Kapitel 20 - Verrückter Morgen
Ein Gesicht im dunkeln.
Ich stand vor ihm. Er blickte in meine Augen und was ich sah war einfach nur Hass.
Ich blickte ungerührt in sein Gesicht. Ich fühlte einfach nur Abscheu.
Dann schoss seine Hand an meinen Hals und würgte mich.
Ich bekam keine Luft mehr. Sein griff war Eisern.
Panik wallte in mir auf. Ich wandte mich unter seinem griff.
Doch Richard ließ nicht locker, sondern drückte nur noch fester zu.
Dann fing er an sich vorzubeugen und...
Ich schlug die Augen auf. Mein Kopf war auf Johnsons Brust gebettet. Er hielt mich sicher im Arm.
Irgendjemand schrie. Als ich endlich bemerkte, dass ich es war hörte ich sofort auf.
"Es ist alles in Ordnung. Keine Angst, es war nur ein Traum."
Also warum wurde mir einfach nicht wärmer? Es war ein Traum. Das Zittern kehrte zurück, genau wie gestern Abend kurz bevor ich sie alle umbrachte. Ich fragte mich, wie ihr Leben aussah. Wie sie alle hießen und warum sie glaubten gegen uns Kämpfen zu müssen.
Ich nickte und schluckte, mein Hals tat mir weh.
Was für ein verrückter Morgen. Die Sonne schien schon hell ins Zimmer. Es war niemand mehr im Raum, außer wir beide. Johnson hielt mich fest an seine Brust gedrückt. Seine Hand strich mir sanft durchs Haar. Erneut schloss ich meine Augen. Ein leises zufriedenes seufzen entwich mir. "Willst du mir erzählen was du geträumt hast?" fragte er mich nach einer kleinen Weile. Was ist, wenn es die Stimmung verderben würde? "Manchmal tut es gut einfach darüber zu sprechen. Gestern ist viel passiert." Ich versteifte mich. Alles in mir zog sich zusammen. Gestern. Gestern habe ich drei Werwölfe getötet, die genauso alt wie ich waren. Ich wurde gestern zur Eiskalten Mörderin. Gestern ist nicht viel passiert. Gestern hat sich die ganze Welt verändert. Nie wieder könnte ich dies mehr Rückgängig machen. Sie waren Tod. Ich war schuld. Sie waren Tod wegen mir. Mit kalter Stimme antwortete ich ihm. "Richard war da. Er hat mich gewürgt, so wie er es gestern getan hat. Ich konnte nichts tun." Er drückte mich ein wenig fester an sich. "Lucy du weißt, dass es nur ein Traum war. Also was ist los? Da gibt es doch noch mehr, oder?" Ich wollte nicken. Wollte ihm alles erzählen. Wie ich mich fühlte. Was ich dachte. Kein Wort traute sich über meine Lippen. "Lucy?" hakte er weiter nach. Langsam öffnete ich den Mund und traute mich. "Ich habe gestern die Kontrolle verloren. Dabei waren es noch nicht einmal Menschen. Ich hab genauso die Kontrolle verloren, als hätte der Hunger mich übermannt. Ich - ich weiß nicht was das für ein Gefühl war, dass mich das hat machen lassen. Ich -" meine Stimme versagte. Tränen brannten in meinen Augen. Wieder dieses Zittern. Dieses mal ein anderes. Ich war eine Mörderin. Wortlos strich er mir durchs Haar. "Ist schon gut. Ich liebe dich." Seine Stimme wirkte Gedankenverloren. Weit weg. Überhaupt nicht bei mir. "Wie kannst du behaupten, dass es 'Schon gut' sei?!" Aufgebracht setzte ich mich auf. "Ich habe Leute getötet. Leute die in meinem Alter waren! Sie hatten mir noch nicht mal etwas getan. Und du nimmst das einfach so auf die leichte Schulter?!" Beruhigend fuhr er mit seinen Fingern meinen Rücken entlang. Ich kann mich nicht gegen die wohligen Schauer wehren, die mir augenblicklich herabliefen. Wie konnte er mir jetzt noch sagen, dass er mich liebte? Wie? Wie viele hatte er schon getötet? Ich erschauderte und diesmal war es kein wohliger Schauer. "Sie hätten dich früher oder später sowieso versucht umzubringen. Sie sind der Feind. Feinden kannst du niemals Vertrauen. Hättest du sie nicht getötet, hätten sie dich ohne zu zögern umgebracht. Also sieh es doch als eine Art Notwehr. Hast du auch einmal darüber nachgedacht warum du so plötzlich die Kontrolle verloren hast?" Ich schwieg einen Augenblick. Tief atmete ich die Luft um uns herum ein und ließ sie langsam über meinen Mund entweichen. Die Antwort auf seine Frage lag mir auf der Zunge. Eigentlich wollte sie nicht aussprechen. Ich konnte nicht. Ich war nicht bereit dazu, Johnson einen so hohen Stellenwert in meinem Leben einzuräumen. Ich wollte ihm nicht zeigen, wie hoffnungslos wichtig er mir schon geworden ist. Es war passiert, ohne dass ich es wollte. Und jetzt war es schon zu spät. "Wegen dir." Langsam wandert seine eine Hand an meine Wange. Ich sagte es und verzog dennoch das Gesicht dabei. Ich musste hoffen, dass diese Mate Sache wirklich verlässlich war, dass Johnson wirklich ein guter Kerl war. Das er mir nicht weh tun würde. Das ich ihm vertrauen konnte. Mit der anderen stützte er sich vom Bett ab, so dass er mit mir auf Augenhöhe war. "Du brauchst dir niemals Sorgen um mich machen. Ich bin hier um auf dich aufzupassen - nicht umgekehrt. Schließlich bist du der Welpe hier und nicht umgekehrt." Er lächelte und stupste mit einer Hand meine Nasenspitze an. Komplett Ahnungslos darüber, was ich eigentlich dachte. Welche Ängste ich verspürte. Auch ich begann über seinen Stupser leicht zu schmunzeln. Als er es sah nahm er meine Hand und küsste ganz leicht meinen Handrücken. "Warum bist du vorgestern nicht einfach im Haus geblieben?" "Mein Bein tat plötzlich weh und Paul stellte die Theorie auf du seist womöglich verletzt. Er hat behauptet wir seien Mates. Du musst mir glauben, ich hab keine Ahnung wie er darauf kam! Die Schmerzen waren so schlimm, dass ich kurzerhand nach draußen gelaufen bin. Ich wollte dir bloß helfen..." Beruhigend strich er mir eine Haarsträhne hinter das Ohr. Mein Kopf wurde rot, wie eine Himbeere. Erst jetzt bemerkte ich wie bescheuert das klang. "Ich weiß, dass du das zwischen uns geheim halt-" "Also gibst du zu, dass etwas zwischen uns ist?" Ich schwiege. Er lächelte mich Hoffnungsvoll an. Mir fehlten die Worte. War da etwas zwischen uns? Seine Augen suchten die meine. "Es ist mir ganz gleichgültig, wer es alles weiß. Solange du es willst; ist mir alles recht. Ich habe meine Meinung geändert." Warum hatte er das? Er legte seine Stirn an die meine. Gleichzeitig mit ihm schloss ich die Augen. Dann als ich seine Lippen schon beinahe auf meinen schmecken konnte fuhren wir beide vor schreck hoch. Jemand hatte die Tür aufgerissen.
Tim.
"Oh sorry stör ich? Ich wollte nur kurz mein Handy holen."
Johnson knurrte und ich zuckte zusammen. Das knurren war wohl ein eindeutiges ja. Ich glaube selbst wenn wir gewollt hätten, hier hatte man so wenig Privatsphäre, alleine schon durch dieses Übermenschliche Hörvermögen, dass zwischen uns hätten wir eh nicht geheim halten können.
"Bin schon weg."
Als Tim hinter sich die Tür schloss war der Moment schon lange verflogen. Die Stimmung war dahin. Ein Handy fing an zu vibrieren. Johnson kramte es aus seiner Hosentasche. Er hatte damit geschlafen?! Ich schüttelte nur den Kopf darüber. In seinen Augen konnte ich es schon sehen. Er hatte vor den Anruf zu ignorieren. Vermutlich könnte es aber wichtig sein. "Nimm schon ab." drängte ich ihn. Es war für mich so oder so Zeit zum aufstehen. "Mutter?" kam es kalt von Johnson. Ein wunder, dass er sie nicht noch mit Vor oder besser noch mit Nachnamen ansprach. Er wies mich an das Zimmer zu verlassen. Empört stieg ich aus dem Bett und lief zur Tür. Aber wenn ich dachte, dass dies schon schlimm war, dann wusste ich noch nicht was die Zukunft bringen würde. Es fing damit an. Und jetzt gab es nichts mehr was man hätte ändern oder noch Aufhalten können. Es war soweit.
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Wolfsblut (I) | Werwolf
Werewolf"Verdammt!" entfuhr es mir als ich auf dem Boden aufschlug. Ich blickte hoch, um zu wissen wer oder was für meinen Sturz verantwortlich war und sah einen Wolf über mir kauern. Ich hätte eine Tierische Angst haben und weiter laufen sollen, aber anst...