Such a Beautiful Day

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Seoul

"Noch fünf Minuten. Ji bitte." Yugyeom zog mich an sich und hatte nicht vor mich so schnell wieder los zulassen.
Gerne würde ich noch liegen bleiben, aber ich musste aufstehen, musste mich duschen, anziehen, etwas essen und dann zu Jimin und Taemin fahren, um mit Tira ihren Geburtstag nachzufeiern, den ich gestern verpeilt hatte.
Ein definitiver Nachteil, wenn man so ein krankes Doppelleben führte wie ich.
Seufzend ließ ich es zu, dass Yugyeom mich noch bei sich behielt und über die blauen Flecke auf meinem Körper strich, für die er in der Nacht mit seinen Lippen schuld war.
Ich wahr ihm mehr als nur dankbar, dass er zur Abwechslung mal meinen Hals verschont hatte.
Denn Mitte Juni wollte ich garantiert nicht mit einem dicken Schal durch die gegend laufen.
Weder als Jungkook noch als Jiyeon.
Erstens, weil Tira mich sonst löchern würde und zweitens, ich garantiert keine dummen Blicke von diesen dämlichen Männern bekommen wollte, mit denen ich zu tun hatte.
Ein Vorteil an meinem Doppelleben war, ich konnte alles strickt getrennt halten.
Ich wusste wo die grenzen bei mir und Jungkook lagen und wie ich sie eintackten musste, damit sie mir nie zu viel wurden.
Als Jungkook war ich kaltblütig, ließ nur wenig fehler durchgehen und hatte bereits unzählige Namen auf der Liste der Toten.
Wenn ich Ich war, dann war ich liebevoll gegenüber Tira, nett zu Jimin und Taemin und allen die mit ihnen zu tun hatte.
In meinem eigenen Kreis war ich weder das eine noch das andere, da war ich die Jiyeon die in mir war, bevor der ganze Dreck mit der Yakuza in mein Leben kam und Hoseok noch am leben war.
Diese Seite kanten zu einem großen Teil nur Yugyeom und Yongguk.

Auf eine eigene Art hatte ich also eine gespaltene Persönlichkeit, doch es lag in meinen Händen über sie zu bestimmen. Ich konnte sein wer ich wollte und hatte meine Kontrolle darüber. Ich lebte mehr oder weniger drei Leben und kam mit allen perfekt klar.

Als ich hörte das Yugyeom wieder eingeschlafen war, schälte ich mich aus seinen Armen, schob die Decke von mir und stand auf.
Seufzend entwirrte ich meine Sachen auf den Boden von Yeoms, suchte mir neue aus dem Schrank und nahm alles mit ins Bad.
Die dreckigen Sachen von gestern schmiss ich auf den Wäschehaufen, die anderen legte ich zum Waschbecken.
Ich suchte mir ein Handtuch heraus und duschte schließlich.
Als ich frisch geduscht aus einer angenehm warmen Dampfschwade trat, trocknete ich mich ab, zog mich an und föhnte schließlich meine Haare.

Im Spiegel betrachtete ich mich eine Weile.
Meine Augen waren braun, so wie es für Korea und diesen Teil der Welt üblich war. Ebenso braun waren auch meine Haare, die ich zu einem lockeren Dutt auf den Kopf gebunden hatte.
An meinen Oberkörper schmiegte sich ein einfaches hellblaues Top, dazu eine kurze weiße Hose.
Ich sah aus, als wäre ich für einen Tag mit meinem Patenkind gewappnet, doch wie immer kam diese unruhe in mir auf, als ich an Tira dachte und das was mit ihrer Mutter geschehen war.
Tira würde sie nie kennenlernen und ich war Jimin und Taemin mehr als nur dankbar, dass sie die kleine aufgenommen hatten, denn in mein Leben hätte sie sicherlich nicht gepasst.
Jimin und Taemin wussten ebenfalls was ich für ein Leben führte. Ich wusste, dass sie es nicht gut fanden, aber sagen taten sie nie etwas. Ich hörte es immer nur, wenn ich ihnen etwas mit Tira absagen musste, weil mir meine Jungkook-Seite zuvorkam, aber ich konnte es auch nicht riskieren, dass meine Fassade anfangen würde zu brechen, denn eine Menge zwielichtiger Leute warteten nur darauf, dass sich Jeon Jungkook einen fehler erlaubte für den sie ihn zerreißen könnte. Doch bis jetzt hegte ich die perfektion und ließ keinen Fehler zu, ließ nie die falschen um die Ecke bringen.
Ich hatte einen ganzen Trupp den ich vertraute und der mir die nötigen Infos beschaffte, die wichtig für mich waren. Zu diesen Leuten gehörten unter anderem Yugyeom und Yongguk.

Zufrieden mit meinem äußeren verließ ich das Bad, zog mir ein paar Sneakers an und griff mir einen Apfel aus der Obstschale in der Küchenecke, bevor ich mit Auto- und Wohnungsschlüssel das Gebäude verließ und zu einem unauffälligem Ford Focus lief.
Ich mochte diesen kleinen Wagen, er gab mir an Tagen wie diesem wenigstens noch einen kleinen Schimmer davon, dass ich hätte auch ein normales Leben haben können.
Eins in dem ich vielleicht selber bereits Mutter war und nicht drei verschiedene Fassaden pflegte, die mich zu Jiyeon machten, mich aber auch zerspalteten.

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