80. Raven Cooper

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Ein letztes Mal, mit geschlossenen Augen, tief durchatmen. Ein letztes Mal meine verwirrten Gedanken ordnen. Ein letztes Mal Klarheit über meine Gefühle erlangen. Ich trete vor. Drehe Crowley meinen Rücken zu und überschreite rückwärts und ohne zu Zögern die imaginäre Linie zwischen der Seite meines Vaters und der von McCall. Ich habe mich entschieden und zur selben Zeit habe ich auch die Entscheidung meines Vaters getroffen. Ich werde ein Teil seiner psychopathischen Sekte, während McCall der Alpha bleibt, der er schon immer war.

„Raven!"

McCall spricht mein Namen voller Ehrfurcht aus. Zu mindestens bilde ich mir das ein. Er schüttelt langsam den Kopf und möchte einen Schritt nach vorne treten. Ich jedoch reagiere blitzschnell und ziehe die Pistole in meinem hinteren Hosenbund. Ohne sie zu entsichern richte ich sie auf dem Alpha, der sofort seine geöffneten Hände untergeben vor seinen Körper hält und in seiner Bewegung verharrt. Ich kann Crowley's stolzes Lächeln in meinem Rücken spüren, ignoriere es jedoch.

„Warum tust du das?"

Ich kann mich nicht daran zurück erinnern, ob er mir diese Frage heute schon einmal gestellt hat. Aber ich kann mich daran erinnern, dass ich zu mindestens schon einmal mit „Weil ich zu ihm gehöre" geantwortet habe. So auch jetzt. McCall zeigt äußerlich keine emotionale Veränderung und ich bin noch immer nicht in der Lage meinen Gehör- oder Geruchsinn so zu fokussieren, dass ich die innerliche Veränderung seiner Gefühle bemerke. Zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich mich wie ein einfacher Mensch. Ein Mensch ohne übernatürliche Werwolfkräfte. Ein Mensch, der auf die Waffe in seiner Hand setzt und auf die rationalen Gedanken in seinem Kopf, anstatt auf übersinnliche Fähigkeiten und der kindischen Alles-Wird-Gut-Hoffnung.

Noch nie in meinem Leben habe ich meine eigenen Grundsätze so gelebt, wie in diesem Moment.

„Raven nimm die Waffe runter. Wir können dir helfen," redet McCall jetzt bittend auf mich ein und reist mich somit aus meinen eigenen Gedanken, die noch immer um meine, nicht zu aktiveren bekommenden, übernatürlichen Fähgikeiten schweben. Ich blinzele einige Male, bis sich mein Blickfeld erneut fokussiert und ich den Alpha vor mir mit jedem Detail wahrnehme. Allen voran seinen eindringlichen Blick, mit dem er mich scheinbar hynotiseren möchte. Ich erinnere mich an unsere etlichen Gespräche - die meisten so viel tiefsinniger als eigentlich gewollt. Ich frage mich, ob es überhaupt was bringt, ihn anzulügen. Jedoch ist es in dieser Sekunde die einzige Methode die mir einfällt, um ihn von mir wegzustoßen...ihn von seiner eigenen Dummheit zu bewahren.

„Ach McCall," ich schüttele gespielt enttäuscht den Kopf, lege zur selben Zeit jedoch auch möglichst viel Belustigung in meine Stimme, „Dachtest du wirklich, ich, Raven Hale, würde deinem mittelmäßigen Rudel beitreten?" Für Sekunden wirkt McCall's Zuversicht erschüttert und verwirrt über meine harten Worte zieht er die Augenbrauen leicht zusammen. „Über was redest du da?" der Alpha richtet seinen verwirrten Blick mit zunehmender Wut auf meinen Vater, „Was hat er gegen dich in der Hand?" „Nichts," ich zucke leicht mit den Schultern und reise somit auch wieder die Aufmerksamkeit von ihm zurück auf mich, „Er braucht gar nichts gegen mich in der Hand zu haben, damit ich dich und dein erbärmliches Rudel verrate!"

McCall möchte einen Schritt nach vorne treten und seine Hände, die er noch immer erhoben hat, auf meinen Arm senken. Er scheint mit dieser besänftigenden Geste erreichen zu wollen, dass ich meine Worte für eine Lüge erkläre. Für einen schlechten Scherz und dass ich ihm danach hoch und heilig schwöre, noch immer ein Teil seines Rudels zu sein. Doch anstatt seine familiäre Geste zu zulassen, entsichere ich mit einem emotionslosen Blick meine Handfeuerwaffe und lasse den Lauf dabei weiterhin auf den Alpha gerichtet. Er verharrt in der Bewegung und ich kann seinen ungläubigen Blick sehen. Langsam scheint er zu verstehen, dass ich meine Worte ernst meine. Zu mindestens äußerlich.

Ich hasse mich dafür.

„Ich bin schon seit dem ich wieder zurück in Beacon Hills bin auf Crowley's Seite," fange ich jetzt an die Situation mit ausgedachten Details zu erklären und McCall somit dazu zu überzeugen kampflos von hier abzuhauen und mich meinem, bereits besiegelten, Schicksal zu überlassen. „Du hasst ihn," wendet Scott jetzt jedoch mit einer trotzenden Überzeugung ein und ich kann ihm ansehen, dass er die Lüge hinter meinen Worten nicht direkt durchschaut, sie jedoch einfach nicht Glauben möchte. Wahrscheinlich hält er an den guten Seiten meines Charakters fest. An die Seite, die mit ansehen musste wie Rose stirbt. Die Seite an mir, die zusehen musste wie Ryan langsam seine erste große Liebe - das Monster dahinter - vergisst und die Seite, die genau weiß wie es sich anfühlt, eines Morgens ohne Mutter aufzuwachen. Doch diese Seite werfe ich hiermit in die Flammen der Vergangenheit. Ich atme tief durch, ohne den kühlen Blick von McCall zu nehmen. Dann erwidere ich ohne zu Zögern: „Aber dich und dein Rudel hasse ich mehr!"

Stille.

Die Spannung im Raum ist greifbar und ich kann Crowley hinter mir amüsiert auflachen hören. Ihm scheint die improvisierte Live Show prächtig zu gefallen. McCall jedoch scheint ernsthaft verletzt. Er taumelt wenige Schritte zurück. Seine Augen wirken von einer Sekunde auf die andere verändert. Jedoch kann ich nicht sofort den Grund dafür ausmachen. Vielleicht ist gerade die letzte Hoffnung in seinen Augen erloschen und das trotz seines Status als wahrer Alpha. Vielleicht liegt es aber auch einfach an dem leichten, wässrigen Schimmer und den Mundwinkel die sich trotz der leichten Öffnung nach unten senken. Meine Worte scheinen ihn tatsächlich hart getroffen zu haben.

Ich starre McCall mit einer aufgesetzten Desinteresse an, der den Blick zwar erwiedert, jedoch nicht anwesend wirkt. Er scheint durch mich hindurchzustarren, während er scheinbar noch immer versucht mit meinen harten Worten klar zu kommen. Eine eiskalte Hand legt sich um mein Herz und drückt es schmerzvoll zusammen. Meine Brust wird wie von eisernen Fesseln umschlungen und für Sekunden habe ich das Gefühl, nicht länger atmen zu können. Ich schnappe scharf nach Luft. Keine Ahnung was gerade mit mir passiert. Keine Ahnung, welches Gefühl gerade die Kontrolle über mich ergreift. Aber es schafft es, meine Hände langsam sinken zulassen, sodass auch der Lauf der Waffe nicht länger auf McCalls Brust gerichtet ist.

„Warum Raven? Warum das alles?" fragt McCall jetzt mit einer verwirrten Frage, während sich seine gerade noch geistesabwesend in der Luft umherrstarrenden Augen klaren und er micht mit einem, nach Antwort verlangenden, Blick anschaut. Ich blinzelne ein paar Mal schnell hinter einander mit meinen Augenlieder, ohne den Blick von McCall zu nehmen. Ich wage es noch nicht einmal, über seine Schulter hiweg zu dem anwesenden Teil seines Rudels zu schauen, aus Angst ihre Enttäuschung, ihre Wut, vielleicht sogar ihre Trauer, zu erkennen. Allen voran bei Mason und Liam, die mir in den letzten Wochen sehr ans Herz gewachsen sind und auch den Blick von Isaac würde ich wahrscheinlich nicht ein weiteres Mal ertragen.

In dieser Sekunde stelle ich fest, dass es um einiges einfacher gewesen wäre, wenn McCall mit dem weiblichen Teil seines Rudels hier aufgetaucht wäre. Besonders die wütenden, mörderischen Blicke von Hayden und Malia hätten mir die ganze Verachtung geschenkt, die ich gebraucht hätte um überzeugend ehrlich zu klingen. So jedoch vermeide ich jeden Blick um mich herum, während ich um die nächsten Wörte meiner Geschichte ringe.

Warum Raven? Warum das Alles?

Ich weiß es nicht.


Noch zwei weitere Kapitel 🙊 wer ist gespannt auf das Ende?
Lg CoolerBenutzername

Platinum Blonde [Teen Wolf FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt