Angst

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Ich sah Katy. Sie schrie, obwohl sie doch eigentlich tot war. Sie blickte erschrocken und völlig aufgelöst durch die Gegend, sah die Leichen, die im Raum verteilt waren und sie mittendrin. Immer noch schreiend, versuchte sie verzweifelt die neben ihr liegenden Leichen wegzuschubsen, vergeblich.

Hektisch sprang sie auf und erst dann sah sie uns. Sie hörte auf zu schreien, stand vor uns und keiner sagte ein Wort. Zuerst schaute sie mich an, dann Vivien und bei Ben, der sich an Vivien stützen musste, blieb ihr Blick hängen. Sie schaute ihn an, öffnete ihren Mund, aber schloss ihn wieder, bevor sie etwas sagte. Sie ging noch einen Schritt näher auf ihn zu, betrachtete ihn von oben bis unten. Wir schwiegen, alle. Was sollten wir auch sagen? Sie war doch eigentlich tot! Wieso stand sie da, so lebendig? Wie konnte das sein? Lebte sie? Träumte ich vielleicht nur? Hatte ich meine Augen noch geschlossen? Ich versuchte meine Augen zu öffnen, aber es gelang mir nicht ,denn sie waren geöffnet, das hier war kein Traum, es war die Realität. Ich bemerkte wie schnell mein Herz klopfte, dachte ich würde jeden Moment nach hinten kippen, in Ohmacht fallen. Aber es geschah nichts, wie angewurzelt stand ich da. 

Dieser Moment der Stille, dauerte eine halbe Ewigkeit. Dann setzte sich Katy wieder in Bewegung. Sie wendete sich von Ben ab und wollte gehen, doch sie drehte sich wieder um.

"Wieso hast du das getan?" hasserfüllt Blickte sie ihn in seine Augen.

Ben sagte nichts, er war erschrocken, genau wie wir alle. Wir konnten einfach nicht verstehen, wieso Katy wieder lebte. 

"Wieso hast du das getan?" jetzt schrie Katy, ihre Augen waren mit Tränen gefüllt, sie versuchte aber, sie zurückzuhalten. 

"Was meinst du?" Bens Stimme war leise, so leise, dass ich ihn fast nicht verstanden hätte. Er zitterte und krallte sich förmlichst an Viviens Armen fest. 

"Aua!" schrie Vivien und rüttelte Ben ab, sodass er nach ein wenig hin und her schwanken auf den Boden fiel. 

"Du verdammtes Arschloch!" schrie Katy und jetzt konnte sie ihre Tränen nicht mehr aufhalten. 

Bens Blick war verzweifelt. 

"Ich hasse dich, ich hasse dich, ich hasse dich!" Katy machte kehrt und verlies mit volldampf die Sporthalle. 

Vivien, Ben und ich blickten uns fragend an. Uns allen gingen wahrscheinlich die selben Fragen durch den Kopf. Woher kam Katys plötzlicher Hass gegen Ben? Und wie zum Teufel, konnte sie wieder am Leben sein?

Vivien's Sicht:

Ich stand da, streichelte meinen Arm, an dem häftige Kratzer von Ben waren und war völlig verwirrt. Wieso war Katy am leben? Eben noch, war sie tot! 

Ich schaute zu Ben, der immer noch hilflos auf dem Boden lag.

"Guck nicht nur, hilf mir!" jammerte er. 

"Ja..aber zerkratz mir nicht wieder den Arm!"

Ich half ihm aufzustehen und gemeinsam gingen wir, wenn auch langsam und mühsam aus der Halle. Wir gingen in die Jungsumkleide, dort lagen jetzt auch keine Leichen mehr und dank Lilly war der Boden wieder Blitzeblank. Da Katy anscheinend nicht in der jungsumkleide war, bat ich Lilly in der Mädchenumkleide nachzuschauen. Während Lilly sich auf dem Weg machte, setzte ich Ben auf eine der Bänke und hockte mich daneben. Ich konnte einfach nicht still bleiben, ich war total aufgedreht. Wie war das möglich, wie konnte Katy eben noch tot sein und dann einfach wieder aufstehen? Und was mich auch wunderte, war warum sie sagte, dass sie Ben hasst und was  sie mit 'Wieso hast du mir das angetan' meine. Ich schaute zu Ben, er war ziemlich niedergeschlagen, er verstand das alles genauso wenig.

Aufeinmal ertönten wieder schreie. Ich lies Ben alleine und rannte aufgebracht in die Mädchenumkleide. Katy stand ganz hinten in der Ecke, sie zitterte heftig und nach ihrem Gesichtsausruck zu urteilen, hatte sie furchtaber Angst. Lilly stand vor ihr, es sah aus , als hätte sie Katy in die Ecke geträngt. Beide schrien. 

"Was ist loooooos?" schrie ich so laut ich konnte.

Sie zuckten zusammen. 

"Irgendwas stimmt mit ihr nicht!" sagte Lilly und zeigte auf Katy, als wollte sie sagen 'Ich hab nichts gemacht!. 

Ich zog Lilly von Katy weg, und Katy lächelte mir dankesagend zu. Sofort danach aber, war ihr blick wieder voller Angst. 

"Geh mal raus!" sagte ich zu Lilly und diese fasste das gelich wieder falsch auf. 

"Ich hab nichts getan!" beteuerte sie "Ich wollte sie nur in den Arm nehmen, ich bin froh, dass sie lebt!" 

"Ja, ich glaube es dir ja!" sagte ich leicht zornig und dann verlies Lilly den Raum. 

"Hey.." ich lächelte Katy zu. 

Vorsichtig lächelte sie zurück. Dann schwiegen wir. 

Ich wartete, bis Katy wieder etwas ruhiger wirkte, dann trat ich einen Schritt auf sie zu. Ängstlich drückte sie sich gegen die Wand und sofort machte ich wieder einen Schritt zurück.

"Ganz ruhig.." sagte ich. "Ich tu dir nichts!" 

Unglaubwürdig blickte sie mich an. Langsam lies sie sich an die Wand gedrückt auf den Boden sinken. Ich stand da, versuchte ruhig zu bleiben, hatte aber keine Ahnung, wie ich ihr helfen konnte. Ich war selbst noch total durcheinander, ich konnte mir nicht erklären, wieso sie lebte. 

"Was macht dir denn solche Angst?" fragte ich zärtlich. 

Fragend schaute sie mich an.  Ich seuftste. Was sollte ich nur tun? 

Ich stand also wieder schweigend da, während Katy begann, heftig an ihren Fingernägeln zu kauen. 

"Katy.." versuchte ich es nocheinmal. "Kann ich dir irgendwie helfen? Was ist denn los?" Ganz vorsichtig ging ich wieder einen Schritt näher auf sie zu, dass hätte ich lieber gelassen. 

Erschrocken sprang sie auf und rannte an mir vorbei. 

"Warte Katy!" schrie ich, aber da war sie schon aus der Mädchenumkleide gerannt. 

Ich folgte ihr, sie rannte in die Sporthalle. Doch als sie eintrat, erschrack sie wieder.

Ängstlich blickte sie unsere toten Klassenkameraden an. Ihr blick schweifte durch die Halle. Dann schaute sie zur Kletterwand, dort saß immer noch die tote Bonnie. Katy rannte auf sie zu. Völig geschockt schaute sie auf Bonnies Arm, der ein paar Meter weiter lag. Sie hob ihn in die höhe, schaute ihn an und verweilte so. 

"Katy..Katy was machst du da?" fragte ich verzweifelt. 

Katy zuckte zusammen und lies den Arm fassungslos fallen. Sie kam auf mich zu und haufenweise Tränen liefen ihre Wangen herunter. Dann blieb sie stehen, schaute mich an. Kurz überlegte sie, dann schloss sie mich in die Arme. Ich spürte, wie ihre Tränen, auf meine Schultern tropften. Ich war so ratlos, dass ich auch weinen musste. Ich konnte einfach nicht mehr, dass war alles zu viel für mich.

Sport ist MordWo Geschichten leben. Entdecke jetzt