Die ganze Nacht über verbrachte ich im Louis' Armen. Während er schlief konnte ich kaum ein Auge zu tun, denn immer wieder schlich sich die Frage in meinen Kopf, was ich hier eigentlich tue. Ich wollte ihn ignorieren, um mich selbst zu heilen, um dieses Jahr zu überstehen, aber das schien jetzt gar nicht mehr möglich. Zayn hatte recht gehabt, Louis hatte es mir angetan und ich wollte gar keine Stille mehr zwischen uns, ich wollte endgültig Frieden für dieses Jahr.
Da ich mit meinem Kopf immernoch auf Louis Brust lag spürte ich jede einzelne Bewegung und bemerkte, als seine Atmung etwas schwerer wurde, ein Zeichen dafür, dass er jeden Moment aufwachen würde. Deshalb setzte ich mich langsam im Bett auf, um einer weiteren unangenehmen Situation zu entgehen. Im Schneidersitz, auf der weichen Matratze sitzend, konnte ich es mir nicht nehmen lassen, den schlafenden Louis zu beobachten, bis er langsam aufwachte. Er sah so friedlich aus, dass ich kurz vergaß, was wir in der letzten Zeit durchgemacht hatten. ,,Guten Morgen", grummelte er, seine raue Morgenstimme trieb mir eine Gänsehaut auf die Arme. ,,Morgen, wie fühlst du dich?" Fragte ich besorgt, musterte seine Gesichtszüge auf eine versteckte Antwort hin.
,,Gut", antwortete Louis, warf sich die Bettdecke vom Körper, schnappte sich Feuerzeug und eine Zigarette aus der Schachtel und stellte sich ans Fenster, um eine zu rauchen. ,,Glaub ich dir nicht", entgegnete ich schnippisch. Seine Statur spannte sich an und automatisch stand er nicht mehr entspannt angelehnt am Fenster. ,,Sag mir was du gerade fühlst", bat ich, war aufgestanden und hatte mich neben ihn gestellt. ,,Als hätte man mir das Herz rausgerissen und Eleanor zun Frühstück vorgeworfen, wenn du es so genau wissen willst okay? Ich bin wütend, enttäuscht aber auch ein wenig erleichtert das ich es jetzt mit Gewissheit weiß. Dennoch lindert das nicht den Schmerz, den sie verursacht hat", gestand Louis ehrlich, was in mir nur noch mehr Mitleid für ihn hervorrief.
,,Was kann ich für dich tun?" ,,Ich möchte das einfach mit dir klären Harry bitte, ich will keinen Streit mehr zwischen uns. Ja, wir hatten einen holprigen Start, aber da wären wir sicher nicht die ersten. Und es würde mir eine große Last vom Herzen nehmen, wenn wir endlich Frieden schließen könnten." Louis sah ziemlich ernst aus, drückte den letzten Stümmel seiner Zigarette in dem Aschenbecher aus, der auf der Fesbterbank bereit stand. ,,Okay, dann klären wir das jetzt", entschloss ich mich, sah mittlerweile doch wieder einen Sinn darin, mit Louis Frieden zu schließen, anstatt einander zu ignorieren.
,,Mir ist bewusst, das ich nichts rückgängig machen kann, von dem was passiert ist, das hast du mir klar deutlich gemacht, aber ich hatte gehofft, das mit schöneren Erinnerungen zwischen uns zu ersetzen. Wir müssen nur bereit sein, welche zu schaffen, an die wir uns erinnern können." ,,Das klingt wirklich schön Louis, aber eine Frage muss erlaubt sein, wieso hattest du solche Angst, dass deine Mutter mich lieber haben könnte, als ihren Sohn?" Fragte ich, konnte förmlich hören wie sein Herz zusammensackte, da dieses Thema ihm wohl etwas schwerer fiel. Erneut zündete er sich eine Zigarette an und auch, wenn ich das absolut nicht gutheißen konnte, ließ ich ihn gewähren. Wenn das wirklich beruhigend wirken sollte, dann schien er es gerade sehr nötig zu haben.
,,Das hätte ich dir gerne schon an dem Tag erzählt, als Eleanor dazwischen geplatzt ist und alles in die Brüche gegangen ist zwischen dir und mir." Louis atmete tief durch, bevor er etwas von dem giftigen Zeug inhalierte. Seine Augen wurden glasig, als müsste er jeden Moment anfangen zu weinen, doch er blieb stark. ,,Es ist lächerlich sie zu vermissen. Ich habe sie nur einmal im Arm gehalten", murmelte der blauäugige, schien in diesem Moment mehr mit sich selbst zu sprechen und raufte sich die Haare. Ihn so verzweifelt zu sehen schmerzte selbst mir im Herzen, denn es erinnerte mich an meine Zeit, als ich noch in Irland zur Schule ging.
,,Lou, wovon sprichst du?" Ich hoffte, ihm mit dem Spitznamen ein wenig Geborgenheit zu schenken und fuhr mit meinen Fingern seinen zittrigen Unterarm entlang. ,,Versprich mir, dass du niemandem davon erzählst. Nur Zayn weiß es und das soll auch so bleiben." Ich nickte heftig und versuchte Louis all den Trost zu spenden, dem ich ihn geben konnte. ,,Ich hatte eine Schwester." Es lag in der Luft, wie schwer es Louis fiel diese Worte auszusprechen und auch ich musste schwer schlucken. Ich hatte eine Befürchtung was als nächstes kommen würde und das ließ mich schon jetzt Louis Verhalten in so vielen Ebenen nachvollziehen können.
,,Als sie geboren wurde, meine Mutter hatte so gestrahlt und ich konnte in ihren Augen all die Liebe sehen, die sie für dieses Baby empfand. Ich war schon dreizehn, als meine Mutter nochmal schwanger wurde, aber ich freute mich so unendlich, großer Bruder zu werden. Die Zeit danach hat Narben hinterlassen. Als meine Schwester zur Welt kam, da war ich gerade in der Schule, aber meine Oma hatte mich sofort abgeholt und zu Mum ins Krankenhaus gefahren. Ich werde nie das Bild vergessen, welches sich vor mir erstreckt hatte, als wir angekommen waren. Mein Vater hatte das Baby auf dem Arm und meine Mutter lag erschöpft aber seelig lächelnd in ihrem Bett, war noch etwas benommen vom Kaiserschnitt." Louis lächelte bei den Erinnerungen, zog noch einmal an seiner Zigarette, bevor er sie ausdrückte.
Ich schwieg und hörte aufmerksam zu, wollte mir jedes Detail einprägen um auf jede folgende Situation vorbereitet zu sein. Nur leider kann man sich nicht auf alles vorbereiten. ,,Natürlich wollte ich meine kleine Schwester dann auch mal halten und sie hat mich direkt angelächelt, als sie bei mir auf den Arm kam. Zumindest hatte ich es im Gefühl, dass sie glücklich war." Louis machte eine kurze Pause, schaute aus dem Fenster und das Lächeln verschwand langsam. Dennoch gab ich ihm alle Zeit der Welt, denn er öffnete mir gerade sein Herz, ein Geheimnis von dem sonst nur Zayn und seine Familie zu wissen schien, um mit mir in Zukunft Freundschaft zu schließen. Er gab mir sein Vertrauen, als stille Aufforderung, dass auch ich ihm vertrauen könnte.
,,Als wir abends zu meiner Oma gingen war noch alles gut. Mein Vater blieb noch bei Mum und dem Baby im Krankenhaus. Ich hatte dabei nur den nächsten Tag im Kopf und auch meine Oma war überglücklich. Doch in der Nacht erreichte sie dann plötzlich ein Anruf, während ich im Nebenzimmer nichtsahnend schlief. Meine Schwester hatte in der selben Nacht einen Herzstillstand erlitten, einfach so, ganz plötzlich und unvorhersehbar, die Ärzte konnten nichts für sie tun." Louis schüttelte den Kopf einmal, als wolle er alle negativen Gedanken aus seinem Körper verbannen und sah mich dann das erste Mal wieder an, seit er die Erzählung begonnen hatte.
,,Deswegen hatte ich Angst, du wärst hier als Ersatz für meine tote Schwester und deswegen konnte ich dich nicht ausstehen. Es war dumm von mir, dass weiß ich, aber Mum hatte mir auch nichts gesagt, nur immer gelächelt wenn wir über deine Anreise gesprochen haben und was soll ich dann bei unserer Vorgeschichte denken? Aber als ich dich mit Gemma gesehen habe, da wurde mir nochmal ganz deutlich, dass sich etwas ändern muss. In dem Moment als ihr euch das erste Mal nach so langer Zeit umarmt habt, da habe ich meine Schwester auch wieder so schrecklich vermisst, doch mir wurde auch bewusst, dass meine Mutter sie niemals ersetzen wollen würde." Nachdem Louis zu Ende gesprochen hatte, mussten wir beide erstmal tief durchatmen und ich mir meine nächsten Worte genau überlegen. Wie furchtbar muss er sich gefühlt haben, seit ich hier bin, ständig mit diesen Hintergedanken im Kopf?
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Jetzt kennt man den Hintergrund für Louis ablehnendes Verhalten gegenüber Harry. Könnt ihr ihn verstehen?
All the love xx
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Lovely Silence - Larry Stylinson
FanficEin Tag kann alles verändern. Harry ist gebrochen und seine Familie kann das nicht mehr mit ansehen, zulange hält die Situation jetzt schon an. Sie schicken den stillen Teenager zu alten Freunden, an einen Ort, fernab von Zuhause, wo er zur Ruhe ko...