichtig aus dem Kleiderschrank. Es war neu. Das letzte Mal war es noch nicht hier gewesen.
Das Kleid hing an zwei Plastikstreifen, die man wahrscheinlich beim Tragen, wo anders hinsteckte und war Schulterfrei. Es war sehr lang, doch bei Mariekes langen Beinen, würde es sicher gut aussehen. Die Ärmel gingen nicht ganz zu Ellbogenlänge, und auf der Rückseite des Kleides zierten ein paar zusammen gebundene Farben den Rücken. Das Kleid war so rot wie Blut, doch hatte auf fast jeder Stelle Kristalle, die im Licht verschiedenfarben glitzerten. Allein die Vorstellung Marieke in diesem Kleid zu sehen, ließ mich rot anlaufen. Doch wofür hatte sie sich ein solch edles Kleid besorgt? Sie wollte sich vor Kurzem noch umbringen...? Hmm. Ich steckte das Kleid wieder in den Kasten zurück und musste enttäuschender Weise feststellen, dass sie sich sonst nichts Anderes gekauft hatte.
Ich legte mich in Mariekes Bett und atmete tief ein.
Ich war so müde.
Ich hatte die letzte Nacht kaum, und wendern sehr ungemütlich geschlafen. Ich bin müde. Ich will schlafen. Das zarte Material von Mariekes Bettwäsche schmiegte sich an mich und ehe ich mich versah, war ich schon in ihrer Decke eingerollte. Wie schön. Ich war in dem Zimmer von dem Mädchen, welches ich liebte und schlief in ihrem Bett. Warum kann es nicht immer so sein? Wenn sie mich nur lieben würde.
Ich zog noch einmal kurz den Geruch von Mariekes Bettwäsche ein, wobei mich der starke Geruch des Parfüms ein bisschen irritierte und schloss meine Augen.
Sobald ich die Augen schloss fiel ich plötzlich in ein großes schwarzes Loch der Finsternis und begann rückartig zu strampeln. Ich versuchte alles, doch ich flog einfach unkontrolliert in dieses Loch, mit niemanden der mir helfen konnte. Ich fiel und fiel, doch aus irgendeinem Grund konnte ich nicht schreien.
Bumm.
Ein lautes Geräusch ertönte, als ich auf den Boden aufprallte. Aus der Finsternis fing sich an ein schöner, hellblauer Himmel heraus zu fressen und eine saftig grüne Wiese bildete sich unter mir. Ich lag auf einer riesigen Wiese und starrte in den Himmel.
Wo war ich hier?
Ich setzte mich auf und schaute mich um, als ich ein Mädchen in der Ferne erblickte. Sie kam auf der Wiese hergelaufen und steuerte wie es aussieht auf mich zu. Ich hob mir meine Hand über meine Augen, um dass Mädchen zu erkennen, da sie mir irgendwie bekannt vorkam. Nach einer Weile war das Mädchen endlich bei mir angekommen und hockte sich vor mich hin.
„Matthias", sagte das Mädchen mit Tränen in den Augen, „Matthias ich kann reden." Da machte es Klick bei mir.
Dieses Mädchen war Marieke.
Ich konnte sie vorher nicht erkennen, da sie so unfassbar anders ausgesehen hatte. Marieke aus meinem Traum legte ihre Hand auf meine Wangen und blickte mich seriös an. Ich begann ihren Namen zu stottern, doch sie legte mir ihre andere Hand auf die Lippen.
„Psst, nicht. Ich kann nun reden, Matthias. Hör mir zu.", sagte sie mit einer melodischen Stimme. Wow. Ihre Stimme war zwar ungewohnt, dennoch fühlte sie sich so bekannt an. Doch ich hatte Marieke noch nie in meinem Leben reden gehört? Vielleicht war dies einfach meine Vorstellung, wie sie reden würde? Wahrscheinlich.
Marieke nahm meinen Arm und half mir auf. Ohne dass ich viel Einspruch erheben konnte, lief sie mit mir zu einem Wald, der vorher noch nicht da gewesen war. Konnte dieser Traum noch komischer werden? Ich glaube kaum. Sie zog mich hinter sich her und wenn ich sie etwas fragte, blickte sie mich nur mit einem Lächeln an. Komisch. Es war alles so komisch. Ich fühlte mich nicht wirklich wohl in ihrer Nähe.
Was geschieht hier? Ihr Griff um mein Handgelenk wurde immer fester und ich verzog schmerzend das Gesicht. „Au! Marieke! Hör auf, du tust mir weh!", versuchte ich ihr weiß zu machen, doch wieder bekam ich nur ein komisches Lächeln als Antwort. Ich versuchte mich aus ihrem Griff zu entfernen, doch es war nahezu unmöglich. Sie stoppte abrupt.
Langsam drehte sie ihrem Kopf zu meinem und lächelte viel zu stark. Sie machte mir Angst. Ihr eines Auge zuckte leicht und sie verdrehte meine Hand, sodass ich vor Schmerz schon aufschreien. Ich sah sie mit entsetzen Gesichtsausdruck an und weitete meine Augen vor Angst. „Matthias", begann sie, „Du hast mich umgebracht." Noch bevor ich irgendetwas sagen konnte, verdunkelte sich der Wald plötzlich. Dunkle, dicke Wolken bildeten sich über dem Wald und alles verdüsterte sich um uns herum. Ich wendete mich kurz von Marieke ab.
Ich fuhr hoch. Schritte. Sie kamen immer näher. Ich lag noch immer in Mariekes Bett, eingehüllt in ihrer Decke. Scheiße. Ich hatte doch Schritte gehört? Ich schaute auf die Uhr: 15:35. Was?! Ihre Eltern sollten doch bis 17: 30 nicht daheim sein? Doch über das konnte ich jetzt nicht nachdenken. Ich musste hier unbedingt wegkommen. Ich schnellte auf und schlich schnell zum Fenster, aus dem ich mich herausstürzte. Sobald ich auch aus dem Fenster draußen war, konnte ich schon Fußschritte in Mariekes Zimmer hören.
Puh, nochmal Glück gehabt.
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Schrei, niemand wird dich hören
Mystery / ThrillerEin stummes Mädchen. Ein verrückter Liebhaber. Ein Stalker, der dir dein Leben zur Hölle macht. Marieke litt unter einem Stalker, der ihr Leben zerstörte. Sie versuchte tapfer zu kämpfen, bis sie aufgab. Doch sie bekam eine zweite Chance im Le...