Panik

1K 81 14
                                    

Reflexartig streckte ich meine Hände nach vorne und konnte gerade noch verhindern, dass Katy's Kopf auf den Boden knallte. Erst schaute ich auf Katy, die offenbar Ohmächtig war, dann schaute ich zu Ben, der mir zum ersten mal seitdem ich ihn kannte völlig ratlos vorkam und zuletzt fiel mein Blick auf ein Hellblaues Handtuch, welches hinter Katy in der Ecke lag. Alles in meinem Kopf drehte sich. Wieso hatte Katy so eine Panik vor einem Handtuch? Ich meine...ein Handtuch, ein harmloses Handtuch!

"Ben!?" er reagierte nicht, er starrte genauso ratlos auf das Handtuch, wie ich es eben noch getan hatte. "Was zum Teufel ist mit dem Handtuch?" ich sprach meine Gedanken laut aus ohne es überhaupt zu bemerken. Sanft lies ich Katys Kopf aus meinen Händen gleiten und krabbelte auf das Handtuch zu. Erst jetzt fiel mir auf, wie Wund meine Knie waren. Vorstichtig nahm ich das Handtuch in meine Hand, so als wäre es eine Mordwaffe und ich dürfte keine Spuren daran hinterlassen. Ich drehte es zweimal hin und her, aber ich konnte nichts auffälliges daran entedecken. "Keine Ahnung" murmelte ich vor mich hin und lies hoffnungslos das Handtuch fallen. Ich hatte tierische Kopfschmerzen.

"Okay erstmal zu Katy" murmelte ich weiter. Ich redete die ganze Zeit mit mir selbst, denn Ben hörte mir garnicht zu und das was ich sagte war sowieso nicht an ihn  gerichtet.

Zaghaft rüttelte ich Katy- keine Reaktion. Etwas fester - keine Reaktion. Ich schlug ihr auf die Wange - keine Reaktion. "Katy?!" brüllte ich, irgendwas machte mich furchtbar wütend. Wieder schlug ich sie, diesmal fester, sie rührte sich nicht, also schlug ich einfach weiter. Ich lies all meine Wut an ihr aus, irgendwie war ich ja auch furchtbar wütend auf sie, darauf wie sie sich verändert hatte. Ich wartete darauf, dass Ben mir sagt, dass ich aufhören soll, dass er versucht mich zu beruhigen, so wie er es sonst tat. Irgendwie war es auch das, was ich mit dem einschlagen auf Katy erreichen wollte. Doch Ben starrte weiter ins leere, also lies ich von Katy ab. Ihre Wangen waren Feuerrot geschlagen. "Ben?" fragte ich leise, ich glaube jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an dem ich ihn trösten musste und nicht er mich. Ich versuchte mich zusammen zu reißen und drehte den Spieß um. "Ben?" fragte ich nocheinmal und diesmal lauter. Ich setzte mich neben ihn auf die Bank, sein Blick war wie erstarrt, völlig leer. Die ganzen Emotionen, die sonst in ihm steckten waren wie weggeblasen. Schweigend saßen wir neben einander, bis Ben sich schließlich doch zu mir um drehte. Ich konnte ihm direkt in die Augen sehen und musste feststellen, wie sich immer wieder Tränen in ihnen bildeten, er aber versuchte sie zu unterdrücken. Ich konnte nicht anders, als ihn in den Arm zu nehmen und dann weinten wir beide und es fühlte sich gut an, befreiend. "Ich bin froh, dass es dich gibt" murmelte er und ich fühlte mich noch besser und irgendwie auch schlechter, weil ich mir doch eigentlich vorgenommen hatte, diesmal selbst die zu sein, die tröstende Worte aussprach. "Ich bin auch froh, dass es dich gibt." sagte ich in einen schluchtzer hinein, weil ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte und weil ich wirklich  froh war, dass es ihn gibt, sehr froh sogar. Seine Umarmung wurde fester und ich fühlte mich geborgen.

"Wir müssen Katy helfen." unsanft riss Ben mich in die Realität zurück. "Jaaa.." schnaufte ich und stand auf, fast hätte ich wieder vergessen, dass Ben ohne Hilfe gar nicht aufstehen konnte. 

Ich kniete mich also neben Katy, während Ben mir Anweisungen gab. "Spür ihren Puls" ich nahm ihr linkes Handgelenk und konnte ihren Puls spüren, erleichtert nickte ich. "Okay.." Ben überlegte. "Jetzt legst du sie stabil auf die Seite, damit sie weiterhin gut atmen kann."

Ich legte sie auf die Seite und überprüfte ob sie atmete. "Und jetzt?" ich schaute Ben fragend an. Auch sein Blick war ratlos und wieder schnaufte ich laut, langsam wurde ich schon wieder unendlich müde. 

Lilly's Sicht:

Ich wartete immer noch darauf, dass Vivien endlich zurückkam. Eigentlich wollte sie nur kurz Ben rüber in die andere Umkleide bringen, doch jetzt kam es mir vor, als wäre sie schon eine Ewigkeit verschwunden. Naja...vielleicht lag es daran, dass ich nichts anderes tun konnte, als in dieses unendliche Schwarz zu blicken. Ich wusste nicht einmal worüber ich nachdenken sollte. Irgendwie löste alles, an was ich dachte Panik in mir aus. Doch wenn ich versuchte an nichts zu denken, musste ich daran denken, dass ich vielleicht für immer Blind sein würde, was nur noch schlimmere Panik in mir aus löste. Und dann begann immer mein Bauch zu kribbeln, doch es war kein schönes kribbeln, wie etwa wenn man von dem höchsten Standpunkt einer Achterbahn in die tiefe fährt oder wenn die Person, in die man so unendlich verliebt ist, einen berührt. Nein, es war ein kribbeln, von dem mir total schlecht wurde und gleichzeitig löste es ein unkontrolliertes zittern in mir aus. 

Und jetzt ging es schon wieder los. Mein Bauch begann zu kribbeln, ich zitterte wie verrückt und ich dachte ich müsse jeden Moment brechen. Die Panik verdoppelte sich, als ich versuchte mich zu beruhigen, ich hatte das Gefühl jegliche Kontrolle über meinen Körper verloren zu haben, dann begann ich laut zu schreien.

Sport ist MordWo Geschichten leben. Entdecke jetzt