Kapitel 36

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Ich verstand nicht recht... wo war ich? Wieso war mir so verdammt schlecht?,,Was is los?" lallte ich benommen. ,,Du bist im Krankenhaus, weißt du wieso?".

Im Krankenhaus??? Ich muss schnell weg von hier!

Ruckartig richtete ich mich auf, um zu gehen, doch es war zu ruckartig, denn mein Kopf dröhnte immer noch. Als ich noch ein kleines Kind war, war ich nie krank, nie im Krankenhaus und jetzt auf einmal ständig, ob wohl ich diese weiße, sterile Hölle so sehr hasste. Ich hasste sie schon seit dem ich meine Oma einmal besucht hatte im Krankenhaus, kurz bevor sie starb.

Ich war damals noch klein und hatte seit dem Panik von Ärzten und Krankenhäusern. Meine Oma hing an verschiedenen Kabeln und Schläuchen und ich befürchtete damals, dass mir dasselbe passieren würde, wenn ich ins Krankenhaus gehen würde, was natürlich dumm war, zu denken. Jetzt war ich jedoch verkabelt und hatte nach Tristans Erzählungen bis gestern einen Schlauch im Hals. Ich konnte mich nur an ein paar Bruchstücke erinnern, Cedrik wollte mit mir schlafen, ich nicht und dann hörten die Erinnerungen auf.

Nachdem ich Tristan mehrmals darum gebeten habe mir alles zu erzählen, tat er es widerwillig doch. ,,Hannah, du hättest sterben können." begann er.

Wie schlimm

,,Du hattest eine Alkoholvergiftung, die Ärzte haben dir den Magen ausgepumpt." sagte er und ich schaute ihn nur angeekelt an. Das erklärte allerdings die Übelkeit...

,,Es tut mir so leid, ich wollte nicht so lange trinken, bis ich umkippe, es war kein Versuch mich umzubringen. " platzte es aus mir heraus. ,,Tristan bitte glaub mir." flehte ich ihn an. ,,Hör auf Hannah! Ich will das nicht hören." Wutentbrannt sprang er von seinem Stuhl auf und lehnte sich an die Wand.

,,Wieso verdammte Scheiße, hattest du dann eine Klinge in der Hand !" schrie er mich an.

,,Ich wollte mich nicht umbringen, ich war verzweifelt. " sagte ich. ,,Dann sag mir jetzt sofort die Wahrheit über den Freitag." er stellte mir ein Ultimatum. Ich zögerte, es war so verdammt peinlich ,dass ich auf Cedrik reingefallen war.

,,Ich höre?... Du weißt, dass du, wenn du das hier nicht klar stellst wegen einem Selbstmordversuch in eine psychiatrische Einrichtung gesteckt wirst." Ich hatte anscheinend keine andere Wahl. ,,Cedrik wollte mich fick... mit mir schlafen, doch ich wollte nicht. Er hat mich abgefüllt und ich hab's nicht mal gerafft. " schluchzte ich. ,,Bitte steck mich nicht in die Klapse!" Er war offenbar noch nicht mit meiner Antwort zufrieden ,,Bitte was? Cedrik war zu dem Zeitpunkt doch längst zuhause und die Klinge erklärt das immer noch nicht." stellte er verwundert fest, also versuchte ich wieder mit den wenigen Bruchstücken, die ich hatte über den Abend, alles etwas genauer zusammen zu fassen. ,,Ich spreche mit der Ärztin darüber wann du nachhause darfst, ich bin gleich wieder da.

Ich ließ mich wieder auf weiße, sterile Kissen fallen, sodass mein Kopf wieder dröhnte und schmerzte. Scheiße wie viel hab ich denn bitte getrunken, um im Krankenhaus zu landen? Ich richtete mich wieder auf und krabbelte an mein Bettende. Eine Krankenkarte war am Ende befestigt worden, mit meinem Namen und all den wichtigen Informationen. ,,Hannah Wegner, 17 Jahre, mittel schwere Alkoholintoxikation, Einlieferung: Freitag, der.." weiter wollte ich nicht lesen. Nun kam auch noch zu meinem ,,Glück" eine Krankenschwester mit einer Ärztin in mein Zimmer.

,,Na Hannah, wie geht's uns denn?" sie lächelte mich an und begann damit meinen Blutdruck zu messen. ,,Beschissen." gab ich pampig zurück. Wenigstens lachte sie und war nicht so spießig, wie die Krankenschwestern, die ich bisher kannte. ,,Kein Wunder, dir wurde der Magen ausgepumpt." sagte sie ernst. ,,Hab ich auch schon gehört, aber was ist mit dem Rest?" fragte ich. ,,Welchem Rest?" fragte sie verwirrt. ,,Dem Rest meiner Erinnerungen. Was ist passiert?" fragte ich.

,,Warte kurz, ich hole mal kurz deine Akte, dann sehen wir uns das mal an."sagte die Ärztin, sie verließ den Raum. Zeitgleich kam Tristan wieder herein. ,,So ich hab das jetzt abgeklärt, Ende der Woche wirst du entlassen, ich muss dann aber auch mal wieder." Ich an seiner Stelle wüsste auch nicht, was ich jemandem wie mir noch sagen sollte. Nach ein paar Minuten kam die Schwester wieder ins Zimmer.

,,So, wenn du's genau wissen willst, werde ich's dir jetzt bis auf's kleinste Detail vorlesen." sagte sie lächelnd. ,,Können sie nicht die ekelhaften Details auslassen?". Sie überlegte und sagte schließlich ,,Wenn du wissen willst, was passiert ist, bleiben die dir nicht erspart und abgesehen davon hätte ich sonst nichts mehr zum Lesen."

Sie begann ,,So Freitagabend, wurdest du anscheinend von einem Tristan Wegner gefunden, der dann auch den Notruf abgesetzt hat. Du hast dich noch ein paar mal übergeben und hast im Rettungswagen mit Beleidigungen um dich geworfen.

,,Scheiße..." flüsterte ich vor mich hin. ,,Soll ich weiter lesen?" fragte sie skeptisch. ,,Ja..." sagte ich vorsichtig, denn ich wusste nicht was mich noch erwarten würde. ,,Das mit dem Sachen rumschreien, ist unter Alkoholeinfluss typisch, da brauchst du dich nicht zu schämen. ' wandte die Krankenschwester ein.
,,So... dann wurdest du untersucht und man beschloss dir den Magen auszupumpen ,weswegen du jetzt auch an einer Sonde hängst, aber ich denke, dass hast du sicher schon mitbekommen. Der Grund , wieso du abgesehen von deinem hohen Promille bewusstlos geworden bist, ist, das du Ko Tropfen bekommen hast." Las die Ärztin weiter vor.

Warte was.

,,Das ist gar nicht möglich, ich hab doch die ganze Zeit direkt aus der Flasche getrunken..." dachte ich wieder mal laut. ,,Hat die Person auch aus der Flasche getrunken?" ich überlegte. ,,Ich glaube nicht..." bestätigte ich schließlich. ,,Ja, das erklärt sich dann wohl von selbst." stimmte die Schwester zu. ,,Ich muss dann auch mal wieder." sagte sie dazu und ging aus dem Zimmer. Hätte ich jetzt bloß mein Handy. Cedrik ist sowas von dran! Wenigstens hatte ich die erste Schulwoche jetzt schon fast verpasst, einer ausnahmsweise mal schöner Nebeneffekt.

Ende der Woche wurde ich dann tatsächlich entlassen, endlich mal kein leeres Versprechen. Tristan behandelte mich wieder wie ein zerbrechliches Glas, fragte mich was ich gerne essen würde, ob er mir helfen könnte. Er wollte den Vorfall mit den KO Tropfen der Polizei melden, aber dann würden mich alle nur noch mehr mobben.

Meine Gedanken schweiften allerdings auch nur darum, was am nächsten Montag in der Schule sein würde. Ich hatte mich bisher noch nicht getraut auf mein Handy zu schauen.

Hinter hervorgehaltener Hand tuschelten sie alle, alle, sogar die, die ich gar nicht kannte, als ich am Montag mit meinen mal wieder viel zu auffälligen roten Krücken in die Schule gehumpelt kam. Und da Tristan meinte, ich wäre von der ach so schlimmen Alkoholvergiftung noch zu geschwächt, lief er neben mir her und trug mir meine Tasche. Ich hörte nur gezischte Worte, winzige Bruchteile von dem, was die ganzen Schüler des Gymnasiums über mich lästerten, während ich an ihnen vorbeiging. Darunter waren Dinge wie „Hannah", „Cedrik", „gefickt" und „ohnmächtig". Hä? Woher wussten die denn von der freitaglichen Eskalation?

Jedes Mal, wenn ein Blick mich streifte, jedes Mal, wenn böse Dinge geflüstert wurden, ja, jedes Mal, wenn die Personen auch nur an uns vorbei liefen, sah Tristan ihnen lange in die Augen, so lange, bis sie schwiegen, ihren Blick abwandten oder hektischer und schneller als zuvor weitergingen. Er sagte nichts, er brauchte keine Worte, um den Menschen um uns herum bewusst zu machen, dass er seine kleine Schwester beschützen würde, dass er dafür die ganze Schule inklusive Direktorat und Sekretäre verprügeln würde, alle verstanden ihn, manche schneller, manche langsamer.

„Hannah", wisperte er mir irgendwann, als kaum noch jemand aus der schaulustigen Menge um uns existierte, zumindest nicht hier, zu. Fragend sah ich ihn an und schnaufte vor Anstrengung. Scheiß Krückenteile!

FuckedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt