„Nein! Geh einfach wieder, sonst kann ich für nichts garantieren."
„Sie ist nicht mehr sicher bei dir.
Vertrau mir, lass mich sie mitnehmen."
„Ich kann sie beschützen! Lass uns in Ruhe!"
Die zwei Erwachsenen streiten weiter, doch ich kann kaum noch etwas hören.
Ich verstehe nicht, worum es geht, und laufe einfach weiter.
Ohne auf den Weg zu achten, folge ich meinen Füßen, ich stürze, mein Handgelenk fällt direkt auf einen spitzen Stein.
Ich fange an zu weinen, doch keiner der beiden Erwachsenen bemerkt es.
Dafür bin ich schon zu weit weg.
Mein Handgelenk tut weh, und eine rote Flüssigkeit fließt meinen Arm entlang...Ich wache erschrocken auf.
Was war das für ein Traum?
War das...Ich?
Das kann nicht sein, in dem Traum konnte ich ja anscheinend nicht rennen.
War das etwa ich...Als kleines Kind?
Dieser Traum würde auf jeden Fall die winzige Narbe an meinem rechten Handgelenk erklären, aber das kann nicht sein.
Meine Mutter hat mir erzählt, das ich vor vielen Jahren auf einem Spielplatz hingefallen bin, und mein Arm einen Zaun gestreift hat.
Aber normalerweise träume ich nie.
Ich schließe meine Augen und versuche wieder einzuschlafen, doch dieser Traum lässt mich nicht in Ruhe.
Zu gerne hätte ich die Gesichter der beiden Erwachsenen gesehen.
Ist es komisch, dass ich langsam vor mir selbst Angst bekomme?
Das ist Blödsinn, wenn ich in einigen Stunden wieder aufwache, ist bestimmt alles wieder normal.
Der Traum ist einfach nur ein...Zufall gewesen.
Eine Ausnahme.
Wahrscheinlich ist das alles hier nur ein Traum, und wenn ich wieder aufwache, habe ich Geburtstag.
Ja, eine andere Lösung gibt es nicht.
Seufzend drehe ich mich um und schließe wieder meine Augen.
Erst kann ich nicht einschlafen, doch nach einer Weile schaffe ich es, mein momentanes Leben und die Angst, morgen in den Spiegel zu schauen und immer noch einen Blaustich in meinem linken Auge vorzufinden, zu vergessen.
Pünktlich um sieben Uhr klingelt mein Wecker und reißt mich somit aus meinem traumlosen Schlaf.
Ich stehe schlaftrunken auf und gehe dann direkt ins Bad, um mir kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen.
Erst als die Flüssigkeit mich wachrüttelt, erinnere ich mich wieder an den schrägen Traum.
Und auch daran, dass mein nächster Blick in den Spiegel mich entweder vollkommen erleichtern, oder noch mehr verschrecken könnte.
Ganz langsam hebe ich meinen Kopf, meine Augen lasse ich dabei erst einmal geschlossen.
Gerade als ich sie öffnen will, wird die Tür aufgerissen und ich blicke ruckartig dort hin.
„Oh! Morgen, Lia. Tut mir leid, ich habe nichts gehört, da dachte ich, das Bad sei frei. Ich habe sogar geklopft, aber du hast mich anscheinend nicht gehört.", erklärt mein Vater.
Ich schüttle den Kopf.
Mein Vater schließt wieder die Tür, und ohne es zu wollen, schaue ich in den Spiegel.
Das erste was ich denke ist: scheiße.
Das zweite: Warum ich?
Der Blaustich in meinem linken Auge ist noch da, und langsam wird mir klar, dass er nicht verschwinden wird.
Verzweifelt fahre ich mir durch meine Haare, auf der Suche nach einer weiteren Änderung meines Äußeren.
Doch die feuerrote Farbe ist die selbe wie immer.
Auch als ich mein ganzes Gesicht abtaste, kann ich keine weiteren Änderungen finden.
Seufzend putze ich mir meine Zähne und versuche dabei grob, die Knoten aus meinen Haaren zu kämen.
Sobald ich damit fertig bin, eile ich zurück in mein Zimmer, um mich umzuziehen.
Ohne groß nachzudenken, greife ich mir einen meiner tausenden weiten Pullis und eine lockere leicht zerrissene Hose.
Ich besitze keine einzige enge Hose, und auch enge Oberteile
sind in meinem Kleiderschrank kaum zu finden.
Als ich in den großen Spiegel in meinem Zimmer schaue, fällt mir wieder auf, wie langweilig ich aussehe.
Mein wie immer schwarzer Nagellack ist mal wieder abgeblättert, ein Haufen Armbänder schmücken mein rechtes Handgelenk, während auf dem linken nur meine schwarze Uhr einen Platz hat, und meine Haare sehen wie immer einfach nur unordentlich aus.
Ich sehe aus wie immer.
Eigentlich würde ich gerne eins dieser Mädchen sein, die immer elegant aussehen, sich für ihr Aussehen interessieren und viele Freunde haben.
Aber ich bin so ziemlich das Gegenteil.
Ich sehe immer gammelig aus, kümmere mich gar nicht um mein Aussehen und bin viel zu schüchtern.
Außerdem ist meine Lieblingsfarbe schwarz, und ich kleide mich auch dementsprechend.
Plötzlich fällt mir ein, dass ich Hazel versprochen habe, mit jemandem zu reden, sollte heute immer noch etwas komisch sein.
Und es ist etwas komisch geblieben, auch wenn ich mir das Gegenteil wünsche.
Ich besitze immer noch zwei verschiedene Augenfarben.
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Augenfarbe
Fantasy„Also...Glaubst du wirklich, dass etwas mit dir nicht in Ordnung ist?", fragt sie zaghaft. „Ja. Das tue ich." Manchmal gibt es Momente, in denen sich ganze Leben auf den Kopf stellen. Genau so einen Moment erfährt Lia am eigenen Leib, als ihr sechze...