17. Kapitel

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Wir saßen bis in die Nacht hinein einfach nur an Stuarts Wand und schwiegen. Er lag in meinem Arm und ich zog kleine Kreise mit meinen Fingern auf seiner Haut. ,,Ab Freitag kommst du zu mir, okay? Haily feiert da ihren Geburtstag und sie freut sich bestimmt, wenn du auch kommst", sagte ich, nach mindestens einer Stunde schweigen. ,,Ich habe es nicht so mit Fremden...und Haily kennt mich doch auch nur von Erzählungen", meinte Stuart und drehte seinen Kopf so, dass er mir in die Augen sehen konnte. ,,Na und? Du kennst mich und Nicky kennst du auch. Komm einfach, bitte", sagte ich und er verdrehte die Augen. ,,Vielleicht", meinte er und ich kniff ihn in die Seite. ,,Es gibt nur die Auswahl zwischen Ja und Nein", sagte ich. ,,Na und? Du entscheidest dich ja auch nicht dafür oder dagegen", meinte er und ich stöhnte genervt auf. ,,Hör endlich auf mit diesem Thema. Gib mir einfach Zeit", sagte ich und lehnte meinen Kopf gegen die Wand.

Plötzlich polterte es unten im Flur und Stuart schreckte auf. ,,Ist deine Mutter schon zu Arbeit?", fragte ich, als Stuart aufstand und sich langsam zur Tür bewegte. Er nickte mit dem Kopf, jedoch verriet sein Gesichtsausdruck Unschlüssigkeit. Schwere Schritte waren zuhören, die waren unmöglich von Katelin. Er öffnete langsam die Tür und hob einen Finger an die Lippen. ,,Katelin!", lallte jemand und ich erhob mich langsam. Stuarts Vater war wieder daheim und das hieß gar nichts gutes. ,,Katelin, verdammt! Beweg deinen Arsch hier her", brüllte er und Stuart trat langsam auf den Flur. Ich folgte ihm. ,,Du bist wieder daheim", stammelte sie und trat zögernd aus der Küche. ,,Na hast du mich vermisst?", lallte Stuarts Vater und wankte auf Katelin zu, die zusammen zuckte, jedoch stehen blieb. ,,Mum. Geh zurück in das Schlafzimmer und schließ dich ein...ich regle das", sagte Stuart entschlossen und ging eine Treppenstufe runter. Sein Vater blickte zu ihm rauf, mich sah er noch nicht, weil ich weiter hinten Stand und der Flur so gut wie dunkel war. ,,Henry", wimmerte Katelin und krallte sich in den dünnen Stoff ihres T-Shirts. ,,Geh!", rief Stuart und sie verschwand zögerlich. ,,Ach jetzt spielt die Missgeburt auch noch den Helden. Meinst du das hilft dir, dann komm her und bekomm das, was dir zusteht, eine Dracht Prügel", rief ihm sein Vater zu und ich packte nach Stuart. ,,Lass das. Du verletzt euch beide, wenn du da runter gehst. Du tötest ihn vielleicht sogar...wir brauchen einen Plan", sagte ich und ich sah in Stuarts Augen nur die reine Wut, weshalb auch seine Pupillen weit geöffnet waren. Stuart würde sich verwandeln, wenn er dort runter ging und unkontrollierbar auf seinen Vater los gehen. ,,Seit wann machst du Pläne?", fragte Stuart und ich musste mich zurück halten ihm keine rein zuhauen. Einer der Nebenwirkungen des Werwolf Dasein, man konnte ein ganz anderer Mensch werden, wenn man wütend war. Wie der Schoßhund, der plötzlich das kleine Kind biss, nur weil er wütend war...oder eben Angst hatte.

,,Na auf was wartest du?", brüllte ihm sein Vater zu und krempelte unbeholfen seine Ärmel hoch. ,,Verdammt Stuart! Reiß dich zusammen, du weißt ganz genau, dass du das hier nicht bist!", brüllte ich förmlich und schüttelte ihn. ,,Dean, ich möchte ungern eine Gehirnerschütterung haben", meinte Stuart und zog seine Augenbrauen hoch. ,,Gut. Wie leicht kommt dein Vater an Äxte oder andere Werkzeuge ran?", fragte ich und er sah mich nur noch perplexer an. ,,Beantworte einfach meine Frage", seufzte ich. ,,Die sind im Keller und bei seinem Zustand, findet er sich bestimmt nicht", sagte Stuart und ich nickte langsam. ,,Gut. Perfekt. Komm mit", meinte ich und zog Stuart mit in sein Zimmer. Die Tür knallte ins Schloss und ich schob einen Stuhl unter die Türklinge. ,,Ich muss zu meiner Mum", meinte Stuart und ich schüttelte den Kopf. ,,So lange dein Vater da unten rumläuft geht das sehr schlecht, außer natürlich du willst, dass wir ihn heute noch in die Notaufnahme fahren müssen. Dein Mum hat sich eingeschlossen im Schlafzimmer und da dein Vater erstens besoffen und zweitens weit weg von Werkzeugen ist, ist sie in Sicherheit", erklärte ich und griff nach Stuarts Hand, welche immer noch leicht zitterte. ,,Ich wusste gar nicht, dass du so logisch denken kannst", meinte Stuart und ein gequältes Lächeln huschte über sein Gesicht. ,,Jaja, hier oben drin wohnt ein Genie", sagte ich und tippte an meine Schläfe. ,,Bestimmt", lachte Stuart und setzte sich aufs Bett.

,,Wieso haut ihr nicht einfach ab? Ich meine wieso bleibt ihr immer noch bei diesem Tyrannen?", fragte ich und strich Stuart leicht durch die Haare. ,,Wohin sollten wir? Meine Mum verdient gerade mal soviel, das wir drei Mahlzeiten pro Tag essen können. Das Haus gehört vollständig meinem Vater, wenn wir weg gehen, haben wir nicht mal ein Dach über dem Kopf", erklärte Stuart und schmiegte sich noch näher an mich. Seit ca. einer halben Stunde war wieder Ruhe im Haus. Woher ist Stuarts Vater über den Flur gestolpert und hat immer lauthals geflucht. ,,Aber ich bezweifel, dass es die Psyche deiner Mum noch lange mitmacht", meinte ich und Stuart nickte. ,,Seit...", er stockte. ,,Meine Mum war im siebten Monat schwanger mit meinem kleinen Bruder, als mein Vater besoffen nachhause kam. Ich war gerade mal sechs, als ich von dem Streit meiner Eltern wach wurde. Ich war aus meinem Bett gekrabbelt und auf den Flur getapst, jedoch war es zu spät, denn ich sah nur noch wie meine Mutter die Treppe runterfiel und auf ihrem Bauch landete. Keine Ahnung wie ich es damals geschafft hatte den Notarzt zurufen, jedoch war es schon längst zu spät für das Baby. Es war tot. Seitdem ist meine Mum so und seitdem stellte ich mich auch vor meine Mum, wenn mein Dad so heimgekommen war und die Absichten hatte, sich an ihr zu vergreifen", erklärte Stuart und mein Hass auf seinen Dad wuchs nur noch mehr. ,,Dein Vater ist ein Arsch", knurrte ich und Stuart nickte. ,,Das kannst du laut sagen", meinte Stuart und es klopfte leise an der Tür. Stuart hob den Kopf, als wäre er darauf gewappnet, dass es sein Vater war.

,,Henry?", fragte eine zitternde Stimme und Stuart stand auf. Katelin stand vor der Tür. Sie trat zögernd ins Zimmer und fiel Stuart in die Arme. ,,Er ist weg. Als ich aufgeschlossen habe, war er nicht mehr da", sagte sie erleichtert und Stuart hielt sie fest im Arm. Ihr Blick fiel auf mich und ich stand auf. Es war Zeit zu gehen. ,,Es tut mir leid, dass du so etwas sehen musstest", meinte sie und sah mich entschuldigend an. ,,Das muss ihnen echt nicht leid tuen. Wir sehen uns morgen in der Schule, gute Nacht euch", sagte ich legte Katelin kurz eine Hand auf die Schulter und verließ dann das Zimmer, sowohl das Haus.

Ich setzte mich in mein Auto und starrte den Motor. 1:27Uhr. Haily hatte mich mit gefühlt Millionen Nachrichten und Anrufen bombardiert und ich seufzte. Sie hatte sich also Sorgen gemacht, wie süß.

An Haily.

Bin bei Stuart eingeschlafen. Alles gut. Fahre jetzt nachhause. Gute Nacht <3

HalbmondWo Geschichten leben. Entdecke jetzt