Kapitel 25

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Dass sie hier war, konnte ich durchaus verstehen. Sie war einfach nur dumm.

,,Ich glaube, das ist Privatsache", gab Erna streng zurück.

Was? Sie wollte mich nicht verraten? Wo sie mich doch rausgeschmissen hatte...

,,Aber wieso denn? Ich dachte, wir sind eine Gemeinschaft!", rief sie aufgebracht, doch das Mädchen neben ihr, Maggy, glaube ich, schlug sie in die Seite, sodass sie den Mund hielt.

,,Schön, dass das geklärt wäre. Also, da wir heute keinen Besuch von Gemeindemitgliedern bekommen, werden wir unsere Gruppengemeinschaft stärken", erklärte Erna. Allgemeines Gestöhne folgte. ,,Das werden wir angehen, indem wir rausgehen und ein paar Spiele spielen, ganz wie früher."

Oh nein! Wo waren wir hier denn bitte? Im Kindergarten?
Wahrscheinlich wollte Erna mich bloß ärgern...

,,Also los, wir gehen jetzt in den Gemeinschaftsraum und suchen ein paar schöne Spiele raus. Hopphopp, alles mir nach!"

Ich erhob mich und nahm die roten Krücken vom Boden.

Erna kam sofort auf mich zugelaufen, während alle anderen den hallenartigen Raum verließen.

,,Kindchen, kann man dir helfen?", fragte sie in einem Ton, als sei nichts gewesen.

,,Ich dachte, du willst mich nicht mehr sehen. Schmeiss mich doch einfach aus dieser Gruppe raus, dann sind wir beide glücklicher", schlug ich schroffer als gewollt vor.
,,Ach je, ich glaube, wir müssen reden", stellte sie fest. Gott mir wird schlecht, soll sie mich doch Mal inruhe lassen...

Ich wandte mich um und verließ wortlos, jedoch mit den Augen rollend, den Raum, um in den Keller zu hinken.
Doch sie kam mir zuvor und schnitt mir den Weg ab.

,,Hannah, sei doch vernünftig! Hier, nimm den Aufzug."

Sie drückte auf den Knopf in der Wand und keine zehn Sekunden später war der Fahrstuhl da. Erna stieg mit ein und drückte auf U.
,,So, Madame, bitte aussteigen"

Sie versuchte alles, um lustig zu sein, aber ich strafte sie mit eisernem Schweigen.

Als wir endlich bei den anderen ankamen, warteten die schon ungeduldig auf uns. Erna schloss uns zügig den Kellerraum auf und wir traten ein.

Als wir einige Zeit später Mensch-ärgere-dich-nicht, Zwickmühle, Monopoly und viele weitere Gesellschaftsspiele gefunden hatten und uns auf die Wiese vor dem Gotteshaus setzten, freuten sich scheinbar alle auf die Spiele außer mir.

Ich hatte keine Lust darauf, den anderen zu zeigen, wie man sich bei sowas am besten zum Affen machte- denn ich verlor wirklich IMMER bei solchen Spielen.

Dementsprechend froh war ich, als Erna die Gruppen so mischte, dass auch die, die sich noch nicht so gut kannten, zusammengesteckt wurden, während sie mich dazu aufforderte, mit ihr zurück in die Kirche zu gehen.

,,So, Hannah. Ich möchte mit dir reden."
Mein Herzschlag beschleunigte sich sofort. Sie sah mich ganz komisch an, weder streng noch wütend noch bedauernd.

,,Ich bereue, was ich getan habe", sagte ich kalt bevor sie etwas sagen konnte.

,,Also willst du dich jetzt ändern?", hakte sie nach.

,,Nein, aber das ist auch meine Sache.", widersprach ich. Sie tat als hörte sie nicht, außerdem sollte sie sich lieber Mal entschuldigen bei mir, dafür dass sie mich eigentlich ja grundlos raus geworfen hatte.

Kurz bevor ich das Gebäude wieder verließ sagte ich noch: ,,ich werde nicht wiederkommen. Eine gottlose Schlampe wie ich gehört nicht in so ein prächtiges Haus."

Und damit wandte ich mich um und ging.

Ich entschied mich wieder dazu Tristan anzulügen , also sagte ich ihm nur, als ich an seinem Haus ankam ,,Die Gruppenleiterin und ich sind uns einig darüber, dass diese Gruppe mich eher wenig weiter bringt. Ich glaube einfach nicht an Gott und ich möchte nicht für jemand anderen so tun als würde ich das."
Tristan nahm mir meine Lügen eins zu eins ab und so sagte er ,,Okay, verstehe ich, das mit dem Glauben ist so ne Sache. Wie werden bestimmt was Soziales für dich finden, das nicht so gläubig ist." Na danke auch, wie aufmunternd. Wenigstens nahm er mir meine Lüge ab.

Ich ging in mein Zimmer und freute mich über meine geglückte Lüge und dass ich Erna jetzt nicht mehr sehen musste, da klingelte auf einmal das Telefon, ich konnte durch mein Zimmer nicht wirklich verstehen, was Tris sagte, aber es ging offenbar um mich.

,,Natürlich, ich rede nochmal mit ihr, danke nochmal für Ihren Anruf...Ja klar, das werde ich ihr ausrichten und natürlich haben Sie das nicht so gemeint." Scheiße, das muss Erna sein. Was hat sie ihm bloß erzählt!? Ich muss hier weg, ich kann Tris nicht die Wahrheit sagen...

Zu spät. ,,Hannah? Können wir mal kurz sprechen?" Widerwillig ging ich auf die Küche zu, in der Tristan stand. ,,Handelt es sich da etwa nur um ein "Missverständnis" mit der Gruppenleiterin?" er machte Anführungszeichen in die Luft.

Schon kapiert, ich habe dich angelogen.

,,Was hat die Gruppenleiterin gesagt?" ,fragte ich genervt. ,,Sie meinte, dass du durchgedreht bist als die mit dir reden wollte." Ich zuckte mit den Schultern.

,,Ich suche dir eine andere Gruppe, es tut dir bestimmt gut, wenn du auf andere Jugendliche triffst." Er drehte sich genervt von mir weg und griff wieder nach dem Telefon. In der anderen Hand hatte er verschiedene Broschüren, von denen er die Telefonnummern ablaß.

Ich verließ die Küche und steuerte wieder mein Zimmer an. Es fühlte sich seltsam an ,,MEIN Zimmer"
zu sagen. Es sah nicht aus wie ein personalisiertes Zimmer und ich fühlte mich auch nicht total willkommen in diesem Haus. Ich wusste, dass dies nicht der Wahrheit entsprach, aber Tristan sollte es doch eigentlich nerven, dass er durch mich nicht in Ruhe sein eigenes Leben leben kann, ohne sich um seine kranke Schwester zu kümmern. Wieder stieg mir dieses taube Gefühl den Hals hoch, alles zerstörte ich.

Hör auf zu denken, gleich denkst du wieder daran dich zu verletzen, aber was ist falsch daran sich zu verletzen, wenn man es verdient hat so wie du.
Selbst wenn ich mich jetzt verletzen wollte, mit was denn?

Ich könnte die Zigaretten nehmen, anzünden und dann die glühende Spitze in meinen Handrücken brennen.
Nein, ich darf mich nicht verletzen, ich muss es Tristan zuliebe lassen.

Ich nahm eine Zigarette aus der Packung, die noch immer am Fenster lag, ich stellte mir vor sie würde glühen.
Ich führe die Zigarette langsam zu meiner Hand und drücke sie dann auf meinem Handrücken aus. Sofort schmerzt die Stelle, natürlich, es ist Feuer, es ist brennend heiß. Es zischt. Der Schmerz ist schrecklich, aber verlockend. Ich ziehe die Zigarette wieder weg und und eine Brandblase ist zu sehen. Die Stelle, an der soeben noch die glühende Spitze war, pocht und schmerzt wahnsinnig.

,,Was machst du da, Hannah?" ich schlug die Augen auf, meine Hand war unbeschadet. Ich bohrte die Zigarette immer noch in meine Hand. Ich stoppte sofort damit. ,,Ach nichts, ich wollte die gerade aufräumen", stammelte ich.

FuckedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt