11. Dezember

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11. Dezember 

- Let Her Go

„Ich habe es getan, Matt. Ich habe mich tatsächlich von ihr getrennt.", sagte ich zu meinem Freund. Am anderen Ende der Leitung war es still. Es schockte ihn wahrscheinlich, auch wenn er derjenige war, der mir riet, es zu tun. Er räusperte sich erst, bevor er sagte: „Fühlst du dich denn besser?" „Ich habe sie verletzt. Ich habe ihr das Herz gebrochen, Matt. Wie könnte ich mich jetzt besser fühlen? Ich wollte ihr nie wehtun! Warum mache ich alles kaputt?", fragte ich ihn. Mein Handy lag vor mir auf dem Tisch. Ich hatte den Lautsprecher an. Verzweifelt griff ich mir in die Haare. „Ich vermisse sie, Matt.", sagte ich leise. Es tat so weh, sie nicht mehr an meiner Seite zu wissen. Eine Träne verließ meinen Augenwinkel. Ihr folgten immer mehr. „Shawn, es war das richtige. Sie verdient mehr, als du ihr geben konntest. Du hättest ihr mit der Zeit noch mehr Schmerz geschenkt, als jetzt. Sie wird es verkraften.", versuchte er es gut zu reden. „Du vermisst sie doch bloß, weil die Sicherheit weg ist. Weil sie nicht mehr deins ist, weil du sie womöglich an jemanden abgetreten hast. Das wird vergehen."

„Wie kannst du sowas sagen? Ich liebe sie!", rief ich empört. „Du denkst bloß, dass Liebe sich so anfühlt. Sie ist weg, deswegen denkst du, dass du sie liebst, weil die Gewohnheit weg ist, versteh das doch. Es ist wie jetzt im Winter, du vermisst das schöne Wetter. Doch nur weil es schneit und es kalt ist, im Sommer verfluchst du die stehende Hitze. Sobald du etwas nicht mehr hast, merkst du, wie wichtig es dir ist, doch das verdient sie nicht." „Sie verdient, dass ich sie das ganze Jahr liebe.", flüsterte ich. Beschämt, weil ich den Sinn Matts seiner Worte nun verstand, schaute ich auf meine Hände. Sie umklammerten mein leeres Glas. Gleich nachdem ich Schluss gemacht hatte, war ich nach Hause gefahren und hatte mir etwas Scotch eingegossen, in der Hoffnung, dass er das Loch in meinem Herzen füllt – zumindest wieder verwachsen lässt. „Aber sie hasst mich.", ließ ich Matt wissen. „Ich will nicht, dass sie mich hasst. Ich will ihr doch nichts Böses!" „Sie hasst dich nicht, Shawn. Sie liebt dich. Bedingungslos. Das ist das, was du ihr nicht geben konntest und das versucht sie gerade zu verarbeiten. Sie wird es verstehen, wenn sie soweit ist."

„Was soll ich jetzt tun? Ich weiß nicht weiter. Wie konnte es sich alles so schnell ändern? Ich habe sie noch am Anfang des Jahres so sehr geliebt. Es war so einfach und leicht mit ihr, sie war mir so wichtig, wann hat sich das geändert? Wann hat es sich so verdreht, dass ich sie nicht mehr verdient habe?", meinte ich verzweifelt und schaute aus dem Fenster, dass mir gegenüber war. Draußen war es schon dunkel. Die Dunkelheit draußen füllte auch mein Inneres. „Ihr habt euch in ein Liebesabendteuer gestürzt, ihr habt euch so schnell geliebt und vertraut und dann musstest du auf Tour. Es war kein Wunder, das die junge Liebe diesen dauerhaften Abstand nicht aushält. Gib dir nicht die Schuld. Das war einfach das Schicksal und ihr werdet übereinander hinwegkommen." „Du redest wie ein Physiologe, Matthew.", meinte ich belustigt. Es fühlte sich falsch an, etwas lustig zu finden, doch gleichzeitig schätzte ich diese kleine Aufmunterung.

„Danke. Shawn, ich verstehe dich, doch du musst sie gehen lassen. Erst wenn du es einsiehst, dass es die einzige Möglichkeit ist, nicht mehr an ihr festzuhalten, wird es dir besser gehen." „Aber wie soll ich sie gehen lassen, wenn ich sie liebe, Matt? Ich liebe sie wirklich, wo soll der Schmerz sonst herkommen?" „Lass sie gehen, Shawn. Lass das frei, was du liebst. Wenn der richtige Zeitpunkt für euch beide gekommen ist, dann würde sie wieder zurückkommen, doch lass sie jetzt ihr Glück finden. Du hättest sie nicht auf Dauer glücklich gemacht."

„Aber sie hat mich glücklich gemacht", sagte ich bedauernd. „Am Anfang, doch du warst auch ohne sie, während wir in der Welt unterwegs waren, glücklich. Du brauchtest sie nicht und ein endgültiger Verlust tut immer weh."

Shawnmas - der Weihnachtskalender 2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt