Die Abendsonne stand schon tief am Himmel und die Pizzen, die hinten auf meiner Rückbank lagen, verteilten ihren Geruch im ganzen Auto. Ich stand wie so oft auf dem Bürgersteig vor Stuarts Haus und wartete, jedoch diesmal drängelte ich Stuart nicht, sondern wartete, bis er bereit war. Heute war es also so weit. Stuart würde sich verwandeln und ich war dabei...würde ihn leiden sehen und mit eigenen Augen sehen, was ich angerichtet hatte. Stuart machte die Wagentür auf und ließ sich schweigend auf den Beifahrersitz sinken. Ich hatte ihm gesagt, dass er bequeme Sachen tragen soll, was er auch trag. Es war das erste Mal, dass ich ihn in Jogginghosen sah und nicht wie sonst in seinen hellblauen Jeans. ,,Es ist also echt so weit", meinte er, es war fast nur ein Flüstern, indem man den bitteren Nachgeschmack von Angst schmeckte. ,,Anscheinend", sagte ich und parkte aus. ,,Wie geht's dir? Ich meine heute hast du mich fast rund um dir Uhr an der Backe gehabt, schon extrem genervt? Oder den Antrag an eine Klapse geschrieben?", fragte ich und versuchte die Stimmung aufzulockern. Es half aber nicht. Stuart saß total verspannt da und starrte aus dem Fenster. ,,Ganz okay...glaube ich", sagte er knapp und am liebsten würde ich anhalten...oder alles, was nötig war, um ihn wieder Lächeln zusehen...und nicht so niedergeschlagen und ängstlich.
Ich griff nach den Pizzakartons und schloss mein Wagen ab. Stuart stand vor der großen Tür von der Lagerhalle und sah sich um. Wie verloren er doch vor der großen Tür wirkte. ,,Extra eine vegetarische Pizza besorgt", sagte ich, zwang mich zu einem Lächeln und lief zu ihm. ,,Hätte erwartet, dass du mit einer kommst, die extra Fleisch hat", meinte er und zwang sich ebenfalls zu einem Lächeln. Ich stieß die Tür auf, welche über den Boden scharrte und den Eintritt in eine leere Halle bot. ,,Ich weiß sie ist nichts besonders, aber naja...es wird reichen", sagte ich und steuerte die kleine Sitzecke an, die wir letzten Monat hier eingerichtet hatten. ,,Setz dich und ess etwas...", redete ich weiter und stellte die Pizzakartons auf den Tisch. Ich setze mich auf das Sofa und klopfte neben mich. Er lächelte mich an und setzte sich neben mich. ,,Wie kannst du nur so gechillt sein?", fragte er und griff nach einem Pizzastück. Das war ich ganz und gar nicht. ,,Ich denke positiv", sagte ich und er nickte, bevor er wieder in seine Gedanken abglitt. Es störte mich nicht und ich gab ihm auch die Zeit die er brauchte, jedoch sah man ihm an wie er darunter litt hier zu sein und ich würde am liebsten auf mich einschlagen. Wie konnte ich ihm das hier nur alles antun...das alles hier hätte ich ihm ersparen können, hätte ich nur einmal meinen Verstand angeschaltet. Dann hätte er ein normales Leben und er hätte mich nie kennen gelernt, wahrscheinlich wäre es das beste für ihn gewesen. ,,Dean...", sagte er und ich blinzelte. ,,Hör auf", murmelte er und sah mich an. ,,Mit was?", fragte ich etwas verdutzt und er musste schmunzeln. ,,Man hört dich förmlich denken, pass auf das keine Rauchwolken aus dem Kopf kommen", sagte er und ich boxte ihn gegen den Arm. ,,Danke", sagte ich und wir aßen schweigend unsere Pizzas, welche geschmacklos waren. Es lag nicht an der Pizza, es waren die besten der Stadt, jedoch...naja in meinem Kopf überschlugen sich nur die Gedanken und da blieb nicht viel für Geschmack.
Stuart stand vor mir und sah mich an. Sein ganzer Körper war angespannt, ohne das er nur mal einen Gedanken daran verschwendete, dass er sich in einen Wolf verwandeln wollte. ,,Stuart du musst keine Angst haben", sagte ich und er sein Blick wurde noch intensiver. ,,Hab ich aber...", sagte er und schrei plötzlich auf. Er krachte zu Boden und sein Körper fing an zu arbeiten. Er verwandelte sich aus Angst hinaus...und das war schlecht. ,,Ey Stuart...ganz ruhig", sagte ich und kniete mich neben ihn. ,,Das sagst du so leicht!", schrie er und seine Hänge kratzen über den Boden. ,,Stell dir die Wolfsgestalt vor, konzentrier dich alleine darauf", sagte ich und griff nach seiner Hand. Er schrie ein weiteres Mal auf und sein Rücken krümmte sich durch, was mehr als nur unnormal aussah. Seine Hand krallte sich in meine und sein Atem ging flach. Ein Knacken schallte durch die Halle und Stuart schrie, dass mir das Blut in den Adern gefror. Ich hasste mich, so mehr ich Stuart leiden sah. Wieso konnte er die Schmerzen, die ich verdient hätte nicht auf mich übertragen?! Ich wollte ihn nie etwas zu leide tun und das wollte ich bisher immer noch nicht. ,,Henry", keuchte ich und er sah zu mir hoch. Seine Pupillen waren geweitet und Tränen liefen ihm über die Wange. Sein Gesicht war schmerz verzerrt und ich verzog mein Gesicht. ,,Es tut mir so unglaublich leid", sagte ich und merkte wie meine Stimme zitterte. Er schrie ein weiteres Mal auf und Krallen bohrten sich in meine Hand. Stuart wollte seine Hand zurück ziehen, als ich zischte, jedoch hielt ich sie fest. Die Schmerzen habe ich verdient. Schweiß lief über Stuarts Stirn, als ein weiteres Knacken durch die Halle schallte. ,,Mein ganzer Körper brennt!", schrie er und krümmte sich auf dem Boden, währenddessen bohrten sich die Krallen noch tiefer in meine Haut. ,,Du hast es bald geschafft", hauchte ich und strich ihm sanft über den Rücken. Er glühte und sein ganzer Körper zitterte. Wie konnte ich ihm das hier nur antun?!
Plötzlich sackte er zusammen und der Druck an meiner Hand ließ nach. ,,Fuck Stuart!", keuchte ich und hob hin hoch. Sein Augen waren fast geschlossen und sein Atem war langsam. Ich zog ihn auf meine Schoß. ,,Stuart!", schrie ich und schüttelte ihn sanft. ,,Es tut mir so fucking leid! Ich hätte dich nie hier mit rein ziehen sollen. Fuck wenn du stirbst, geb ich mir die Kugel, das schwör ich...man Stuart verlass mich nicht!", schrie ich und ein Träne lief mir über die Wange. Stuart hob langsam sein Hand, um die Träne wegzuwischen. ,,Hier geht keiner zu Grunde...versprochen", hauchte er und ein Schauer lief über seinen Rücken. Er verwandelte sich und nun lag der Kopf eines hellgrauen Wolfes in meinem Schoß. Ich strich lächelnd über das Fell des Wolfes, welches sich an mich schmiegte. ,,Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein...bitte", hauchte ich und Stuart verwandelte sich zurück. ,,Nie wieder", murmelte er und ich zog ihn in eine Umarmung. Mir war egal ob er klitschnass geschwitzt war und meine Hand wie sau blutete, durch Stuarts Krallen. Mir war alles egal, so lange es Stuart gut ging. ,,Ich hasse mich so sehr, dass ich dir das angetan habe", sagte ich und Stuart löste sich aus der Umarmung. ,,Hör auf damit...du sollst dich nicht hassen", meinte er und sah mir in die Augen. ,,Doch...wegen mir hast du diese Schmerzen wegen mir hast du so gelitten...am liebsten würde ich alles rückgängig machen", sagte ich. Plötzlich beugte sich Stuart vor uns küsste mich. Ich legte meine Hände an seine Wange und erwiderte den Kuss. Mein Gehirn war plötzlich wie leer gefegt.
,,Willst du auch das rückgängig machen? Wir hätten uns sonst nie kennen gelernt", flüsterte er, als er sich etwas zurück lehnte. ,,Nein", sagte ich, nur um ihn wieder zu mir zuziehen und ihn zu küssen. Vielleicht war es nur ein Traum oder wir beide hatten einen Rausch, aber es fühlte sich so unglaublich gut an. Wir zog die Polster von dem Sofa und legten sie unten auf dem Boden. ,,Ich hätte nie gedacht, dass du...naja", fing ich an und setzte mich auf die Polster. ,,Schwul bist? Ich hätte nicht gedacht, dass du die Gefühle erwiderst", meinte Stuart und setzte sich neben mich. ,,Also wusstest du, dass ich schwul bin?", fragte ich und legte mich hin. ,,Ja. Man hat es gesehen, egal welches Mädchen du angeguckt hast, es war immer ein anderer Blick, als es jemand tun würde, der was von Weibern wollte...es hätte sein können, dass nicht die richtige dabei ist, aber die Erwiderung des Kusses eben...das war dann der vollständige Beweis", erklärte er und legte sich neben mich. ,,Endlich gibst du es zu das ich unwiderstehlich bin", sagte ich, als er seinen Kopf auf meine Schulter legte. ,,Hm natürlich, glaube ich überlege mir das nochmal anders", meinte er und ich drehte mich so, dass ich ihm ins Gesicht sehen konnte. ,,Wag's dir", sagte ich und er lachte. ,,Würde ich nie tun", lachte er und küsste mich. ,,Lass uns schlafen gehen", meinte er und gähnte, bevor er sich wieder auf meine Schulter legte. ,,Gute Nacht Dean", gähnte er und schloss seine Augen. ,,Gute Nacht, Henry", sagte ich und legte einen Arm um ihn. Es fühlte sich für diesen Moment so unglaublich gut an, am liebsten würde ich diesen Moment fest halten und nie wieder los lassen. Nie wieder.
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Halbmond
WerewolfDean Clackson. Er sagt, was er denkt und macht an sich alles das, was er will. Für viele scheint er unverantwortlich und nimmt so gut wie alles nicht ernst. Jedoch sollte sich das alles ändern, als er in eine Schlägerei gerät und jemanden so tief kr...