,,Morgen", trällerte ich und trat in die Küche. Meine Mutter stand am Herd und sah mich erschrocken an, auch Tyler, der am Tisch saß und sein Musli reinschlang, hielt inne und sah mich an. Sein Blick wanderte zu der großen alten Uhr an der Wand und dann wieder zu mir. ,,Es ist viel zu früh an einem Samstag", sagte er mit vollem Mund und ich lächelte. ,,Na und? Der frühe Vogel fängt den Wurm", meinte ich und Tyler zog seine Stirn in Falten. ,,Was verschafft uns die Ehre, dass du so gute Laune hast?", fragte meine Mutter und lächelte ebenfalls. Anscheinend gefiel es ihr, dass ich mal gut gelaunt an einem Morgen war und nicht wie sonst die erste halbe Stunde meines Tages schweige wie ein Grab...auch wenn das Tyler glaube lieber war....stopp Tyler war hier....aber Haily wollte doch zu ihrer Mutter. ,,Habt ihr Streit?", platzte es aus mir raus und ich sah Tyler an. ,,Nicht direkt", sagte Tyler knapp und schlang wieder sein Müsli rein. ,,Also indirekten Streit...ist der Sex so schlecht?", fragte ich und ließ mich auf dem Stuhl gegenüber von ihm fallen. ,,Also Dean!", meinte meine Mutter und ich zuckte nur mit den Schultern. ,,Ich versuche gerade den Streitgrund herauszufinden, also fangen wir lieber bei etwas offensichtlichen an", sagte ich und meine Mutter verdrehte die Augen. ,,Was soll das denn heißen? Haily kann mehr als nur zufrieden sein...und sowas kommt von der Jungfrau in unserem Haus", sagte Tyler und ich funkelte ihn wütend an. ,,Es ist doch so. Du urteilst über mein Liebesleben und selbst hast du noch nie eine Frau flachgelegt", meinte Tyler und aß einfach sein Musli weiter, als würde er das, was er da sagt, immer sagen und es wäre nichts schlimmes. Sowie ich meine Mutter kannte ignorierte sie diesen Streit, weil sie sonst ziemlich überfordert wäre, nichts gegen sie...aber Tyler nutzte in Streits immer seine Alphanatur, weshalb ich meistens verlor...und deshalb gab ich immer gleich auf. Hatte ja eh keinen Sinn mit dem Hornochsen zu streiten. Ich streckte ihm den Mittelfinger hin und stand auf.
Meine Zimmertür fiel ins Schloss und ich schmiss mich auf mein Bett, alter mein Tag war versaut. Ich würde nie mit einer Frau ins Bett steigen, also würde ich die ewige Jungfrau in seinen Augen sein, aber wenn er das von mir denken wird, na bitte...toller Bruder ist das, aber was erwartet man bitte schon von Tyler. Plötzlich räusperte es sich jemand hinter mir und ich schreckte zusammen. DAS hatte ich nicht erwartet! Ich sah ihn entgeistert an...okay Einbildung? irgendeine optische Täuschung? ,,Guck nicht so, als würde vor dir ein Geist stehen", meinte Tyler und ich setzte mich auf. ,,Naja kommt selten vor, dass du ohne mich anzubrüllen in mein Zimmer kommst", sagte ich und Tyler kratzte sich am Hinterkopf. ,,Ja...ähm, darüber reden wir wann anders okay? Wie wärs ne Runde jagen gehen?", fragte Tyler und sah mich fast schon entschuldigend an. Das war definitiv nicht mein Bruder vor mir...ein lila Alien in Verkleidung! ,,Du hast Stress mit Haily und jetzt brauchst du Ablenkung, die du bei mir suchst?", fragte ich und Tyler nickte. ,,Wer hat eigentlich kein Streit mit Haily?", fragte ich belustigt und stand auf. ,,Du und Mum, naja Mum und Haily reden nicht wirklich viel miteinander und wenn nur Smalltalk", meinte Tyler und ich musterte ihn. ,,Könnte mir endlich mal jemand erklären, was los ist?", fragte ich und Tyler seufzte wieder. ,,Im Auto", sagte er nur knapp und wir verließen mein Zimmer.
,,Also?", fragte ich sofort, als Tyler auf dem Fahrersitz landete. ,,Ich überleg mir das nochmal anders, ob ich es einen Nachmittag mit dir Nervensäge aushalte", seufzte Tyler und ich zuckte mit den Schultern. ,,Ich bin dein Bruder, langsam solltest du mich kennen", sagte ich nur und sah ihn weiterhin erwartungsvoll an. ,,Naja...Callum will, dass Haily in seiner Firma anfängt", meinte Tyler und fuhr vom Hof. Also das hört sich jetzt nicht schlimm an, aber Haily hasst ihren Vater und naja ist wiederum ein großer Liebesbeweis für Tyler, da sie immer noch hier wohnt und nicht bei ihrer Mutter. ,,Lass mich raten, Haily stellt sich quer. Callum hat ihr erklärt, dass sie an sich denken soll und die Chancen, die ihr das bietet und du schlägst dich ausnahmsweise auf seine Seite?", fragte ich und Tyler nickte. Tja, Hellseher und so. Naja das wusste ich eher, da ich letztens das Gespräch zwischen Haily und ihrem Vater belauscht hatte. ,,Haily hatte nie vor hier nach ihrem Studium zurück zukommen und wenn sie in Callums Firma einsteckt, bleibt ihr anfangs nichts anderes übrig", fuhr Tyler fort. ,,Ich kann sie verstehen", sagte ich und Tyler sah mich an. ,,Aber jetzt mal im Ernst, sie könnte da durch ein gutes Leben aufbauen und sie müsste sich keine Gedanken mehr machen, um Geld oder nen Job", meinte Tyler. ,,Aber sie wäre immer an Callum gebunden und das will Haily nicht. Du kennst sie, sie will an niemanden gebunden sein...und besonders nicht an ihren Vater", erklärte ich und Tyler fuhr aus der Stadt. ,,Ja schon...aber sie sollte es wenigstens mal bedenken", meinte Tyler und ich sah ihn skeptisch an. ,,Seit wann bist du denn der Vernünftige? Man Tyler, du würdest es doch auch nicht wollen an Callum gebunden zu sein...und wenn müssen wir ihre Entscheidung akzeptieren", sagte ich und musste innerlich über meinen Satz lachen. So etwas hohes und vernünftiges hatte ich ja lange nicht mehr von mir gegeben...der könnte von Haily stammen...oder von Stuart. Was er wohl gerade tut?
,,Wie kommt es eigentlich, dass du aus gerechnet mit mir jagen willst? Sonst schleifst du doch Jacob mit", meinte ich als ich aus dem Wagen stieg. Tja da waren wir also wieder, am Wald. Tyler hatte sich an den Anblick des Waldes gewöhnt, wo so viel schreckliches passiert war, weil er hier öfters jagen ging. ,,Weil wir nicht nur das wegen Haily besprechen müssen", sagte er und schloss seinen Wagen ab. FUCK. Haily hatte ihm wetten von Stuart erzählt und ich würde sicherlich einen Kopf kürzer, aber irgendwann musste es ja der Spast wissen, da er leider Gottes neben Haily mein Alpha war. ,,Auf was wartest du noch?", fragte Tyler und legte seinen Kopf schief. Er hatte sich schon längst verwandelt und stand als schwarzer Wolf vor mir. Ich verwandelte mich ebenfalls und sah ihn etwas respektvoll an. ,,Dann fang mal an mit deiner Standpauke", sagte ich und lief los. ,,Wieso denn ne Standpauke? Hast du schon wieder was angestellt, von dem ich wissen sollte?", fragte Tyler und holte mich auf. ,,Also hat die Haily nichts von Stuart erzählt?", fragte ich fast schon erleichtert und Tyler sah mich fragend an. ,,Was denn für nen Stuart?", ich lachte laut auf, Haily hatte es sich für sich behalten, also konnte ich es ihm ja vielleicht anders verklickern? Harmloser...so das er mich nicht umbringt, was zu einem ziemlichen Vorteil wäre. ,,Ach dann ist ja gut. Stuart und ich hängen jetzt ab und zu ab. Er ist ein Werwolf ohne Rudel, vielleicht hättest du mal wieder die Standpauke gehalten, dass du von Rudellosen Werwölfen nicht viel hälst. Oder was weiß ich", sagte ich knapp und log meinem Bruder damit kalt ins Gesicht, naja es war die halbe Wahrheit, also keine Komplette Lücke und das war doch gut. ,,Also jetzt mal im Ernst, denkst du echt, dass ich so ein Monster bin?", fragte Tyler lachend und stieß mich in die Seite, dass ich etwas strauchelte. ,,Vor Haily warst du echt ein Monster...und vielleicht schlummert das ganz tief in dir", sagte ich und Tyler knurrte aus Spaß. ,,Danke, Brüderchen", meinte er und schmiss mich um. Er stemmte sich auf meine Schlüsselbein und ich zuckte. Plötzlich verwandelten sich Tylers saphierblauen Augen in dunkelrote Augen und sein Fell nahm eine andere Farbe an, es war ein dunkles grau. Ich konnte spüren wie sich die drei Krallen in mein Schlüsselbein krallten, ja drei, dem Wolf hatten zwei Krallen gefehlt und das Knacken, was plötzlich durch mein Gehirn schallte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. ,,Dean verdammt was ist los?", fragte Tylers Stimme, aus dem Mund von dem fremden Wolf. Ich schloss meine Augen und versuchte mich zu beruhigen. Mein Herzschlag schlug unnormal schnell. Dean reiß dich zusammen! Dein Schlüsselbein ist geheilt und das schon seit einem Jahr und der Wolf der dich zu Boden gerissen hat, war dein Bruder! Tyler stieg von mir runter und musterte mich besorgt. ,,Hey Dean....was ist los?", wiederholte er und ich öffnete die Augen. Jetzt sah ich wieder in die Augen meines Bruders und ich atmete erleichtert aus. Es ist alles gut. ,,Ich hatte eine Art Déjà-vu, tut mir leid", sagte ich und rappelte mich an. ,,Du hast mich angesehen, als würde ich dich gleich umbringen! Du hast an den Kampf gedacht oder?", fragte Tyler besorgt und ich seufzte. ,,Es ist alles gut und wenn, ist es doch unrelevant oder?", sagte ich und streckte mich. In meinem Gehirn war immer noch dieser bittere Geschmack, meiner Erinnerungen und wenn ich sie nicht sofort wieder in die tiefste Ecke meiner Erinnerungen verbanne, geh ich daran kaputt. ,,Nein ist es nicht! Du sahst nicht gerade gut aus, eher so als hätte ich mich in diesen Wolf verwandelt....Dean", meinte Tyler und ich zuckte mit den Schultern. ,,Wollten wir nicht jagen gehen? Also was stehen wir hier dann noch dumm rum. Wie wärs mit einem saftigen Reh?", fragte ich und wollte gerade los laufen, also sich mir Tyler in den Weg stellte. ,,Nein. Wir gehen zurück zum Auto und holen uns bei der Dönerbude, ich setzt dich nicht weiter diesen Wald an. Hättest du nicht vorher sagen könne, dass dich das immer noch so mitnimmt", sagte Tyler schon fast vorwurfsvoll. ,,Digga mir geht es gut, echt", meinte ich und lächelte. ,,Innerlich aber nicht. Wir gehen zurück!" Dachte er echt, dass ich so ende wie er? Er hatte den Tod mit Hannah nämlich genauso verdrängt gehabt und naja, er war daran zerbrochen, jedoch war ich nicht so wie er und ich würde auch nie daran zerbrechen...ich brauchte nur Zeit und nur noch mehr Ablenkung um zu vergessen. Er sah mich den ganzen Tag nur noch mit diesem einen mitleidigen Blick an, was mich wütend machte, weil ich einfach Normalität wollte und nicht immer weiter daran erinnert werden, wie tief die Wunden noch saßen und wie unkontrollierbar ich durch die Erinnerungen war.
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Halbmond
WerewolfDean Clackson. Er sagt, was er denkt und macht an sich alles das, was er will. Für viele scheint er unverantwortlich und nimmt so gut wie alles nicht ernst. Jedoch sollte sich das alles ändern, als er in eine Schlägerei gerät und jemanden so tief kr...