"Über mich gibt es nicht viel zu erzählen... Ich bin 17, ich habe 7 Geschwister..."
"Oh und was machst du so in deiner Freizeit, Hannah?" Ich schwieg, die Fragen nervten mich nur.
"Triffst du dich mit Freunden? Gehst du gern ins Kino...?"
"Ich hab zur Zeit keine Freunde", sagte ich trocken. Wie unsensibel.Er notierte sich offenbar, dass ich ein unsozialer Fall war ohne Interessen... "Was ist passiert, dass du auch deinen letzten Freund verloren hast, Hannah?", fragte er bemitleidend.
Ich überlegte noch was ich darauf antworten sollte, da platzte es aus mir heraus, unkontrolliert und ohne, dass ich es hätte verhindern können:
"Ich hab den Vater meiner besten Freundin gefickt, okay?", paffte ich.Es war seltsam, das so offen zu sagen, aber irgendwie auch erleichternd es mal jemandem ins Gesicht zu sagen. Er schaute mich nur entsetzt an. "Was?" Ich nahm meine Tasche und die Krücken und verließ das Zimmer.
Das war's. Ich hatte seine dämlichen Fragen satt und sein ständiges Notieren meiner Antworten.Tristan, der sich ins Wartezimmer gesetzt hatte nachdem er einen Parkplatz gefunden hatte, um mich später wieder mitnehmen zu können, sprang sofort von seinem Stuhl auf.
"Hannah? Was ist passiert?", fragte er entsetzt, doch ich humpelte nur davon. Als wir beide wieder im Auto saßen sagte Tristan:
"Du hättest es ja wenigstens versuchen können... mir zuliebe."
"Das habe ich, aber ich hab die Fragen satt, wie's mir geht oder was los ist!", paffte ich ihn an.
"Außerdem! Was bildet der sich ein, denkt der vielleicht, ih würde gleich drauf los reden und ihm alles erzählen?", fügte ich hinzu. "Ein Versuch war's wert... ich suche dir einen anderen Psychiater.", entgegnete er mir."Darf ich erfahren, was passiert ist?", fragte Tristan. "Ich habe ihm was erzählt, was ich jetzt bereue gesagt zu haben, und er hat nicht mal richtig darauf reagiert.", sagte ich beinahe etwas weinerlich.
Er drückte mich sofort. Ein Schmerz schoss durch meine Brust. Ich zuckte zusammen und stieß ihn von mir."Aua!" "Was ist los?", fragte Tristan geschockt. "Ich... ich weiß nicht." stöhnte ich. Tristan zog mein Shirt hoch, sofort zog ich es wieder herunter. "Spinnst du? Was sollte das denn bitte?", fragte ich ihn entgeistert. "Es sind die Schnitte, oder?", fragte er.
"Vielleicht", gab ich zurück. "Hannah, hast du die Fäden rausgezogen?", fragte er ernst. Ich nickte beschämt. "Lass es mich bitte sehen", sagte er.
"Du hast doch noch was drunter.", fügte er hinzu, also zog ich mein Shirt widerwillig hoch. Er musterte mich, zum Glück hatte er abgelegen geparkt, sonst würde man noch denken, Tristan würde mich befummeln.
"Also für mich sieht das so aus, als hätten sich die Schnitte entzündet", sagte er wissend. "Ich wusste nicht, was ich tat, als ich die Fäden gezogen habe...", sagte ich. "Aber das muss doch höllisch wehgetan haben...?", fragte Tristan, doch ich zuckte nur mit den Schultern.
,,Das ist dir also einfach alles egal?" fragte Tristan, doch ich antwortete wieder nicht- wie so oft an diesem Tag. Nach dem Tristan einen kurzem Moment in sich gegangen war stiegen wir ins Auto und er fuhr endlich los.
Er hielt an einer Apotheke, stieg aus und schloss das Auto ab. Ich fühlte mich wie ein dämlicher alter, verwahrloster Köter, dessen Besitzer ihn wohl bald abgeben muss, weil er ihnen zu viel Ärger machte. Ich weiß nicht wann ich das letzte Mal wie ein annähernd erwachsener Mensch behandelt wurde, schon viel zu lange fühlte ich mich nur benutzt und wie ein Stück Dreck, auf dem Alle herum trampelten und über das sich alle nur lustig machten...
Nach ein paar Minuten kam Tristan wieder aus der Apotheke heraus mit einer Tüte in der Hand. ,,Schmerzmittel und eine antibakterielle Salbe...Wenn das nicht hilft kommst du aber ohne Widerrede mit ins Krankenhaus, verstanden?", wieder dieser ernste Blick, als wäre er mein Vater...
,,Ich komm nicht mehr damit klar, dass du dich ständig um mich kümmern musst und mich behandelst als wäre ich ein kleines Kind." Sagte ich uns jetzt fühlte ich mich erst recht wie ein kleines,bockiges Kind.Wir fuhren auf eine Schnellstraße, die innerhalb von Zehn Minuten nachhause führte, Tristan hatte nichts auf meinen Ausraster entgegnet und dabei beließen wir es. Alles, was ich jetzt noch wollte war mich in mein Bett zu legen und zu schlafen. Das Schlafen schien mich am Leben zu halten , ich konnte für ein paar Stunden, wenn ich es fertig brachte solange zu schlafen, in eine schönere Welt entfliehen.
Ich wollte nur noch der grausamen Realität entkommen und alles vergessen, was ich heute wieder zu meiner inneren Liste der Scham und des schlechten Gewissens hinzu fügen konnte.
,,Damit man dich wie eine Erwachsene behandeln kann, müsstest du dich erstmal verantwortungsvoller benehmen. Und wenn du nicht möchtest, dass sich Jeder um dich kümmert, darfst du ihnen keinen Grund dafür geben..." sagte Tristan erbost.
,,Ich wünschte ich könnte sein wie jede normale 17-jährige...ich kann Niemandes Erwartungen an mich erfüllen... ich kann nicht mal aufhören mich zu zerstören weil ich mich so sehr hasse.." sagte ich und war überrascht von so viel Wahrheit aus meinem Mund.
Tristan sah zu mir rüber auf den Beifahrersitz ,,Ich möchte nicht dass du so tust als wärst du Jemand , der du nicht bist nur um uns glücklich zu machen...Alles was ich möchte ist, dass du dich nicht.." ich unterbrach ihn, als ich bemerkte, dass der Wagen von der Straße abglitt.,,Verfickte Scheisse Tristan !Schau auf die Straße!!!". Gekonnt drehte Tristan das Lenkrad um, um den Wagen wieder auf die Straße zu bewegen. Die Reifen schienen sich durch Quitschen regelrecht zu beschweren.
,,Scheisse Hannah...das war echt knapp." Schweißperlen begannen über sein Gesicht zu rinnen, er hob seine Hand , mit der er zuvor ruckartig das Lenkrad bewegt hatte an. An der Stelle am Lenkrad konnte man den Schweiß seiner Hände sehen. Er wedelte sich mit der Hand Luft zu und war sichtlich erleichtert , als er in unsere Strasse einbog.
Beim Aussteigen hielt er mir die Tür auf und gab mir nacheinander die Krücken. Ich war nicht nur ein Häufchen Elend, sondern auch ein gehbehindertes Häufchen Elend. Meine Mutter schien auf uns gewartet zu haben denn statt einem ,,Hallo" begrüßte sie mich nur mit einem ,,Geh in die Küche.", also befolgte ich ihre Anweisungen,um ihr nicht noch mehr zur Last zu fallen.
Ich hatte keine Befürchtungen, was ich angestellt haben könnte, von dem sie wusste. Tristan hätte kaum in der Apotheke telefonieren können und meiner Mutter alles petzen können, dafür war er viel zu gut erzogen. Er achtete immer auf die Bedürfnisse der anderen und deren Regeln. Ein Musterkind für meine Mutter.
Vorsichtig betrat ich die Küche, Jeni und Anne saßen am Tisch. Was hab ich angestellt ?
Meine Frage wurde sofort beantwortet, als hätte meine Mutter meine Gedanken gelesen.
,, Ich hab es satt ständig Fragen von deinen Geschwistern darüber beantworten zu müssen, wieso du dich so komisch benimmst und wieso du...naja..Du weisst, was ich meine. " Offenbar scheute sie sich das Wort ,,Ritzen" auszusprechen, da es die Realität war.
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Fucked
Teen Fiction'Mir geht es gut, ich habe das alles hinter mir gelassen', sage ich, aber meine Vergangenheit verfolgt mich und zerfrisst mich. Mir geht es nicht gut, ich kann nicht mehr. Die 17 jährige Hannah scheint nach außen hin wie ein gewöhnliches junges Mäd...