Kapitel 16

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Schon eine halbe Stunde ist vergangen, seit Nyra aus dem Raum gestürmt ist.
Ich versuche die ganze Zeit, mir Maddisons und Artons lächelnde Gesichter einzuprägen.
Es tut gut zu sehen, dass diese Reise auch etwas positives bewirkt hat.
Denn ich gönne es Maddison von ganzem Herzen, dass sie ihren Vater wiedergefunden hat, und sich noch dazu so gut mit ihm versteht.
Vielleicht wurde der Riss in ihrem Herzen, welcher durch Amys Tod verursacht wurde, gerade ein bisschen verschlossen.
Ich habe keine Ahnung, was ich machen soll, weshalb ich einfach nur durch den Raum laufe und zuhöre, wie Vater und Tochter sich auf den neusten Stand der Dinge bringen.
Maddison erzählt ihm eine Menge, und dadurch erfahre auch ich eine Menge über sie.
Am liebsten würde ich rausgehen und schauen, was mit den anderen ist, doch die Gefahr, dass sich vor dem Schloss einige Ritter versammelt haben, ist zu groß.
Ein einziger gut gezielter Zauber und ich bin tot.
„Lia!", ertönt auf einmal eine mir bekannte Stimme..
Ich drehe mich ruckartig um und erblicke an der Tür eine vollkommen erschöpfte Hailey.
Ich renne zu ihr hin und halte sie fest, damit sie nicht umkippt.
„Was ist passiert?", frage ich sie panisch.
„Du musst...Den anderen...Helfen!", schnauft sie.
Ohne auf Maddisons Rufe zu achten, renne ich los und öffne die Tür nach draußen.
Eisig kalte Luft schlägt mir entgegen.
Im Schloss ist es um einiges wärmer.
Tatsächlich nehme ich entfernte Rufe war, und stelle fest, dass jene vom linken Steg aus kommen.
Ich renne darauf zu und kämpfe mich gegen den Wind den Steg hoch.
Bald schon erkenne ich, wie irgendwer versucht, zwei Leute aus dem Sand zu ziehen, während jemand sie mit Feuer angreift.
Ich sprinte los und benutze noch im Gehen meine Feuermagie, um den Angreifer abzulenken und seine Kräfte verschwinden zu lassen.
Im Näherkommen erkenne ich, wie Edmon mühsam versucht, May und Eric zu retten, die gerade im Sand versinken.
Er kann sie nicht loslassen und den Angreifer mit seiner Feuermagie still stellen, weil er dafür Eric und May loslassen müsste, weshalb Hailey wahrscheinlich mich geholt hat.
Die anderen sind nicht zu sehen.
Ich schaffe es, den Angreifer mit einer Wasserwand bewusstlos zu schlage und eile dann direkt zu Edmon, um ihm May abzunehmen.
Mit aller Kraft zerre ich an ihr und schaffe es schließlich, sie aus dem Sand zu ziehen.
Sie liegt keuchend auf dem Boden, und ich greife einen von Erics Armen.
Gemeinsam mit dem stöhnenden Edmon bringe ich schließlich auch ihn in Sicherheit.
Sowohl Eric als auch Edmon legen sich vollkommen erschöpft und erleichtert auf den Boden.
„Der Ring?", fragt Edmon außer Atem.
„Alles ist gut.", beruhige ich ihn.
Er nickt und schließt dann kurz die Augen.
May erholt sich als erstes und steht mühsam auf.
Ich halte sie fest, damit sie nicht umkippt, und reibe ihr über die Arme, weil sie sich viel zu kalt anfühlt.
Als nächstes reiche ich Eric die Hand, und schließlich auch Edmon.
„Seid ihr verletzt?", frage ich.
Alle schütteln den Kopf.
Der Angreifer hatte mit seinen grünen Augen zum Glück nichts anrichten können, weil Edmon im Weg stand.
„Wo sind die anderen?", ist meine nächste Frage.
„Wir drei wollten euch nach, haben aber anscheinend den falschen Steg genommen.
Die anderen versuchen, die Angreifer abzuhalten.", erzählt Eric.
Ich reiße erschrocken meine Augen auf.
Wie sollen Tyler, Megan, Felis, Shane, Farian und Etalon denn alleine die Angreifer abhalten?
Ohne ein Wort renne ich los, die Rufe der anderen ignorierend.
Ich achte nicht auf den Weg, und plötzlich schmeißt sich jemand von hinten auf mich, dreht uns in der Luft um und sorgt dafür, dass ich auf einer harten Brust lande, anstatt mir meine beiden Knie zu zerstören.
Ich blicke entgeistert in Edmons aufgerissene Augen.
Drei Sekunden lang verliere ich mich in ihnen, dann stoße ich ihn von mir runter und rappele mich auf.
Erst dann weiche ich mit einem Schrei zurück.
Genau vor mir klafft ein riesiges Loch im Steg, welches ich beim Rennen nicht gesehen habe, weil mein Blick die ganze Zeit nur nach vorne gerichtet war.
Hätte Edmon mich nicht aufgehalten, würde ich jetzt genauso im Sand versinken, wie Eric und May vorhin.
„Oh mein Gott.", keuche ich.
Dann blicke ich verzweifelt in Edmons Augen.
„Danke.", flüstere ich.
Er steht auf und nickt mir schluckend zu.
Mir fallen die anderen wieder ein, weshalb ich ein paar Meter zurücklaufe, Anlauf nehme und über das Loch springe.
Ich höre, wie Edmon es mir nachmacht.
Sofort renne ich weiter, immer den Steg entlang.
Es dauert nicht lange, bis ich die anderen höre.
Wie erwartet ertönt immer wieder das Knallen, wenn zwei gleiche Kräfte aufeinandertreffen, oder ein Schrei, wenn jemand erwischt wurde.
Ich erklimme noch eine Düne, dann kann ich etwas erkennen.
Was ich sehe, verschlägt mir die Sprache.
Etalon steht mit ausgestreckten Armen vor den Rittern und wirbelt immer mehr Sand auf.
Seine grauen Augen ermöglichen ihm, eine Ladung nach der anderen auf die Ritter zu feuern.
Offenbar ist der Sand hier verhext, sonst wären Eric und May nicht so darin versunken, weshalb ich nicht weiß, wie viel Kraft ihn das gerade kostet.
Vor allem wenn man bedenkt, wie lange er das schon macht.
Anscheinend ist er wirklich um einiges mächtiger, als ich es vermutet hatte.
Die Ritter können sich kaum wehren, den Sand bekommt jeder ab.
Einige mit Luftmagie versuchen, den Sand in eine andere Richtung zu lenken, doch Etalons Zauber ist zu mächtig.
Als dann auch noch Edmon und ich hinzukommen und Feuerbälle in unseren Händen bilden, ist klar, wer gewonnen hat.
Dann erst blicke ich mich um, auf der Suche nach den anderen.
Shane und Farian helfen Edmon und mir, und Megan kniet vor Felis und heilt eine Wunde.
Ich will schon erleichtert aufatmen, als mir noch jemand einfällt.
Wo ist Tyler?
Mein Blick wandert wild umher, auf der Suche nach ihm.
Und dann sehe ich ihn.
Dieser Moment ist auch der, indem ich aufschreie und losrenne.
Er liegt etwas abseits des eigentlichen Kampfes am Boden, als hätte jemand ihn weggeschoben, weil er im Weg lag.
Sobald ich bei ihm bin, hebe ich seinen Kopf an.
Seine Augen sind geschlossen, seine weiche Haut zerschrammt, und seine Haare vollkommen durcheinander.
„Tyler!", keuche ich.
Er antwortet nicht.
Ich lege eine Hand auf sein Herz, doch diese ist so zitterig, dass ich sie nicht still halten kann, um irgendetwas zu fühlen.
„Hilfe! Megan, schnell!", brülle ich.
Megans Kopf dreht sich ruckartig in meine Richtung, und als sie Tyler erblickt, reißt sie die Augen auf.
„Tyler!", ruft jemand auf einmal panisch.
Ich hebe meinen Kopf und sehe Eric, der auf uns zustürmt.
May ist hinter ihm.
„Nein! Nein, Tyler! Nicht jetzt!", fleht Eric, während ihm Tränen die Wangen runterlaufen.
Megan schiebt mich zur Seite und legte direkt ihre Hände auf seine Brust.
Sie schließt ihre Augen und runzelt konzentriert ihre Stirn.
Tylers Brust schimmert rot, dort, wo sie ihn berührt.
Ich weiß nicht, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist.
„Ich brauche May!", fordert sie.
Ich atme immer schneller.
Zwei Heilerinnen an einer Wunde bedeuten, dass jene tödlich ist.
Anderseits müsste es auch heißen, dass er noch am Leben ist.
Heilerinnen können nur Wunden heilen, keine Toten wiederbeleben.
Ich rücke noch ein bisschen weiter nach rechts, um May Platz zu machen.
Auch sie legt ihre Hände auf Tylers Brust und lässt die Magie durch ihre Finger fließen.
Erics Blick ist pure Panik, und auch ich werde mit jeder Sekunde nervöser.
Nach drei Minuten schlägt Tyler seine Augen auf.
Die Erleichterung, die über mich einfällt, ist enorm.
Eric drückt seinen Bruder an sich
und lässt seinen Tränen freien Lauf.
Wer kann es ihm schon verübeln?
Auch meine Wangen sind nass, genauso wie Mays.
Es dauert eine Weile, bis wir uns alle beruhigt haben.
Mittlerweile hat Etalon auch den letzten Ritter umgebracht und bricht vor Erschöpfung zusammen.
Auch das kann ich ihm nicht verübeln.
Ich hechte zu ihm hin und drücke ihm meine Wasserflasche in die Hände, welche er direkt leert.
Die nächste Zeit lang ist alles still.
Hailey und Maddison sind auch noch dazu gekommen, und Tyler kann mittlerweile wieder stehen.
„Ist noch jemand verletzt?", fragt Megan.
Maddison lässt sich noch die Bisswunde an ihrer Schulter heilen, die sie von der Wasserschlange abbekommen hat.
„Nehme den linken, sonst könntest du verschwinden. So hieß es in der Prophezeiung. Maddison und Lia, ihr hattet unfassbares Glück.
Was hätten wir gemacht, hättet ihr den rechten Steg gewählt und währt im Sand versunken?
So etwas dürft ihr nicht nochmal machen, klar?", schimpft Etalon.
Wir nicken betreten.
„Aber eine gute Sache hatte es.", meine ich.
Alle schauen zu mir.
„Maddison hat Arton überredet. Der Luftring gehört uns."

Sooo das war Kapitel 16 :)
Wird es noch mehr tödliche Verletzungen geben?
Wen mögt ihr am liebsten?
Voten und Rückmeldung bitte nicht vergessen!
Ich wünsche euch noch einen schönen Abend :)
Das Kapitel widme ich Florachristine weil sie es einfach verdient hat😊❤️

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