Is it possible?

Kapitel 9

Ich kippe den nächsten Shot hinunter und verziehe das Gesicht, als der Alkohol meine Kehle hinunterrinnt. Das Zeug ist so stark, dass ich nicht einmal mehr weiß wie viele ich schon intus habe. Aber was ich weiß, ist, dass ich seit dem zehnten Tequila angefangen habe verrückt zu lachen und sich all meine Probleme in Luft aufgelöst haben. All meine Gedanken über Alex, all meine Vorwürfe wegen Maddy und meine verwüstete Wohnung. Alles weg. Und es fühlt sich grandios an. Grandios einfach mal zu saufen, sich nicht über die Leute zu scheren, die mich komisch angucken und mit dem Barkeeper zu flirten. Jedenfalls versuche ich das.

Abermals lache ich über einen Witz von ihm und werfe mir wie ein Schulmädchen die Haare nach hinten. Jedoch verstumme ich sofort, als ich plötzlich meine Blase drücken spüre. Ich halte mich sogar an der Theke fest, damit ich mir ja nicht in die Hose pinkle. Das wäre verdammt peinlich. 

„Ich muss aufs Klo.", nuschle ich und versuche mit meinem linken Fuß den Boden zu ertasten. Kurz darauf spüre ich ihn und lasse mich vom Hocker hinuntergleiten. Sicher sehe ich dabei aus wie ein kleines Mädchen, dass versucht von einem viel zu großen Stuhl hinunter zu kommen, aber das ist mir egal. 

Als ich mit beiden Füßen auf dem Boden stehe, knicke ich fast um, da sich auf einmal alles zu drehen beginnt. Ich kralle mich fester in das Holz und versuche trotz des mir hochsteigenden Alkohols nicht umzukippen. Vielleicht sollte ich mal einen Gang runterschalten und aufhören zu trinken. 

Mit taumelnden Schritten mache ich mich auf den Weg zur Toilette und werde von mehreren Leuten, die sich auf der Tanzfläche aneinander reiben, angerempelt. Trotzdem schaffe ich es nach einer Weile das Klo zu erreichen und mein Geschäft zu verrichten. 

Während ich mir die Hände wasche, lasse ich meinen Blick hinauf wandern und muss mir einen Schrei unterdrücken. Gott, wer ist die denn? Die sieht ja grässlich aus! Mit ihren blutunterlaufenen Augen, ihren zerzausten Haaren und ihren geröteten Wangen. Und dann fällt es mir auf. Das bin ich! Ich bin dieses hässliche Mädchen im Spiegel. Unter normalen Umständen würde ich mich schämen für mein Aussehen, aber nicht jetzt. Jetzt bin ich stolz genau das erreicht zu haben und zwar betrunken zu sein.

Zufrieden mit dem Ergebnis trockne ich meine Hände ab und verschwinde aus der hellen Toilette. Nur überrumpelt mich die Dunkelheit des Clubs, weshalb ich blinzelnd und ohne etwas zu erkennen gerade aus laufe. Plötzlich krache ich gegen etwas und entschuldige mich sofort. Doch statt mir aus dem Weg zu gehen, legt die Person ihre Hände auf meine Arme und bringt mich dazu die Augen weit aufzureißen. Hände, die so groß sind, dass sie locker meine kompletten Oberarme umschlingen und zerdrücken können, fassen mich an.

Augenblicklich beschleunigt sich meine Atmung und ich spüre schon wie mir der Schweiß aus allen Poren schießt. Aber als ich wenige Sekunden später einen gewissen Geruch einatme, fängt mein Herz noch schneller an zu schlagen. Und erst als mich die Person noch näher an sich zieht, sodass meine Hände ihre Brust berühren können, realisiere ich wer vor mir steht.

Langsam lasse ich meinen Blick nach oben wandern und vergrabe unbewusst meine Hände in seinem Pulli. Ein süßes Kinn; Lippen, die förmlich danach rufen geküsst zu werden und eine Nase, die schön geformt und nicht zu groß ist. Eigentlich könnte man sagen, dass sein Gesicht bereits perfekt ist, bis man zu seinen Augen angelangt ist, die verändern nämlich alles. Es sind Augen, die selbst in diesem wechselndem, grellen Licht strahlen. Augen, die einen hypnotisieren und nie wieder loslassen wollen.

„Was machst du hier?", reißt er mich aus meinen Gedanken. Mir fällt auf, dass er etwas nuschelt und mir ein Geruch, der verdächtig nach Alkohol riecht, in die Nase steigt, als er den Mund öffnet. Und mir fällt auch auf, dass ich nicht mehr verkrampft in seinen Armen liege, sondern mich sogar unbewusst gegen ihn drücke. Aber ich will nicht damit aufhören.