Kapitel 35

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Nachdem Liv verschwunden war, starrte mich Mael erst mal sekundenlang an, unfähig ein Wort herauszubringen. Ich war ebenfalls zu geschockt, um irgendwas zu sagen. Damit hatte ich absolut nicht gerechnet. Das war... das war - einfach unglaublich. Verdammte scheiße.

Hastig zog ich mein Handy aus der Tasche.

Lass uns sofort hier raus!! tippte ich und drückte auf Senden. Ich meins ernst!! fügte ich nach kurzem Überlegen noch hinzu.

Mael schien nun seine Sprache wieder gefunden zu haben. "Was zum Teufel hat sie damit gemein Em?", fragte er und klang ziemlich sauer. "Was genau geht hier ab?", wollte er wissen, als ich ihm nicht sofort antwortete. Stattdessen starrte ich auf meinen Handybildschirm. Darauf blinkte ein neue Nachricht von Liv.

Niemals. Es liegt an dir, hier raus zukommen, sags ihm einfach ;)

"Was sollst du mir sagen?", fragte Mael, der wohl mitgelesen hatte.

"Ich kann nicht", brummte ich verzweifelt. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie ich aus dieser Situation wieder raus kommen sollte.

"Aber wenn es uns hier raus bringen kann, wirst du wohl müssen." Mael klang nun ein wenig angepisst.

"Nein, Sorry ich kann das grade nicht." Ich war kurz davor, einfach los zu heulen. Am liebsten hätte ich mich jetzt einfach in einer Ecke verkrochen, und mich selbst bemitleidet. Doof nur, dass das schlecht ging.

"So schlimm kanns doch wohl nicht sein", sagte Mael ziemlich unbeherrscht. "Du bist doch nicht etwas schwanger oder so. Oder?" Er klang nun etwas sanfter und ich musste bei der Überlegung tatsächlich los kichern.

"Hilfe nein, natürlich nicht."

"Gott sei dank." Er sah unendlich erleichtert aus. "Für einen Moment hatte ich das schon befürchtet." Langsam ließ er sich am Regal hinunter gleiten und setzte sich auf den Boden.

"Du kannst nicht zufällig Schlösser knacken?", fragte ich ihn wenig hoffnungsvoll.

"Mit viel Glück vielleicht, aber nur von der Seite, von der man auch tatsächlich abschließen kann." Mael sah mich an und deutete auf den Platz neben sich. "Sieht so aus, als würden wir hier erst mal fest stecken. Da können wir es uns auch gemütlich machen."

Ich ließ mich gegenüber von ihm nieder und musterte ihn vorsichtig.

"Du bist nicht sauer auf mich?", fragte ich schließlich ein wenig verblüfft.

"Ein bisschen schon", gab er zu, grinste mich aber dabei an. "Aber wie kann ich auf meine Kratzbürste schon lang sauer sein." Ich musste zurück grinsen, woraufhin er wieder ernst wurde. "Falls du aber gern schnell hier raus willst und es mir einfach sagst, hab ich auch absolut nichts dagegen. Ich kann mir zwar niemand besseren vorstellen, mit dem ich auf engstem Raum eingesperrt bin, aber ich ziehe dennoch die Freiheit vor."

Seine Worte machten mir ein noch schlechteres Gewissen. Er war so lieb zu mir und ich ließ uns einfach beide hier eingesperrt, obwohl ich es so leicht beenden konnte. Nun ja so leicht war es nicht, aber es war möglich. Es erforderte nur etwas Mut meinerseits. Ein einziges Mal, einfach über meinen Schatten springen und etwas riskieren.

"Äh danke", antwortete ich schließlich, auch wenn das absolut bescheuert klang.

"Nichts zu danken", lachte Mael und seine Augen funkelten mit dem schiefen Grinsen um die Wette, dass er mir zu warf. "Wir könnten uns die Zeit natürlich auch anders vertreiben."

Mein Herz begann schneller zu klopfen und ich wusste nicht genau, was ich jetzt tun sollte. Das würde mich dem Kern des Problems kein Stück näher bringen.

"Natürlich nur wenn du willst." Plötzlich sah Mael unsicher aus. "Wir müssen nicht. Die Sekunde, in der du sagst, es reicht, hören wir auf." Unsicher fuhr er sich mit der Hand durch die Haare und brachte die sorgsam gestylten Locken durcheinander.

"Das ist es nicht", begann ich langsam. "Es ist nur so." Ich stoppte. Würde ich das jetzt wirklich tun? Verdammt, ja. Es war besser so, und dann hätte ich es endlich hinter mir. "Also es ist so", begann ich wieder. "Dass ich dich am liebsten ständig küssen würde." Nervös lachte ich. Maels Augen waren aufmerksam auf mich gerichtet und ich konnte in seinem Gesicht keine Regung ausmachen, die auf seine Gefühle hindeutete. "Nicht nur auf die Art, wie wir es sonst tun, sondern irgendwie mit Bedeutung. Weißt du... " Ich holte tief Luft. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Ich hatte angefangen, also würde ich es auch durchziehen. "Ich hab mich irgendwie in dich verliebt. Ich hab das überhaupt nicht geplant. Mit einem Macho wie dir, wollte ich gar nichts zu tun haben, zumindest nicht in der Art. Doch in deiner Nähe fängt mein Herz an zu klopfen und wenn wir uns küssen, dann schmelze ich innerlich dahin. Ich kann das nicht einfach abstellen, auch wenn ich versucht habe und mir einreden wollte, dass das, was wir haben auch so gut ist. Doch damit war ich nicht so erfolgreich. Mael es tut mir echt Leid, wenn das jetzt alles kaputt macht. Das wollte ich niemals, deswegen wollte ich diese Gefühle ja gar nicht haben."

Mael regte sich nun doch. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck jedoch nicht wirklich einschätzen, also redete ich schnell weiter. "Also wenn du, äh naja wenn dir das jetzt zu viel wird ist das natürlich völlig okay. Ich komm drüber weg, ganz sicher", bemerkte ich, immer noch unfähig, Maels Gesichtsausdruck richtig zu deuten. Er hob vorsichtig die Hände, wie um mir zu bedeuten, dass ich runter kommen sollte. "Wirklich", beteuerte ich. "Das mit dem Paar spielen funktioniert vielleicht nicht mehr, aber ich will dich als Freund wirklich nicht verlieren. Ich -"

Weiter kam ich nicht. Mael legte seinen Finger auf meine Lippen und brachte mich so zum Schweigen.

"Jetzt halt doch mal die Klappe Emie", flüsterte er.

"Was?", fragte ich, völlig aus allen Wolken fallend. "Wieso das, hab ich was falsch gemacht äh." Ich war den Tränen nahe.

"Nein, nein", beruhigte er mich schnell. "Aber wenn du nicht aufhörst zu reden kann ich dich doch nie küssen."

Er beugte sich vor und legte seine Lippen zärtlich auf meine. Die ersten Sekunden war ich zu geschockt, um irgendetwas zu tun. Endlich realisierte mein Gehirn jedoch, dass er mich gerade küsste, und das obwohl - oder gerade weil - ich ihm gerade meine Gefühle gestanden hatte. Glücklich schlang ich meine Arme um seinen Hals und erwiderte den Kuss.

Atemlos machte Mael sich nach einer Weile von mir los und strahlte mich glücklich an.

"Ich dachte schon, wir kommen nie so weit", sagte er etwas atemlos.

"Du weißt schon, dass du auch was hättest sagen können", entgegnete ich und legte meinen Kopf auf seine Brust, während seine Arme mich fest umschlossen.

"Ich hatte Angst", entgegnete er. "Ich wusste ja nicht, obs dir auch so erging. Ich hab nie damit gerechnet, mich in dich zu verlieben. Das war echt nicht geplant, aber du hast mich echt mit voller Wucht erwischt, meine kleine Kratzbürste."

"Ich hatte doch auch Angst", flüsterte ich in sein T-Shirt hinein. "Deswegen hat Liv uns doch hier eingesperrt."

"Stimmt, dafür müssen wir uns noch eine Rache ausdenken." Ich konnte spüren, dass er grinste und musste ebenfalls lächeln. Ich war verdammt glücklich. Am liebsten wäre ich aufgestanden und hätte mich wild im Kreis gedreht und mein ganzes Glück in die Welt hinaus geschrien. Sich an Mael kuscheln tat es alternativ aber auch.

"Wir können sie ja noch ein bisschen zappeln lassen." Damit beugte ich mich vor und küsste Mael wieder.

"Sag mal, sind wir jetzt dann so richtig ein Paar?", unterbrach er den Kuss nach ein paar Sekunden und löste sich von mir.

"Ich denke schon", sagte ich schulterzuckend. "Ich bin nicht so gut in sowas."

"Ich auch nicht", gab er schmunzelnd zu. "Aber es kann ja nicht schaden, wenn ich dich ab sofort immer meine Freundin nennen kann. Nicht nur vor anderen."

"Genau", stimmte ich zu und beugte mich zu ihm - pardon, meinen Freund - vor und besiegelte das ganze mit einem Kuss.

Tadaaaah! Ich präsentiere Emelie und Mael, die es endlich gerafft haben ;) Ich hoffe euch hat das ganze genauso gefallen, wie ich Spaß beim Schreiben hatte! Demnächst kommt dann noch der Epilog und dann wars das...

An der Seite habe ich euch Ophelia von den Lumineers.

xx Sophia

If my life was a lovesong ||L.T.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt