77. Raven Cooper #theresadecisiontomake

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Mit festen Schritten betrete ich die verlassene Bank und werde im Inneren bereits von meinem Vater erwartet. Er steht selbstbewusst in der Mitte des Raumes und schenkt mir schon beim Eintreten ein breites Lächeln. Er trägt - wie ich - eine schwarze Lederjacke und eine schwarze Hose. Seine dunkelbraunen Haare sind eine Mischung aus gestylt und unordentlich zerzaust. Um das Bild des Bösewichtes zu vervollständigen, fehlt nur noch eine brennende Zigarette zwischen seinen Lippen und je nach Situation eine weiße Perserkatze. Ich schenke meinem Vater einen kurzen Blick, bevor ich wenige Meter von ihm entfernt stehen bleibe und mir die schwarze Kapuze von den Haaren streife. Ein kurzes Kopfschütteln reicht aus, um meine platinblonden Haare wieder auf eine natürliche Art und Weise fallen zu lassen.

„Raven,"  begrüßt mich mein Vater jetzt mit einem fröhlichen Ton und macht eine einladene Bewegung, die vielleicht sogar zu einer Umarmung übergehen soll. Jedoch bewegt sich keiner von uns beiden von der Stelle und während ich den zufriedenen Blick meines Vaters auf mir spüre, lasse ich meine Augen schnell über die Umgebung schweifen, um die Situation vollständig einschätzen zu können.

Wie erwartet ist Crowley nicht alleine gekommen. Ein dutzend Männer scheinen sich im ganzen Gebäude verteilt zu haben. Die genaue Anzahl, mithilfe der mehrfachen Herzschlägen, auszumachen erscheint selbst für meine Werwolfgene vorerst unmöglich. Jedoch unterschätze ich die Anzahl nicht. Selbst jetzt, wo ich nur gute fünf Leute sehen kann, die sich alle kampfbereit hinter meinem Vater positioniert haben. Somit stehen sie nur wenige Meter vor den drei schwarzen Range Rovers, die nur so nach FBI schreien. Ich atme tief durch und richte meinen Blick zurück auf meinen Vater. Doch bevor ich auf seine Begrüßung antworte, fällt mir auf, dass weder Ryan noch Rose, die neuen Phantome meines Vaters, irgendwo zu sehen sind. Ich möchte erleichtert ausatmen. Doch dann fällt mir wieder ein, dass Crowley sie auch gestern nicht sofort neben sich stehen hatte. Dort hatte er sie mithilfe eines ziemlich unerklärlichen Zaubertricks heraufbeschworen.

Ich richte meine Konzentration zurück auf das Geschehen direkt vor mir.

„Sparen wir uns das höfliche Gerede und kommen wir zum Punkt," sage ich jetzt bestimmend und werfe meinem Vater einen genervten Blick zu. Daraufhin zieht dieser die Augenbrauen leicht nach oben, nickt jedoch lediglich. Das sehe ich als direktes Zeichen zum Weitersprechen. „Also ich habe mich dazu entschieden, mich dir anzuschließen," ich beobachte Crowleys Reaktion, die aus einem zufriedenen Grinsen und einer Welle Selbstbewusstsein besteht, erst dann spreche ich weiter, „Aber nur unter einer Bedingung!" Das Lächeln auf dem Gesicht meines Vaters wird nicht wie erwartet kleiner. Stattdessen liegt in ihm plötzlich ein spöttischer Ton. „Und die wäre?!" Ich kann heraushören, dass er der Meinung ist, dass ich momentan nicht gerade in der Position bin um Forderungen zu stellen - was ich wahrscheinlich auch nicht bin. Aber ich wäre nunmal nicht Raven, wenn ich es nicht vielleicht auch genau deshalb tun würde.

„Wenn ich mit dir mitgehe...,"

Das Klingeln meines Handys unterbricht mich mitten im Satz und genervt höre ich auf zu Sprechen. Kein gutes Timing. Ich ziehe mein vibrierendes Handy aus der Jackentasche und sehe auf dem Bildschirm den Namen Scott McCall - er hatte sich vor wenigen Tagen selbst eingespeichert - und atme tief durch. Die letzte Person mit der ich im Moment sprechen möchte. Ohne meinen Blick von dem leuchtenden Display zu nehmen, möchte ich den Anruf ohne zu Zögern ablehnen. Doch bevor sich mein Finger auf den roten Hörer legen kann, lässt mich die bestimmende Stimme meines Vaters inne halte: „Gehe ruhig ran. Wir haben Zeit!" Verwundert richte ich meinen Blick zurück auf ihn und sehe noch die letzten Sekunden seiner demonstrativen Bewegung, die mich scheinbar dazu ermutigen soll, den Anruf doch anzunehmen. Ich starre Crowley für wenige Sekunden misstrauisch an, bevor ich seinen Worten folge und den Anruf entgegen nehme. Auch wenn das jeder Faser meines Körpers wiedersetzt.

„Raven. Gott sei Dank. Wie geht es dir? Wo bist du? Was zur Hölle hast du dir dabei gedacht?"

Ich bin nicht annähernd über den Redeschwall von McCall überrascht, doch sehr wohl über sein Fluchen, das mir beweist, dass er sich mehr als nur Sorgen um mich gemacht hat. Somit weiß er also, das mein Verhalten einer Selbstmordaktion gleicht. „Beruhigt dich McCall," sage ich jetzt mit einer gespielt genervten Stimme und lasse meinen Blick auf Crowley liegen, der seinen Kopf leicht schrägt gleget hat, als könnte er somit nicht nur meine Stimme, sondern auch die des Alphas besser hören - was unmöglich ist. Denn mein Vater hat keine übernatürlichen Gene, die ihm ein besseren Gehörsinn verleihen. Somit ist es eine Sache der Unmöglichkeit, dass er die aufgebrachten Worte von McCall hören kann. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass er genau weiß, in welche Richtung sich dieses Gespräch entwickelt.

„Beruhigen?! Beruhigen?!" höre ich jetzt eine aufgebrachte Stimme im Hintergrund, die so sarkastisch klingt wie nur die von Stiles Stilinski. Scheinbar ruft McCall nicht alleine an, was die Sache noch schwerer macht. Ich atme tief durch, bevor ich mit einer herablassende Stimme sage:„Sage Stilinski er soll mal kurz den Rand halten. Ich möchte mit dir alleine reden!" Kurzes Zögern am anderen Ende der Leitung, bevor ich hören kann, wie McCall seinem besten Freund freundlich mitteilt, kurz den Mund zu halten. Kurze Diskussion. Dann Schweigen. Dann McCalls Stimme: „Wo bist du?"

„Uninteressant"

Ich richte meinen Blick konzentriert zurück auf Crowley, der ein herablassendes Lächeln auf den Lippen hat. Diese Art von Lächeln, die ich zwar von mir selbst in und auswendig kenne, ihren Ursprung jedoch nicht einzuordnen vermag. Wieder höre ich McCalls drägende Stimme in meinem Ohr: „Raven wir können dich da gemeinsam rausholen. Du musst uns nur sagen wo zur Hölle du bist!" Ein kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als ich McCall erneut fluchen höre. Doch dieses Lächeln erstirbt recht schnell, als mir die Beobachtung durch meinen Vater wieder einfällt. Ich streiche mir selbstbewusst eine Haarsträhne aus dem blassen Gesicht und sage mit fest Stimme an McCall gewandt: „Schließe die Augen McCall!" „Was?" fragt er daraufhin sofort verwundert und hörbar irritiert nach.

„Schließe," ich weiß nicht, wie ich ihm mein Vorhaben erklären soll, „...schließe einfach die Augen!" Ich klinge gereizter als eigentlich gewollt und an dem Blick meines Vaters, kann ich einen Hauch Zufriedenheit erkennen. Wie es scheint bemerkt er gerade, das ich noch immer eine tickende Zeitbombe sein kann - auch ohne das Mal. Ich atme tief durch und entballe meine verkrampfte Faust, während sich die Finger der anderen Hand weiterhin fest um das Handy klammern.

Am anderen Ende der Leitung höre ich ein tiefes Seufzen, bevor ich fast schon hören kann wie McCall nachgebend seine Augenlieder schließt. Erleichtert atme ich aus, während sich der Griff um mein Handy leicht lockert. Kurzes Schweigen in der Leitung, bevor ich McCall leise 'Und jetzt' flüstern höre. „Lass dein Leben an dir vorbeiziehen. Wen siehst du?" Meine Frage ist simple. Jedoch um einiges schwerer zu beantworten. Ich gebe McCall wenige Sekunden Zeit eine ehrliche Antwort zu finden, während ich den forschenden Blick meines Vaters geschickt meide.

„Ich sehe meine Familie. Meine Freunde!"

„Und genau dass ist das Problem," ich atme tief durch und versuche die richtigen Worte für meine, sich überschlagenden, Gedanken zu finden, „Wenn du die Augen schließt und dein ganzes Leben refuée passieren lässt, dann siehst du Menschen die dich lieben. Die dich vermissen. Aber ich," wieder atme ich tief durch, „Ich sehe niemanden!" Stille. Dann einwendende Worte: „Aber Raven. Das...das ist nicht," bevor der Alpha seine Wiederworte fertig ausprechen kann, unterbreche ich ihn mit einer schneidenen Stimme, „Auf Widersehen Scott!"

Ich nehme mir das Handy vom Ohr und beende ohne zu Zögern den Anruf. Den Blick meines Vaters ignoriere ich gewissenhaft. Denn ich weiß, dass meine Worte nicht ganz richtig sind und durch meinen schnellen Herzschlag - ich bin mir sicher er ist laut genug, sich für ein menschliches Gehör - und mein verräterisches Verhalten, weiß er es auch. Es gibt tatsächlich Menschen die mich lieben. Die mich vermissen werden. Matty und Lewis zum Beispiel. Aber um ehrlich zu sein, werden auch die beiden besser ohne mich zurecht kommen als mit mir. Somit ist das hier, die beste Entscheidung die ich in dieser Sekunde treffen kann. Auch wenn ich noch nicht ganz bereit bin zu Sterben.

Ich setze mein undurchschaubares Pokerface auf, umfasse mein Handy etwas fester. Anschließend lockere ich den Griff und lasse mein Smartphone ohne Vorwahrnung auf den harten Betonboden fallen. Mit meinem emotionslosen Blick auf meinen Vater gerichtet, lasse ich meinen linken Schuh fest auf das Handy herabsausen. Sodass ich es in viele kleine Einzelteile zertrümmere. Anschließend richte ich meinen eiskalten Blick fest auf Crowley und seine Männer und sage mit einer festen Stimme: „Lass uns endlich gehen, Daddy!"

Platinum Blonde [Teen Wolf FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt