Als ich mir nach einer längeren Pause, in der wir beide einfach geschwiegen hatte, meine Worte einigermaßen zurecht gelegt hatte, fand ich auch endlich meine Stimme wieder. ,,Ich weiß wie das ist, einen geliebten Menschen zu verlieren und zu denken, dass jemand ihn ersetzen möchte. Ich verstehe dich. Und glaub mir, dass tut mir so leid, aber ehrlich, ich habe nichts von deiner Schwester gewusst und würde sie auch niemals ersetzen wollen. Sie war einzigartig, da bin ich mir sicher. Und auch wenn sie nur einen Tag alt geworden ist, sie ist sicher dennoch total stolz und glücklich auf und wegen ihrem großen Bruder." Meine Stimme war zittrig und in solchen Momenten hasste ich mich dafür, so nah am Wasser gebaut zu sein.
,,Danke, dass du mir das anvertraut hast. Ich werde mit niemandem darüber sprechen und ich denke, ich kann jetzt ein bisschen besser verstehen, warum du dich so vor mir schützen wolltest, warum du mir gegenüber immer wieder deine Meinung geändert hast und wohl auch, warum du Eleanor gegen mich aufgehetzt hast." Fügte ich noch hinzu und meinte es auch so. Meine Mitschüler in Dublin hatten keine Gründe, mich auszuschließen, mich zu ärgern und mich herumzuschubsen. Sie taten es einfach, weil ich der Stille war, der sich nicht wehrte. Der Junge, der keine Mutter mehr hatte und aus dem sicherlich nichts werden würde.
Zumindest redeten mir das dort alle ein und auch wenn es Schwachsinn war, ich glaubte ihnen. Das war dadurch einer der höchst gewichteten Gründe geworden, niemandem mehr vom Tod meiner Mutter zu erzählen. Auch Louis wollte ich das trotz seinem Vertrauensvorschuss noch nicht erzählen, ich wollte zunächst abwarten, wie sich das weiterhin zwischen uns entwickelt und ob wir wirklich Freunde werden können. ,,Danke Harry, du bist echt ein toller Mensch. Und was du mir vor wenigen Wochen erzählt hattest, bevor Eleanor uns unterbrochen hat, von wegen du bist zu Hause nicht sonderlich erwünscht, kann ich absolut nicht nachvollziehen. Rede dir das nicht ein, du bist etwas besonderes." Ich lächelte schwach und war erstaunt davon, dass Louis mir selbst in dieser Situation in der er es so schwer hatte, ein Kompliment machen konnte, um mich aufzumuntern.
,,Ich danke dir Louis. Aber wie wollen wir jetzt weiter zwischen uns verfahren? Wie wollen wir miteinander umgehen?" Fragte ich, worauf mir mein Herz gleich eine andere Antwort gab, als mein Verstand. Dieser sah es immernoch als sinnvoll, mich einfach von allem und jedem fernzuhalten, doch mein Herz riet mir, dass ich es alleine nicht schaffen könnte, egal wie sehr ich es versuchen würde. ,,Du kennst meine Position Harry, ich würde gerne sowas wie ein Bruder für dich sein und egal aus welchen Gründen du jetzt hier sein magst und unabhängig davon, ob du mir davon erzählen wirst, ich möchte dir helfen, darüber hinwegzukommen, damit es dir besser geht. Wie du es damals vorgeschlagen hattest, einfach einen Neustart wagen."
Louis sprach das sehr unsicher aus, wohl aus Angst, ich könnte ihm sofort widersprechen, doch in dieser Situation ließ ich mein Herz gewinnen. ,,Okay, ich hab zwar totale Angst davor, wenn ich ehrlich sein soll, aber diese Stille zwischen uns möchte ich auch nicht mehr, lass es uns probieren", beschloss ich also letztendlich und Louis umarmte mich freudig. ,,Danke Harry, du weißt nicht wie viel mir das bedeutet und wie viel Last jetzt von mir abfällt." ,,Ebenso Louis, es fühlt sich gar nicht so schlecht an. Aber wenn ich fragen darf, wie möchtest du das jetzt mit Eleanor regeln?" Fragte ich, Louis Unsicherheit färbte ein bisschen auf mich ab und ich war mir nicht sicher, wie er auf diese Frage reagieren würde, denn ich konnte mir vorstellen, wie tief der Betrug saß.
,,Ich wollte gleich zu ihr fahren und endgültig Schluss machen. Ich halte das nicht aus, noch einen Tag länger in einer Beziehung mit ihr zu sein." ,,Das ist wirklich stark von dir und das kann ich total verstehen. Aber bist du dir sicher, dass du das schaffst, bei den Erinnerungen die du grad in dir geweckt hast?" Ich nahm seine Hand in meine, um ihm ein wenig Halt zu spenden. ,,Du meinst mit meiner Schwester? Die Wunden sind weitestgehend verheilt Harry, ich meine es ist nun fünf Jahre her und die Narben bleiben für immer, ebenso die Ängste, aber das wird mich nicht davon abhalten, diese Betrügerin zu verlassen und es tat gut sich das von der Seele zu reden, es hat mir eigentlich nur noch mehr Kraft gegeben." Louis erwiderte das mit so viel Stärke, aber auch Wut in seiner Stimme, das sich mir die Nackenhaare aufstellten und ich nicht anders konnte als zu nicken.
,,Dann will ich dich nicht aufhalten. Ich denke Gemma und ich werden was unternehmen, also weiß ich nicht, ob ich hier sein werde wenn du zurück kommst. Louis, wenn du jemanden zum reden brauchst, dann ruf mich einfach an." ,,Genieß du lieber die Zeit mit deiner Schwester, wir sehen uns ja spätestens heute Abend." Louis umarmte mich, verabschiedete sich damit gleichzeitig schonmal von mir und ging dann ins Bad, um sich fertig zu machen. Seufzend ging ich aus seinem Zimmer, verarbeitete die Ereignisse der letzten Stunde und war schon beinahe von mir selbst überrascht, dass Louis und ich einander nun tatsächlich wie Brüder handhaben wollten.
Dennoch brachte mich dieser Gedanke auch zum Lächeln und so ging ich in mein Zimmer, wo Gemma mit ihrem Handy auf dem Bett lag. Kaum das sie mich bemerkt hatte, legte sie dieses weg und sah mich neugierig an. ,,Erzähl! Habt ihr es geschafft, endlich das Kriegsbeil zu begraben?" Sie setzte sich aufrecht hin und zog mich stürmisch zu sich, was mich zum Lachen brachte. ,,Gemma ganz ruhig", schmunzelte ich, gab ihr dann aber die Antwort die sie so unbedingt hören wollte, ,,ja, ich denke, wir haben es geschafft, sowas wie einen Neuanfang zu starten." ,,Das ist toll Harry, aber was ist da gestern Abend passiert, dass ihr plötzlich so innig miteinander wart?" Fragte sie und zog vielsagend eine Augenbraue hoch.
,,Es ist sicher nicht das passiert was du denkst", zischte ich und boxte ihr leicht gegen die Schulter, was sie nur noch mehr grinsen ließ. ,,Ich hab Louis' Freundin beim Fremdknutschen erwischt und ihm das halt gesagt, denn ich fand, egal wie das zwischen uns steht, er hat nicht verdient das so mit ihm gespielt wird. Natürlich war er niedergeschlagen und deshalb wollte ich für ihn da sein, so gut ich konnte. Naja auf jeden Fall haben wir dann noch über ein paar andere Sachen gesprochen und die rücken Louis in ein ganz neues Licht. Er ist nicht so übel wie er getan hat, er hatte seine Gründe, aber die haben wir geklärt. Und darum haben wir beschlossen, so etwas wie Brüder zu werden, so gut es eben geht."
Stolz lächelte Gemma mich an. ,,Siehst du Harry, es kann sich alles zum besseren wenden, wenn man ehrlich zueinander ist und verzeihen kann. Man muss nicht immer in Stille gehüllt sein, um sich selbst zu schützen. Manchmal kann man sich am besten schützen, wenn man eine Person hat, der man vertrauen kann." Sprach sie und mal wieder wunderte ich mich, wie sie in so jungen Jahren schon solche tiefgründigen Sprüche hergeben konnte. ,,Es wird sich zeigen, ob ich Louis vertrauen kann. Ich gebe ihm noch eine Chance ja, aber es dauert sicher noch, bis ich ihm das mit Mum erzählen kann. Von meiner Sexualität und all den anderen Geheimnissen mal abgesehen."
Gemma seufzte, nickte aber dann. ,,Damit hab ich schon gerechnet. Aber schließ Louis nicht wieder aus, denn damit schließt du nur dich selbst aus. Du musst wieder vertrauen in dich selbst und andere finden, so wie du es bei Niall und Liam auch geschafft hast. Sie werden dir sicher dabei helfen, auch Louis mehr in dein Leben zu lassen. Er ist kein schlechter Kerl, aber das ihr einen Neustart wagt, ist schonmal nicht schlecht. Und du wirst sehen, wenn dieses Jahr hier um ist, hast du nicht nur eine leibliche Schwester, sondern auch noch einen Bruder, der hier sitzt." Gemma legte ihre Hand auf meine Brust, genau dort, wo mein Herz lag, um mir zu symbolisieren, dass ich Louis in mein Herz lassen sollte. Ich lächelte nur, in der Hoffnung darauf, dass sie Recht hatte und sich jetzt wirklich alles bessern würde.
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Würdet ihr auf Gemma hören? Und glaubt ihr, Harry und Louis könnten tatsächlich sowas wie Brüder werden?Ich würde mich über ein paar mehr Kommentare freuen, da die in letzter Zeit leider nachlassen :( Sei es zum Kapitel oder allgemein zur Geschichte, denn sowas motiviert❣
All the love xx
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Lovely Silence - Larry Stylinson
FanfictionEin Tag kann alles verändern. Harry ist gebrochen und seine Familie kann das nicht mehr mit ansehen, zulange hält die Situation jetzt schon an. Sie schicken den stillen Teenager zu alten Freunden, an einen Ort, fernab von Zuhause, wo er zur Ruhe ko...