Kapitel 21 - Eine Reise ohne Handy

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Kapitel 21 - Eine Reise ohne Handy

Drei Stunden später saß ich ohne Vorwarnung in Johnsons Auto. Ein Rucksack für den Notfall im Kofferraum. Ich hatte Hoffnung. Hoffnung das es lediglich ein spaß war. Tränen musste ich gewaltsam unterdrücken. Meine Persönlichen Sachen waren noch in diesem Haus. Ich durfte nichts mitnehmen was man nicht wirklich unbedingt brauchte. Alles andere war unnötiger Schrott. So hatte es Johnson kommentiert, als ich ihn danach fragte. Er war aufgebracht durch das Haus gelaufen. Alle aus dem Rudel, selbst die Verletzten, ließ er in den Versammlungsraum rufen. Er hatte es ihnen allen erzählt. Nur mir nicht. Mit mir redete er nicht. Er sagte kein Wort darüber was los war. Mich machte es fertig. Keiner mochte mir genau sagen was vor sich ging. Alex hatte mich bloß fest umarmt, als sei dieser Abschied für immer. Auch Paul und Taylor. In den Versammlungsraum durfte ich nicht mit. Noch immer gehörte ich nicht zum Rudel. War ein Namenloser Streuner. Jetzt wartete ich hier in diesem viel zu stillen Auto. Meine Kopfhörer habe ich im letzten Moment noch in die Hosentasche stopfen können. Es ging alles viel zu schnell. Immer wieder fragte ich mich was die letzten Tage schief gelaufen war. Welchen Grund es hatte warum ich nun in diesem Auto saß und auf eine Reise musste von der ich keine Ahnung hatte; wo sie mich hinführen würde. Wie lange es andauern würde. Was mich erwarten würde. Johnson ließ mich noch nicht einmal den Rucksack packen. Also besaß ich nicht einmal eine Ahnung, ob wir in den Süden oder Norden vorhatten zu fahren. Im Endeffekt spielte es keine Rolle, wie warm oder kalt das Wetter dort war. Ich würde mit einer großen Wahrscheinlichkeit sowieso nicht frieren. Genau so gut könnte er mir anweisen Bauchfreie Shirts einzupacken, wenn wir an den kältesten Ort der Welt fuhren. Diese Unwissenheit trieb mich in den Wahnsinn. Am liebsten wäre ich ausgestiegen, doch dann sah ich wie Johnson mit einer Maske aus Kühler Gleichgültigkeit ans Auto gelaufen kam. Auf keinen Fall wollte ich mit ihm jetzt alleine in einem Auto sitzen. Da konnte nichts gutes bei herauskommen. Ich seufzte, ließ meinen Kopf nach hinten an die Kopfstütze des Sitzes fallen und schloss die Augen. Gewaltsam wurde die Auto Tür neben mir aufgerissen. Ach du meine Güte seine Schlechte Laune konnte man ja schon riechen! Stumm ließ er den Motor aufheulen und fuhr dann los. Das gesamte Rudel schaute uns nach. Sie winkten und ich bekam ein immer schlimmeres Gefühl in der Magengrube. Der Alpha verlass das Rudel? Wer war nun der Stellvertreter? Für wie lange? Ging das in ihrer Welt denn einfach so? "Verdammt!" fluchte ich als ich es nicht mehr aushielt. Mit einer fließenden Bewegung schnallte ich mich ab und öffnete die Autotür. Johnson leitete sofort eine Vollbremsung ein. "Steig wieder in den Wagen!" rief er bissig. Trotzig knallte ich ihm die Autotür zu und verschränkte meine Arme. Er ließ das Fenster runter. "Erst wenn du mir sagst wohin wir fahren!" beharrte ich weiter. Ich sah wie er mit den Zähnen knirschte und sich von mir abwandte. "Gut" murmelte  er. Unerwarteterweise stieg er aus und kam mir entgegen. Geschmeidig lief er um das Auto herum und baute sich vor mir auf. Er nahm meinen Kopf zwischen seine Hände. "Weil ich versuche dich zu Beschützen." Seine Augen schauten direkt in meine. "Du bist das einzige was wichtig für mich ist. Nichts wird mich davon abhalten können, von dir getrennt zu sein und deswegen steig besser ins Auto." Geschockt über seine Worte schaute ich ihm nach wie er einen Schritt von mir zurückwich und mir die Autotür fordernd aufhielt. Kurzerhand stieg ich in das Auto und erneut startete er den Motor. "Dann erklär mir warum du mich entführst." Er lachte. "Ich Entführe dich?" Fassungslos nickte ich. Seine Augen waren starr nach vorne gerichtet. Ich musterte sein Gesicht. Es blieb eine Maske. "Du sagst mir nicht wohin wir fahren. Alex umarmt mich, als sei der Abschied für immer. Keiner sagt mir was genau Sache ist." Johnson wendete sein Gesicht mir zu. Wischte die Härte aus seinem Gesicht und griff nach meiner Hand. Langsam verschränkten sich meine mit der seinen. "Lucy das am Telefon war meine Mutter." "Das weiß ich." unterbrach ich ihn unüberlegt. "Lass mich ausreden. Sie hat von mir verlangt, dass ich dich von hier weg bringe." "Was hat sie denn?" "Ich habe ihr von uns erzählt-" er drückte meine Hand ein wenig und lächelte dabei. Sein Blick war auf das Ende vom Wald gerichtet. "Er verfolgt dich bis in deine Träume. Richard kann in deinen Kopf schauen. Jetzt weiß er, was wir beide füreinander empfinden. Zumindest weiß er wie wichtig du mir bist, so wie du gestern ausgerastet bist." Ein Seitenblick von ihm. Ich nickte lediglich nur. Für letzteres schämte ich mich wieder. "Richard wird alles versuchen um mich leiden zu sehen." Ich schwieg, obwohl ich so viele Fragen hatte. Er bemerkte es; sprach mich aber nicht darauf an. Johnson wartete und gab mir Zeit, dass alles zu verarbeiten bevor er ansetzte um weiterzusprechen. Genug Zeit um meine Gedanken neu zu ordnen. "Was hast du ihm getan?" Fasste ich meine Fragen in einer zusammen. "Das ist jetzt nicht wichtig." Die übliche Härte zog sich erneut über sein Gesicht. Ich konnte fühlen, wie selbst seine Hände kühler wurden. "Wir können nicht ewig weglaufen." flüsterte ich. "Meine Eltern übernehmen in unsrer Abwesenheit das Rudel. Sie werden schon mit ihm fertig und wenn alles gut geht sind wir bald wieder zurück. Wichtig bist du jetzt. Du bist mein Neuanfang. Ich lasse nicht zu, dass du wegen meiner Vergangenheit zu schaden kommst." Ich bin sein Neuanfang? Wollte ich das nicht immer selbst für mich, seit meinem Angriff? War das hier, dass mit ihm vielleicht mein Neuanfang? Meine Chance? Auch ich drückte seine Hand ein Stück fester. Wie schlimm war seine Vergangenheit denn wirklich?

Mir würde das Rudel fehlen... sie sind für mich zu einer Art Zweit-Familie geworden. - Ach du schreck! Meine Eltern! "Was ist mit meinen Eltern?! Ich muss sie noch anrufen! Ihnen bescheid geben, erzählen was passiert ist." Er ließ meine Hand los und umgriff das Lenkrad. "Nein umso weniger es wissen umso besser ist es. Glaub mir." "Sind sie denn nicht in Gefahr?! Meine Mutter meinte, dass mein Vater oft im Wald läuft in letzter Zeit. Was ist wenn ihn jemand entdeckt und verletzt, um an mich ranzukommen? Richard wird bemerken, dass ich nicht mehr beim Rudel im Unterschlupf bin!" "Nein. Paul hat deine Eltern so gut es ging gewarnt. Es herrscht fürs erste Laufverbot. Dein Vater weiß was er tut. Wir haben ihm nur nicht gesagt, wohin wir dich fahren. Er denkt, dass du in Sicherheit bist. Und das bist du auch." Okay damit konnte ich leben. "Du hast meine Frage nicht beantwortet." "Was war denn deine Frage Prinzessin?" Ich überging seinen Kosenamen für mich. "Wo fahren wir jetzt eigentlich hin?" "Das wirst du schon sehen." Damit landeten wir auf der Straße und er gab Gas.

Nach 2 Stunden des unbequemen Schlafens im Auto und meiner Lieblingsmusik im Ohr, weckte mich das Klingeln meines Handys. Johnson wirkte vertieft in seine Gedanken und nahm das Klingeln gar nicht wahr. Natürlich nicht, es war ja auch nur in meinen Kopfhörern zu hören. Es war eine Unbekannte Nummer trotzdem nahm ich den Anruf an.

"Hallo?" Niemand reagierte auf der anderen Seite der Leitung. Johnson fuhr hoch und musterte mich von der Seite. "Lucy was machst du da?" fragt er aufgebracht. Ich wies ihm mit meinem Finger an ruhig zu sein. Ich hörte jemand leise Atmen. "HALLO?" fragte ich nun erneut, ein wenig lauter. In einem Moment hielt ich mein Handy noch in der Hand und in der nächsten beschleunigte Johnson und ließ die Scheiben runterfahren. Was hatte er denn jetzt vor. Was zum Teufel tat er da? Drehte er jetzt durch? Dachte er der Empfang sei so schlecht? "Die Nummer ist von Richard!" Als ob er auf einmal eine heiße Kartoffel in der Hand hielt warf er es aus dem Fenster. Halt Stopp! Er warf es aus dem Fenster?! "HEY DAS WAR NEU!" "Wenn das zu Ende ist kauf ich dir ein neues. Er kann uns mit unsren Handys Orten. Hier als Wiedergutmachung wirf meins auch aus dem Fenster."

Ich grinste. Rache ist süß, außerdem war es auch nur fair, wobei er sich ja wenigstens noch verabschieden konnte bei seinem Handy. Ich machte die Scheibe auf meiner Seite herunter und er gab mir seins. Dabei musste er einen Augenblick in seiner Hosentasche suchen. Seufzend rückte er es heraus und beschleunigte weiter. "Mach es wenigstens nicht so schmerzvoll. Es war ein gutes Handy und schau das du niemanden triffst. Hinter uns ist gerade niemand." Ich lachte über seine komische Bemerkung. 

Dann beschleunigte er und ich warf es aus dem Fenster. Ich verfolgte genau mit meinen Augen, wie es auf der Straße aufkam und zersplitterte.

"So jetzt sind wir quitt."

Wir lächelten uns für einen kurzen Moment an.

Das wars dann wohl mit meiner Lieblingsmusik. 

"Aber Johnson, wäre es denn nicht klüger gewesen die Handys einfach im Rudelhaus zu lassen? Oder einfach nur die Sim-Karte zu entfernen Ich meine...?" "Klappe." schnauzte er nur und ich musste lachen. 


Wolfsblut (I) | WerwolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt