Kapitel XXXVII

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„Vivi? Was machst du da Vivi?", bleibe ich entsetzt in der Tür stehen. Eigentlich wollte ich sie ja nur zum Frühstück, doch wie es aussah konnte ich das vergessen. Alles war blitz blank sauber. Jedes Möbelstück, jedes Bild, jede Pflanze und jedes noch so kleine Ding war bis auf Mikrometer genau ausgerichtet. Vivi selbst lag am Boden mit ausgebreiteten Zetteln. Gefühlt zwanzig Stück mit Zeichnungen, Formeln und Berechnungen. „Seit wann bist du wach?", frage ich und will einen Zettel aufheben, doch sie reißt ihn mir aus der Hand und legt ihn wieder genau da hin, wo er hin gehört. „Vier!", gibts sie eine knappe Antwort und schreibt weiter irgendwelche Formel und Texte auf. „Kommst du dann zum Frühstücken?", frage ich, doch eigentlich war dir Antwort ja schon klar. „Kann nicht!", gibt sie von sich und tippt etwas auf ihrem Laptop. „Was ist denn hier los?", steht Roman auf einmal neben mir. „Ich denke sie wird nicht frühstücken.", „Asperger-Phase?", fragt Roman und ich nicke nur. „Weiß man warum?", „Keine Ahnung ich hab die Vermutung, dass es etwas mit Marco zu tun hat.", „Dann solltet wir ihn anrufen!", erwidert er und läuft wieder aus dem Zimmer. „Und sowas aus seinem Mund?", murmel ich verwirrt. „Was?", kommt es von Vivi ohne das sie sich von ihrer Aufgabe abwendet. „Nichts! Alles gut. Mach weiter.", entgegne ich ihr und laufe runter zu Roman. „Marco kommt.", sagt er und gießt sich in der Küche einen Kaffe ein.

„Guten Morgen Marco!", öffne ich die Tür. „Morgen was ist denn los? Roman klang sehr besorgt?", „Komm erstmal rein."
Zusammen gehen wir in die Küche. „Kaffe?", „Eigentlich würde ich gerne wissen, was mit Vivi ist. Das ist mir gerade wichtiger. Hat es etwas mit ihren Zusammenbrüche zu tun?", gibt er von sich und sieht mich besorgt an. „Setzt dich! Die Zusammenbrüche waren sozusagen eine Vorwarnung.", weise ich ihn an. „Also wo fange ich an. Schon als Kind war Vivi besonders. Sie konnte mit fünf Jahren schon schreiben und das mit beiden Händen gleichzeitig. In der Grundschule war sie was Mathe anging um Welten voraus und im Gymnasium war sie in den Naturwissenschaften wahnsinnig begabt. Schon früh haben die Ärzte bei ihr einen leichte Art von Asperger festgestellt.", „Asperger? Was ist das? Ist das schlimm?", fragt Marco entsetzt. „Schlimm nicht. Asperger bedeutet, dass ein Mensch eine Inselbegabung hat. Allerdings hat der Patient Schwierigkeiten im Umgang mit Menschen.", kommt Roman zu uns. „Ok also Vivis Inselbegabung ist dieses Naturwissenschaftliche aber sie hat doch keine Schwierigkeiten im Umgang mit Menschen? Zumindest scheint mir das nicht so.", „Naja da sind wir eigentlich schon bei dem Problem. Vivi würde eigentlich nicht so mit dir umgehen, wie sie es tut.", „Das heißt?", „Es sieht so aus, als wärst du der Auslöser!", gibt Roman von sich. „Was? Aber?", dreht dich Marco zu ihm. „Ganz ruhig. Also es steht außer Frage. Sie mag dich. Leider ist das aber genau der Auslöser für ihre Verwirrung. Als Asperger kennt sie das nicht. Für sie dauert es eigentlich Jahre, bevor sie jemanden vertrauen und mögen kann, doch bei dir ist das anders.", „Und jetzt? Muss ich mich von ihr fern halten?", springt Marco vom Stuhl auf. Roman verlässt schaufend die Küche. „Nein, im Gegenteil. Ich...wir denken, dass du mal mit ihr reden solltest. Ich glaube du könntest sie beruhigen, schließlich bist du auch der Auslöser also wahrscheinlich.", „O..okay? Und wie mach ich das?", „Naja ich glaube du solltest ihr zuerst mal klar machen, dass du ihr nichts böses antun willst und das sie dir vertrauen kann. Für den Anfang solltest du jetzt vielleicht einfach zu ihr. Aber wundere dich nicht, sie wird dir wahrscheinlich nicht ganz so aufmerksam zuhören.", „Warum?", „Schaus dir an. Komm mit!". Ich bringe ihn hoch. „Sei vorsichtig und versuch sie nicht unter Druck zu setzten.", „Du kommst nicht mit rein?", „Nein. Je weniger desto besser.".

Nachdem Vali gegangen ist, klopfe ich an ihre Tür, doch es bleibt leise. Also gehe ich einfach rein. Vivi liegt am Boden und um sie unzählige Blätter mit Zahlen und Zeichnungen. Vivi liegt vor ihrem Laptop und schreibt links und rechts jeweils auf ein Blatt. Mit beiden Händen! „Vivi?", sage ich leise. Sofort klappt sie ihren Laptop zu und springt auf. „Marco!", gibt sie entsetzt von sich und sieht mich geschockt an. „Hey. Ich wollte dich nicht erschrecken.", gehe ich in die Hocke und sehen mir die Blätter genauer an. „Was ist das?", „Nichts!", zieht sie das Blatt weg und fängt an alle einzusammeln, doch eins behalte ich. „Marco! Gib das her.", „Wow! Das sieht krass aus! Was ist das?", „Nichts Marco!", versucht sie mir den Zettel wegzunehmen. Ich gebe ihr den Zettel und sofort legt sie diesen auf den Stapel. „Vivi, was ist denn los", greife ich ihre Hände. „Nein Marco! Nein! Das bin ich! Siehst du das denn nicht!", schreit sie und sieht mich unter Tränen an. „Ja ich sehe es und? Wo ist das Problem?", „Ich! Ich bin das Problem!", weint sie. Sanft greife ich nach ihren Händen. „Vivi hey. Schau mich an.", vorsichtig hebt sie den Kopf. „Das hier, dass bist du! Und du bist wundervoll so wie du bist. Dann bist du nun mal ein Rechengenie und? Wo ist das Problem?", „Sie würden dich doch auslachen! Fertig machen. Die Presse...", „Stop Vivi stop! Wenn ich eins die Jahre gelernt habe, dann dass man nicht auf die Presse hören sollte." Mit großen Augen sieht sie mich an. Vorsichtig ziehe ich sie einfach in meine Arme. Erst nach einer Weile schlingt sie ihre Arme um mich. Sachte ziehe ich sie auf meinen Schoß. „Denk bitte nie wieder, dass du ein Problem bist! Du bist wunderbar so wie du bist!", lächle ich sie an, doch sie weicht meinem Blick aus. „Weißt du, was ich nicht verstehe?", „Warum man für Einsteins Relativitätstheorie noch keine vollständigen Beweise hat! Ich meine klar die Welt ist wohl nicht deterministisch ausgelegt aber....", schüchtern sieht sie mich an. „'Tschuldigung!", nuschelt sie dann supersüß, sodass ich nicht anders als lachen kann. Tatsächlich erwidert sie dieses Lachen und lehnt sich an mich. „Oh Vivi!", lache ich und streichle ihre Arme auf und ab. „Eins sollte dir klar sein. Ich bin sehr dumm! Ich kann eigentlich nur Fußballspielen!", lache ich. Sofort sieht sie zu mir auf. „Ach was. Du bist nicht dumm.", „Na aber auf keinen Fall so schlau wie du.", grinse ich und streichle über ihren Kopf. „Sei froh.", stöhnt sie und fängt an ihre Bettdecke glatt zu streichen. „Ich überfordere dich oder?", frage ich sie. Sofort stoppt sie in ihrer Bewegung. „Ehrliche Antwort bitte.", füge ich hinzu, als sie mich verwirrt ansieht. „Nein, eigentlich nicht.", flüstert sie und sieht auf ihre Hände. „Sondern?", „Weniger du verwirrst mich, sondern ich mich selbst. Mein Körper. Er reagierte so anders. Ich bin das einfach nicht gewohnt.", „Verstehe. Sag mir in Zukunft wenn dich etwas überfordert ja?", sie nickt nur. „Und bitte hör auf zu denken das du ein Problem bist! Das bist du nicht!". Vorsichtig legt sie ihren Kopf an meine Brust und ich schlinge meine Arme um sie. „Was wolltest du vorher wissen?", fragt sie nach einer Weile. „Ach du meinst vor Einsteins wie war das gleich nochmal?", „Relativitätstheorie.", kichert sie. „Ach genau! Eigentlich wollte ich wissen, wie man Bitteschön mit zwei Händen schreiben kann und dann noch etwas Unterschiedliches.", „Um das zu können müsstest du ein enormes Gehirntraining durchführen, aber dafür fehlt dir die Zeit.", „Ach na dann! Ich dachte schon das kann jeder lernen!", grinse ich. „Kann man auch. Wie gesagt du müsstest nur täglich mehrere Stunden deine Gehirnhälften so trainieren, dass sie nicht gleichzeitig sondern jeder für sich arbeitet. „Aha! Klingt ganz einfach.", „Für mich ja für dich..", „Unmöglich.", lache ich. „Komm, lass uns frühstücken!", ziehe ich sie vom Bett hoch, doch sie löst sich sofort um die Blätter alle zusammen genauestens auf einen Stapel zu legen und dann auf ihren Schreibtisch zu platzieren. „Du hast sauber gemacht. Also nicht das es dreckig war, aber gestern sah es hier noch anders aus.", „Ich hab von vier bis sieben sauber gemacht.", „Drei Stunden um vier Uhr morgens? Du weißt schon, das andere Leute um die Uhrzeit schlafen?". Geknickt sieht sie zu Boden. „Sorry das war dumm v-", „Nein du hast ja recht, nur ich vergesse das eben manchmal, aber heute konnte ich nur nicht mehr einschlafen.", „Na dann brauchst du jetzt erst recht einen starken Kaffe! Na los.", „Marco?", „Ja?", „Du musst das nicht tun. Ich-". „Schh!", drückt er mir seinen Finger auf die Lippen. „Ich will es aber und jetzt komm.", nehme ich ihre Hand und ziehe sie vom Bett hoch.

Die Eisprinzessin...(Marco Reus FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt