Kapitel 21

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„Du hast keine Ahnung, was ich gerade alles mit dir anstellen würde.", spricht er in meinen offenen Mund, als er plötzlich die Lippen von meinen löst. Anstatt zu antworten, warte ich schweratmend, dass er seinen Mund wieder auf meinen legt, doch das tut er nicht. Deshalb öffne ich blinzelnd die Augen und blicke in Ryans Gesicht, das nur wenige Zentimeter von meinem entfernt ist.

Dabei fallen mir so viele Details auf, die man nur aus dieser Nähe sehen kann. Seine hellen Sommersprossen, die minimale Lücke in seiner linken Augenbraue und den kleinen Hügel auf seiner Nasenwurzel. Diese Dinge machen ihn nicht weniger attraktiv, im Gegenteil, sie lassen ihn nur noch schöner wirken.

„Aber wir können nicht.", presst er mit angehaltenem Atem heraus. Mein Blick huscht wieder zu seinen Augen und man sieht ihm deutlich an, dass er das nicht sagen wollte. Und doch hat er es getan.

„Wieso?", frage ich aus der Puste. Zunächst presst er seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und verkrampft seine Finger kaum merklich auf meinem Oberschenkel. „Weil ich dich nicht verletzen will."

„Glaubst du etwa, dass ich noch eine Jungfrau bin?" Langsam weicht das Adrenalin und das Verlangen aus meinem Körper. Ich habe ja bereits gemerkt, dass er Stimmungsschwankungen hat, aber das ist jetzt zu viel. Erst recht, als er anfängt leise zu lachen und schmunzelnd den Kopf schüttelt.

„Nein, ich weiß, wenn ich eine Jungfrau küsse und du bist eindeutig keine." Auch wenn es falsch ist und ich das nicht fühlen sollte, verpassen mir seine Worte einen Stich und lassen mich mit einem Mal eifersüchtig werden. Eifersüchtig auf all die anderen Mädchen, die er küsst und seine Zeit mit ihnen verbringt. Schließlich kann es ja unmöglich sein, dass er keine weiblichen Freunde hat oder Bekanntschaften, mit denen er reichlich Spaß hat. Dafür sieht er einfach zu heiß aus und kennt sich mit den Dingen, die er mit mir macht, viel zu gut aus.

„Was ist dann das Problem?", versuche ich cool zu wirken und hebe eine Augenbraue. Ich gebe mir wirklich viel Mühe mir nicht anmerken zu lassen, dass mich der Gedanke, Ryan mit anderen Frauen zu sehen, verletzt. Das sollte es nämlich nicht, wir kennen uns ja kaum.

Seufzend zieht er seinen Kopf zurück und holt seine Hand zwischen der Matratze und meinem Rücken heraus, um sich auf sie zu stützen. „Ich bin kein Kerl für Beziehungen und du würdest das von mir erwarten, wenn wir miteinander schlafen." Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, ob ich beleidigt, belustigt oder eher enttäuscht sein soll. Sein Vorwurf tut glatt mehr weh, als die Eifersucht. „Glaubst du?"

„Ja, denn seien wir mal ehrlich, du könntest dich nie vor jemandem ausziehen, ohne dass du ihn liebst. Oder?", kontert er und neigt herausfordernd den Kopf. Mit einem Schlag ist das Fünkchen Verlangen, das noch übrig geblieben ist, verschwunden und mein Puls beginnt zu Rasen. Nicht, weil ich quasi vor ihm dahinschmelze, sondern, weil er es wagt so etwas zu sagen. Und mir dabei auch noch so dreist ins Gesicht schaut.

„Du bist so ein Idiot.", platzt es aus mir heraus und ich schubse ihn von mir runter. Mit meiner ganzen Kraft drücke ich ihn an den Schultern zurück, was ihn anscheinend überrascht, da er sich nicht wehrt. Er reißt die Augen weit auf, sichtlich irritiert und lässt sich auf den Rücken fallen.

Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, krabble ich über das Bett bis zum Fußende und stehe hastig auf. „Was machst du da?", höre ich Ryans Stimme hinter mir. Nur ignoriere ich ihn und greife mit zitternden Händen nach meiner Handtasche, die auf dem Schreibtisch abgestellt ist. Währenddessen landet mein Blick auf etliche Zeichnungen, die wild auf dem Tisch verteilt sind. Von Portraits über Wälder bis hin zu Comics gibt es alles. Sie sehen atemberaubend aus, meist nur mit Bleistift gezeichnet, aber nicht weniger authentisch.

Is it possible?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt