Kapitel CXLIX

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Keine Ahnung wie lange wir so am Boden sitzen, doch das ist mir völlig egal. Ich möchte sie einfach nur festhalten und nie wieder loslassen. „Maus!", hauche ich immer mal wieder und presse sie dicht an mich. Mit der Zeit merke ich, wie sie ruhiger wird und ihr Atem gleichmäßiger. „Lass uns hoch zum Schlafen, hm?", flüstere ich leise. Langsam hebt sie den Kopf. Ihre verweinten Augen blicken mich an. Sanft streiche ich über ihre Wangen. „Ich liebe dich!", flüstere ich lächelnd. „Ich dich auch!", flüstert sie und küsst mich vorsichtig. Als Vivi aufstehen möchte merke ich schon, dass sie ziemlich schwach ist und so nehme ich sie kurzerhand auf meine Arme. Eigentlich wollte ich den anderen Bescheid geben, dass wir uns jetzt zurückziehen, aber da war keiner mehr. Vermutlich sind sie gegangen, als wir da zusammen am Boden saßen.

Dicht drückt sich Vivi an mich und fährt mit der Hand unter meinen Pulli. „Es tut mir leid.", haucht sie dann. Verwirrt sehe ich sie an: „Was denn?". „Du hast dir Sorgen gemacht und ich rede nicht mit dir.", flüstert sie und sieht mich traurig an. „Maus, setzt dich nicht so unter Druck. Natürlich hab ich mir Sorgen gemacht, natürlich wollte ich, dass du mit mir redest, aber wenn du es nicht kannst, dann ist das eben so. Ich werde dich nicht noch zusätzlich unter Druck setzen! Hörst du?". Langsam nickt sie. „Ich werde es dir erzählen aber gerade bin ich einfach nur müde.", murmelt sie und schließt die Augen an meiner Brust. „Dann lass uns etwas schlafen!", lächle ich und küsse ihre Stirn. Es dauert nicht lange und schon schläft sie friedlich ein. Manchmal wünsche ich mir, dass ihr Leben so friedlich wäre, doch dann werde ich immer wieder daran erinnert, dass dem nicht so ist. Seufzend ziehe ich sie noch näher an mich und versuche ebenfalls etwas zu schlafen.

Als ich wach werde ist es bereits spät am Nachmittag und Vivi schläft immer noch tief und fest. Lächelnd streichle ich ihr Haar aus dem Gesicht und betrachte sie. „Hör auf mich anzuschauen! Ich kann so nicht schlafen!", grummelt sie und presst ihr Gesicht gegen meine Brust. Lachend drehe ich mich etwas und ziehe sie auf mich. „Wir sollten mal langsam aufstehen sonst können wir heute Nacht nicht mehr schlafen.", fahre ich vorsichtig ihren Rücken auf und ab. „Hm, kann schon sein. Will ich aber trotzdem nicht.", murmelt sie. Lachend schüttle ich den Kopf und sehe zu wie sich ein zufriedenes Lächeln auf ihren Lippen bildet. „Du hast deine Mum vermisst oder?", frage ich vorsichtig. Seufzend nickt sie. „Wer hat sie eigentlich angerufen?", möchte sie dann leise wissen. „Ich hab Roman gesagt, dass er sie anrufen soll. Ich konnte sehen, dass du ihren Kontakt am Handy offen hattest.", „Das hast du gesehen und dann hast du sofort gedacht ich möchte sie hier haben?", fragt sie verwundert. „Naja um ehrlich zu sein war es eher eine Verzweiflungstat.", seufze ich und hauche einen Kuss auf ihre Stirn. „Danke.", flüstert sie und drückt sich an mich. „Gerne. Hat sie dir denn etwas helfen können?", „Schon, aber sie hat mir auch ziemlich den Kopf gewaschen.", „Warum das denn?", lache ich. „Naja sie meinte ich müsse mehr mit dir reden und nicht immer alles mit mir selbst ausmachen. Aber das weiß ich und manchmal klappt das auch aber es gibt eben Tage, da funktioniert das nicht.", seufzt sie. „Mach dir keinen Kopf Maus! Das wird schon alles! Lass dir Zeit. Wollt ihr denn etwas unternehmen du und deine Mum?", lenke ich etwas vom Thema ab. „Ja, morgen wenn du beim Training bist.", „Und was habt ihr vor?", frage ich neugierig. „Wir gehen in den Zoo wenn es uns nicht zu kalt ist!", grinst sie. „Ach da wär ich auch gerne dabei. Wär zumindest nicht so anstrengend wie das Training.", murmle ich. „Du könntest ja zum Essen nachkommen!", schlägt sie mir vor. „Gerne!", lächle ich und küsse sie sanft. "Ich liebe dich Marco!", flüstert sie dann. "Ich liebe dich mein Mäuschen!", erwidere ich zufrieden. Mit geschlossenen Augen legt sie sich auf meine Brust. "Ich habe verdrängt, was gestern für ein Tag war und als Melanie dann noch genau die Frage gestellt hat, ist das alles irgendwie zu viel für mich geworden.", haucht sie. Sanft streichle ich ihre Arme auf und ab und frage bewusst nicht nach, um ihr keinen Druck zu machen. Plötzlich setzt sie sich auf und steht aus dem Bett auf. "Was ist los? Wo willst du hin?", frage ich sofort nach. "Ich muss etwas holen.", murmelt sie und verlässt das Zimmer. Wenige Minuten später kommt sie wieder und legt mir ein kleines quadratisches Papier auf das Bett. Verwirrt sehe ich zu ihr, wie sie sich auf mein Bett setzt, ihre Beine an sich zieht und mit ihren Armen umklammert. "Du musst es umdrehen.", wispert sie und Tränen schießen ihr in die Augen. "Maus!", will ich sie umarmen, doch sie schüttelt nur den Kopf. "Dreh um!", wiederholt sie ihre Aufforderung. Vorsichtig nehme ich das keine Stück Papier in die Hand und drehe es um. "Ist das deines?", hauche ich entsetzt als ich glaube zu erkenne, was das in meinen Händen sein soll. "War es ....er hat es wegmachen lassen.", schluchzt sie. "WAS!", fahre ich entsetzt zu ihr rum. Weinend kauert sie sich auf dem Bett zusammen. "Vivi! Es...es tut mir so Leid!", stottere ich fassungslos und ziehe sie in meine Arme. "Nein. Mir tut es Leid. Ich weiß gar nicht warum mir das so viel ausmacht auf einmal. Schließlich war es nur wenige Wochen alt.", schnieft sie. "Aber das hat doch damit überhaupt nichts zu tun! Du warst schwanger! Du hast ein Kind erwartet, dein eigenes Kind. Auch wenn das für dich wohl anders gewesen sein mag hast du bereits eine Bindung zu dem Kleinen aufgebaut!", hebe ich ihr Kinn an. "Aber ich war doch noch so jung.", "Das spielt keine Rolle Vivi! Das war dein eigenes Kind! Deine Tochter oder dein Sohn.", "Aber ich hätte es doch eh nicht behalten können! Schließlich war ich erst achtzehn! Was hätte ich denn da mit einem Kind gewollt und außerdem...", flüstert sie und blickt dann zur Seite. "Und außerdem was?", "Ich...ich hätte nur ein behindertes Kind in die Welt gesetzt.", haucht sie. "Was? Sagt wer?", fragte ich entsetzt nach. Sie antwortet nicht und das ist Antwort genug. Ich atme tief durch um mich etwas zu beruhigen, bevor ich ihr Gesicht vorsichtig in meine Hände nehme. "Maus, hör auf so etwas zu denken und vor allem hör auf ihm so etwas zu glauben. Er hat dein Kind getötet! Warum glaubst du ihm? Er hat dir so viel Leid zugefügt! Glaub ihm doch bitte nicht, Maus! Vielleicht hättest du das Kind auch wegmachen lassen, ja. Aber dann wäre es dein Wille gewesen! Du hättest es gewollt! Aber er hat dir die Entscheidung abgenommen. Er hat das ohne dich für dich entschieden, Maus. Das ist ein großer Unterschied. Und was soll das überhaupt heißen du hättest nur ein behindertes Kind in die Welt gesetzt. Ist es sicher, dass du dein Asperger weitervererbst?". Sie schüttelt den Kopf. "Wie viel Prozent?", frage ich. Verwirrt sieht sie mich an. "Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass du es weitervererbst? Oder willst du mir etwa sagen, dass du die genaue Prozentzahl nicht kennst?", frage ich grinsend. Mit einem leichten Lächeln schüttelt sie den Kopf. "50 Prozent!", fügt sie dann leise hinzu. "Siehst du! Es ist also gar nicht sicher ob du dein Asperger vererbst. Aber kommen wir mal zu dem viel wichtigerem Punkt. Findest du, dass dein Kind, dass Asperger hat, kein Recht auf ein Leben hat?", sofort schüttelt sie den Kopf. "Und findest du dein Leben so schrecklich, weil du Asperger hast?", wieder schüttelt sie den Kopf. "Und warum solltest du dann keine Kinder bekommen dürfen?", hebe ich ihr Kinn an, damit sie mir in die Augen sehen muss. Schulterzuckend sieht sie mich an. "Na also! Warum lässt du dir dann so einen Quatsch einreden?". Wieder zuckt sie mit den Schultern. "Vivi, du wärst eine fantastische Mutter! Das kannst du mir glauben! Schau doch nur wie gern dich Nico und Ömer haben. Wie gut du mit den beiden umgehen kannst. Sie lieben dich und du hast die beiden auch sehr gern. Meinst du nicht, dass es noch schöner wäre, wenn du irgendwann mit deinen eigenen Kindern spielen könntest?". Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen sieht sie aus dem Fenster. "Als kleines Mädchen habe ich mir immer ein Familie gewünscht. Mit mindestens zwei Kinder. Einem Jungen und einem Mädchen.", erzählt sie leise. "Na siehst du! Dem steht überhaupt nicht im Wege. Hörst du? Überhaupt nichts!", küsse ich ihre Stirn und ziehe sie nah an mich. "Danke.", wispert sie dann und blickt mir tief in die Augen. Lächeln beuge ich mich zu ihr runter und küsse sie sanft. "Lass dir nicht immer so etwas einreden. Du bist perfekt. SO wie du bist! Es ist dein Leben! Also entscheidest auch du, was du tust und was du lässt. Nur du alleine!", flüstere ich und küsse sie nochmals. Fest umarmt sie mich danach und ich schließe meine Arme um sie. „Marco?", wispert sie leise woraufhin ich mich etwas von ihr löse um sie anzusehen. „Ja Maus?", frage ich. „Möchtest also...möchtest du Kinder?", fragt sie unsicher. Lächelnd küsse ich sie. „Wenn dann nur mit dir!", erwidere ich und bringe sie zum Strahlen.

Die Eisprinzessin...(Marco Reus FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt