Der verlorene Sohn {1 Part}

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„Dankeschön", bedanke ich mich und schaue den Blumentopf mit den Blumen an. Sie waren leuchtend gelb und passen perfekt in unseren Garten, der schon sehr dicht bepflanzt mit den verschiedensten Blumenarten ist. Eigentlich wollte ich nur ein paar wenige Blumen pflanzen, aber irgendwie war dann der andere Teil des Gartens ohne Pflanzen...Komisch. so leer. Also habe ich noch mehr Blumen gepflanzt. Und so ging es weiter, bis letztendlich der halbe Garten voll mit Blumen war. Aber jetzt konnte ich den Rest des Gartens unmöglich ohne Blumen lassen, also habe ich beschlossen weitere Blumen zu pflanzen, aber mir sind die Pflanzen ausgegangen und ich wollte Mert, unsere Hauselfen nicht darum bitten neue Blumen zu besorgen. Ehrlich gesagt wollte ich selbst auch wieder mal nach draußen gehen, denn seit das mit meinem Onkel passiert ist, habe ich mich voll und ganz auf den Garten konzentriert und mir sogar von der Arbeit freigenommen, denn ich kann George einfach nicht sehen.

Er wurde sofort wissen, was los ist und ich bin ehrlich gesagt noch immer nicht bereit mit ihm darüber zu reden. Wie auch? Ich habe ihm vertraut und wollte niemals glauben, oder gar eine Sekunde erwägen dass er meine Eltern umgebracht hat. Mein Onkel war nie nett zu mir gewesen oder ähnliches, trotzdem war er meine Familie. Der einzige der noch übrig war. Wir haben so viel Zeit zusammen verbracht, auch wenn er es ausschließlich des Geldes wegen getan hat. Deshalb hat er mich vermutlich auch bis zu mein zwanzigsten Geburtstag bei ihm behalten, damit er auch an das letzte Geld meiner Eltern rankommen konnte. Ich habe mitgekommen, dass er die Firma vor einem halben Jahr verloren hat, aber den Grund dafür habe ich nie erfahren. Mir war Geld noch nie besonders wichtig, also war mir das mit der Firma auch ziemlich egal und ich will von ihm auch kein Geld haben, wie Draco es mir vorgeschlagen hat. Er meint, ich könnte das Geld zurückbekommen und noch viel mehr, wenn ich erzählen würde, was mein Onkel alles mit mir gemacht hat. Er würde bestimmt eine Strafe wegen Körperverletzung bekommen, aber ich habe es abgelehnt. Denn ich will ihn ehrlich gesagt nie wieder sehen.

Der ganze Hass den ich an diesem Tag für ihn verspürt habe, war einfach ... angsteinflößend. Ich habe nie gedacht, dass ich sowas empfinden könnte. Ich habe Draco gesagt, er soll seine Wut einfach loslassen und mit sein Vater reden, um auf alle seine Fragen endlich Antworten zu bekommen. Ich weiß. Ich kann wahrscheinlich nie ... oder jetzt noch nicht mit meinem Onkel sprechen. Er will das bestimmt nicht, denn er hat sich nie wieder bei mir gemeldet, oder sich wenigstens bei mir entschuldigt, auch wenn es wahrscheinlich nichts bringen würde. Es war einfach... Irgendwann würde meine Wut weniger werden. Natürlich würde ich dafür Zeit brauchen und wahrscheinlich wird ein Teil der Wut für immer in mir bleiben, aber trotzdem versuche ich das Ganze zu verarbeiten und mit Dracos Hilfe werde ich es schaffen.

Draco hat sich diesen Tagen wirklich rührend um mich gekümmert und mir ist aufgefallen, wie nahe ihm das alles gegangen ist. Er schimpft dauernd über meinen Onkel und versucht mich auf seine Art aufzumuntern. Er hat Mert zum Beispiel befohlen mir mein Lieblingsessen zu kochen, oder mir jeden Morgen meinen Kakao ans Bett zu bringen. Dabei tut er immer so, als würde er nicht verstehen, warum eine erwachsene Frau morgens Kakao trinkt wie ein kleines Kind. Oder er früher von der Arbeit kommt um mit mir zu Abend zu essen, und dabei erzählt er mir was es in der Arbeit neues gibt. Er fragt mich auch jeden Tag, was ich so gemacht habe und hört mir genauso interessiert zu wie ich ihm. Manchmal habe ich das Gefühl, er möchte was nettes sagen, traut sich aber nicht und sagt stattdessen etwas gemeines. Viele Frauen wären wahrscheinlich mit der Zeit ziemlich genervt, ich aber nicht. Ich habe mich mit der Zeit an seine Art gewöhnt und irgendwie macht es mich glücklich? Komisch, oder? Was mich in Hogwarts an ihm genervt hat, macht mich jetzt glücklich. Schon seltsam.

„Miss", höre eine weibliche Stimme, die mich aus meine Gedanken reißt, und ich schaue verwirrt in das Gesicht einer älteren Frau, die mich mit lächelnd anschaut. Ich war anscheinend in meinen Gedanken versunken. Noch immer stehe ich in dem Blumengeschäft und halte den Blumentopf dicht an meine Brust gepresst. Dabei hat sich hinter mir eine Schlange gebildet und die Leute sehen mich leicht genervt an. Peinlich berührt drehe ich mich wieder zu der älteren Verkäuferin um und halte in der einen Hand den Blumentopf, während ich mit der anderen Hand in meiner Manteltasche nach meinem Geldbeutel suche. Als ich ihn gefunden habe, fummle ich ihn umständlich aus meiner Tasche und da ich in einer Hand den Blumentopf halte, bekomme ich das Geld nicht aus der Börse. Die Verkäuferin bemerkt dies und deutet an ihr den Geldbeutel zu geben. Sie nimmt ihn mir ab, entnimmt einen Geldschein und gibt mir meinen Geldbeutel wieder zurück, den ich wieder in meiner Manteltasche verschwinden lasse.

ZwangsheiratWo Geschichten leben. Entdecke jetzt