Kapitel 19 - Schlaflose Nächte

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Kapitel 19 - Schlaflose Nächte

Als ich am morgen aufwachte schliefen alle noch im Zimmer. Ich nahm mein Handy von meinem Tisch und riskierte einen Blick. Es war Vier Uhr morgens. Seufzend ließ ich mich in meine Kissen zurückfallen. Jetzt noch weiterschlafen wäre unmöglich.

Auf Zehenspitzen schlüpfte ich also aus meiner mollig warmen Decke und zog mir den dicksten Pullover an den ich besaß. Mein Shirt, welches ich mir zum schlafen angezogen hatte, ließ ich absichtlich an. Dann noch warme Hosen und Socken. Jetzt war ich gewappnet für die eisige Morgenluft. Ich schnappte mir mein Handy und kramte so leise es nur ging, in meiner Reisetasche nach Kopfhörern. Zum glück fand ich welche, zwar die von meinem Vater, aber das war mir egal. Irgendwann, wenn dieser Albtraum vorbei sein würde, würde ich sie ihm vorbeibringen. Mir war nur zu gut bewusst,  wie sehr er sie liebte. Es mag komisch klingen, aber in dem Punkt konnten wir beide nicht ähnlicher sein. Es ging nichts über gute Musik,  mit guten Kopfhörern. Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen. Um keinen Preis wollte ich riskieren, dass jemand mich dabei erwischte. Die Tür knarrte gefährlich laut, als ich so behutsam wie nur möglich die Klinke leicht herunterdrückte. Gespannt hielt ich den Atem an und schaute über meine Schulter. Sie schliefen wie Kätzchen. Keiner hatte etwas mitbekommen. Gut so. Langsam zog ich die Tür hinter mir zu und steuerte die Haustür an. Schon früher als ich noch jünger und bei meinen Eltern noch gewohnt hatte, bin ich beinahe regelmäßig aus dem Haus geschlichen. In Nächten in denen ich kein Auge zu bekam, fuhr ich jedes mal zu meinem Lieblingsplatz. Dort fürchtete ich mich nie. Jedes mal radelte ich mit meinem Fahrrad dorthin. Dort war es still und man hatte freie Sicht auf das Himmelszelt. Der Mond besaß etwas tröstendes und beruhigendes für mich. Oft verbrachte ich Stunden dort und hörte meine Lieblingsmusik oder las ein gutes Buch. Am Wochenende wartete ich oft bis die Sonne aufging. Mir war es immer egal, wie Müde ich nach so einer Nacht sein würde. Mir war bewusst, dass ich jetzt zu diesem Ort nicht hinlaufen konnte. Ich hatte keinerlei Ahnung, wo ich mich eigentlich befand. Aber trotzdem konnte man alte Angewohnheiten schlecht ablegen. Also zog ich mir am Eingang meine Schuhe an und öffnete die Haustür. Sofort kam mir ein Schwall süß riechende morgendliche Waldluft entgegen. Ich versuchte alles davon aufzusaugen. Ich lief raus und schloss die Tür erneut behutsam hinter mir. In dem Moment als die Tür ins Schloss fiel, dämmerte es mir. Ich besaß keinen Schlüssel um wieder ins Haus zu kommen!

Über mich Selbstärgernd vergrub ich die eine Hand in meiner Stirn. Nach einem langen seufzen beschloss ich mich auf die Hollywoodschaukel zu setzen und zu warten. In ein paar Stunden würde sicherlich schon irgendwer aufstehen. Wahrscheinlich Marcel, um das Frühstück vorzubereiten. Marcel! Oh nein. Ich bin ihm den gestrigen Tag, so feige wie ich war, die ganze Zeit aus dem weg gegangen. Natürlich hatte er erfahren was ich getan hatte. Er war nicht sichtlich überrascht, genauso wenig wie Paul. Aber dennoch hatte er sich über die gute Pizza aufgeregt die er extra für mich gebacken hatte. Er hatte mir aber versichert, dass er sie selbst gegessen und sie köstlich gewesen war. Danach bin ich schnellstmöglich zu Alex gelaufen und habe ihr bei der Versorgung der kranken geholfen. Sie meinte ihr selbst wurde bei der Entführung kein Haar gekrümmt. Taylor sah wesentlich erleichtert aus und hatte sie sofort umarmt, keine zwei Sekunden nach dem wir alle zusammen das Lager wieder erreicht hatten. Ich fragte mich, ob zwischen den beiden mal etwas lief und Paul deswegen ganz allgemein so allergisch auf Taylor reagiert. Aber naja das sind nur Spekulationen. Ich entwirrte meine Kopfhörer und steckte sie in meine Ohren. Die laute Musik entspannte mich wesentlich schnell. Ich ließ mich auf den Rhythmus ein und kam mir kein bisschen blöd vor, als ich anfing laut mit zu summen. Der schock über die Begegnung mit Richard saß mir noch in den Knochen aber daran wollte ich jetzt nicht denken. Mehr darüber wie ich jetzt mit Johnson umgehen sollte. Aber egal wie ich es drehte oder wendete, dieses Gefühl war da. Es war nicht mehr zu leugnen, dass ich etwas für ihn empfand. Ob es liebe oder tiefster Hass war, wusste ich nicht genau. Liebe. Ich rede schon davon obwohl ich ihn kaum kannte. Aber er konnte schon ganz schön gemein zu mir sein. 

Wolfsblut (I) | WerwolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt