Kapitel 11

94 4 0
                                    

"Na gut. Du weißt, du kannst immer auf mich zählen, Hannah." "Danke, Lene. Tristan hat echt Glück mit dir", versicherte ich ihr und kam mir sofort wie ein Arschkriecher vor. Sie lächelte als Antwort. "Komm, lass uns einen Kuchen essen und Tee trinken", schlug sie vor und nahm wie selbstverständlich meinen Arm, um mich die Treppe hochzuführen.

Dann wies sie auf die grün geblümte Hängematte neben dem Sofa. "Mach's dir gemütlich." "Soll ich dir wirklich nicht helfen?", hakte ich nach. "Ach komm, jetzt fang nicht auch noch so an wie Tristan! Ich krieg das schon hin. Aber danke, Hannah." "Kein Problem", murmelte ich und ließ mich erschöpft in die Hängematte fallen.

So bequem war es schon lange nicht mehr gewesen. Ich war nur noch Autorückbänke, Maisfelder und mein hartes Bett gewohnt. "Hannah?", kam es aus der Küche. "Was denn?", rief ich zurück. "Magst du lieber Erdbeertorte oder Schokokuchen?", fragte sie. "Das, was besser schmeckt", antwortete ich, weil ich mich zwischen den Leckereien nicht entscheiden konnte. "Okay. Und was für Tee? Apfel oder Pfefferminz?" "Ich nehm Pfefferminz", antwortete ich, da ich Früchtetee nicht sonderlich mochte. "Kommt sofort", flötete Marlene.

Zehn Minuten später saß ich mit einem Stück Torte in der Hängematte, Lene daneben in einem Sessel, und schaufelte den traumhaft saftigen Erdbeerkuchen und den unglaublich leckeren Schokokuchen in mich hinein und schlürfte literweise den erfrischenden Tee.
"Schmeckt super", kommentierte ich, die Tasse zum Mund führend. "Freut mich!", gab sie mit leuchtenden Augen zurück. Auf einmal hielt Lene sich schmerzerfüllt den Bauch.
"Alles okay?", fragte ich besorgt. "Ja, alles gut. Das sind nur die Übungswehen. Das ist normal, obwohl sie bei mir schon ziemlich früh da sind", stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Wieder fuhr eine Wehe durch ihren Bauch, woraufhin sie leise aufschrie. Ich stand auf und sah sie prüfend an. ,,Soll ich Tristan anrufen? Bist du dir sicher, dass es nur Übungswehen sind?".

Ich beschloss, erst einmal davon auszugehen, dass sie recht hatte und das alles normal war und versuchte, es ihr so leicht wir möglich zu machen, indem ich erstmal unser Geschirr wegräumte und sie dann in ein paar Kissen vom Sofa und eine Decke einbettete.

Ich wusste nicht, was los war mit ihr, jedenfalls war ich mir sicher, dass es nicht normal war, wenn die 'Vorwehen' sie so schmerzten. Sie flippte total aus, sowas konnte doch nicht normal sein?!

Ich versuchte, sie über ihr Stöhnen hinweg zu fragen: "Lene, geht es dir wirklich gut?" Aber natürlich konnte sie unter ihren Schmerzen nicht antworten. "Ich hole jetzt Hilfe, Marlene, bitte stell keinen Blödsinn an!", rief ich ihr noch zu, bevor ich mich auf der Toilette einschloss, um Lenes Geschrei im Hintergrund zu dämpfen.
Dann zückte ich mein Handy. Eigentlich wollte ich nicht zu Hause anrufen, sie sollten nicht wissen, wo ich war, ich wollte viel lieber noch ein paar Stunden hierbleiben und mit Lene Kuchen essen und fröhlich plaudern. Doch das ging nicht. Ich musste ihr helfen, ihr ging es nicht gut. Entschlossen wählte ich die Festnetznummer von zu Hause.

"Hallo?", sagte jemand in den Hörer. Es war eindeutig Jenoia, einer meiner kleineren Brüder. Warum er so einen bescheuerten Namen hatte, der klang, als wäre seine Mutter kurz vor der Geburt der Psychiatrie entflohen? Ganz einfach: als sie sich den Namen ausgedacht hatte, war sie sehr betrunken gewesen. Wir alle nannten ihn nie bei seinem vollen Namen. "Jeni, bitte hol Tristan! Schnell! Es ist ein Notfall", sagte ich.

"Was kriege ich dafür?", fragte er frech. Das war ja mal wieder typisch. "Gar nichts!Jetzt halt dein Maul und hol Tristan her, aber sofort!", schrie ich, da ich jetzt keinen Bock auf Diskussionen hatte.
"Was ist denn so wichtig? Sind dir die Klingen ausgegangen oder was?"

Das reichte! Wie redete der denn mit mir, wo er doch drei Jahre jünger war?! "Das geht dich nen Scheiß an und jetzt hol sofort Tristan, bevor seinem Kind was passiert! ", brüllte ich so laut, dass sogar Lene vor Schreck kurz verstummte.

Einen kurzen Augenblick herrschte komplette Stille, dann hörte ich Tristans tiefe Stimme am anderen Ende der Leitung. Endlich. "Hallo?" Fragte er. "Hallo, Tristan-" "Hannah! Was ist los?! Wer schreit da im Hintergrund? Wir haben dich überall gesucht!" "Tristan, bitte komm schnell. Ich glaube, Lene bekommt das Kind", sagte ich panisch.

FuckedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt