Kapitel 20

185 12 11
                                    

Am nächsten Morgen wache ich durch ein leises Geräusch neben meinem Ohr und ein schweres Gewicht auf meinem Körper auf. Gleichzeitig dringt ein Duft in meine Nase, der sehr männlich riecht und mich unter normalen Umständen hysterisch schreien und die Augen weit aufreißen lassen würde. Aber nicht jetzt, denn spätestens, als ich ein tiefes Murren höre, weiß ich, dass es Ryan ist. Es kann nur er sein, da keiner so einen Geruch hat, ein ganz spezielles Aroma.

Außerdem hat er seinen Arm um meine Taille geschlungen, seinen Kopf auf meine Brust gelegt und sein Bein mit meinen verheddert, als würde er mich instinktiv davor abhalten, zu flüchten. Um ehrlich zu sein, besteht da schon eine gewisse Angst vor seiner Reaktion, die mich diesen Augenblick nicht voll und ganz genießen lässt. Es kann ja sein, dass die Zärtlichkeit mit einem Schlag verpufft und er mich rausschmeißt oder er realisiert, wie erbärmlich ich bin. Dass ich nur ein kleines Mädchen, mit einem riesigen Ballast bin.

Wie aufs Kommando gibt er ein tiefes Stöhnen von sich und reibt sowohl sein Gesicht, als auch den Rest seines Körpers an mir. Augenblicklich reiße ich die Augen auf und ein kurzer Schmerz durchfährt meinen Kopf. Allerdings kann ich mich nicht darauf konzentrieren, da Ryan im nächsten Moment mit verschlafener Stimme raunt: „Guten Morgen, Süße."

Unzählige Gedanken huschen durch mein Hirn. Seit wann nennt er mich so? Wie kann er gleich nach dem Aufstehen so gut klingen? Wieso bekomme ich dieses Ziehen im Unterleib, nur weil er seine Hüften gegen mein Bein presst? Und warum schlägt mein Herz schneller, als es das üblicherweise tut?

„Ich hoffe, ich habe dich nicht erdrückt.", murmelt er und hebt seinen Kopf langsam. Er stützt sich auf den Unterarm und öffnet flatternd die Augen, bis all meine Zweifel mit einem Mal ausgelöscht sind. Das Zimmer, das durch die Sonne in ein orangenes Licht getunkt wird und das Regal über dem Bett, mit etlichen Büchern drauf, ist verschwunden. Da gibt es nur noch dieses Grün, das von kleinen, schwarzen Einsprengseln geprägt und von langen, dichten Wimpern umrahmt ist.

„Ich kann's nicht fassen, dass du gerade wirklich neben mir liegst.", gibt er ungläubig von sich und schüttelt leicht den Kopf. Ich sehe ihn verwirrt an und versuche zu verstehen, was er damit meint. Nur ist das nicht besonders einfach, da sein Ständer weiterhin an mein Bein gepresst ist und seine große Hand meine Taille umfängt.

„Warum?", krächze ich und räuspere mich sofort. Wieso klingt meine Stimme denn jetzt so kratzig? Er lässt seine Augen über mein Gesicht wandern, so schnell, als könnte er sich nicht entscheiden, was er angucken soll.

„Fuck, du bist wunderschön.", haucht er irgendwie ehrfürchtig. Bitte was? Ist er verrückt geworden? Oder etwa blind? Ich meine, ich sehe alles andere als wunderschön aus. Mein Make-up ist mit Sicherheit verschmiert, obwohl ich wasserfeste Wimperntusche verwendet habe und meine Augen von dem ganzen Weinen angeschwollen. Also verstehe ich nicht, wie er sowas sagen kann.

„Ich weiß, dass du mir nicht glaubst, aber es stimmt. Du bist atemberaubend."

„Ryan, du brauchst mir jetzt keine Lügen zu erzählen, weil du Mitleid mit mir hast. Wenn es dir zu viel ist, dass ich gestern..."

„Nein, hör auf.", unterbricht er mich mit einem sanften Ton und schnauft einmal. „Bitte bereue nicht, dass du dich mir anvertraut hast. Denn ich kann dir nicht beschreiben, wie viel mir das bedeutet. Du hast mir Dinge erzählt, die ich an deiner Stelle vermutlich nicht gesagt hätte und das zeigt, wie schön du wirklich bist." Träume ich etwa noch oder passiert das gerade wirklich? Hat er das wirklich gesagt? Anscheinend schon, da er seine Hand von meiner Taille löst und sie durch mein Haar fahren lässt. Wie er bereits letzte Nacht über meine Kopfhaut entlanggestrichen ist und mir eine Gänsehaut verpasst hat, passiert es wieder.

Is it possible?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt