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Aidan

„Ihr werdet alle bald tot sein." Addie's Worte hallten in meinem Kopf wider. Ihre Stimme war nicht ihre Stimme.

Doch, es war ihre Stimme gewesen, aber es hatte sich angehört, als hätten zwei Personen gleichzeitig gesprochen. Einmal Addie, und im Hintergrund, ein wenig leiser, eine zweite Stimme. Eine tiefe, raue, dunkle, unheilvolle Stimme. Vayas Stimme.

Ich hielt den Atem an. Nur wenige Meter von mir entfernt stand meine Schwester, aber sie war nicht sie selbst, zumindest nicht in diesem Augenblick, und das war angsteinflößend. Ihre Augen, ihre Haare, ihr graues Lieblingshirt, ihre schwarze Jeans, die sie immer noch trug, all das war Addie. Aber ihre kerzengerade Körperhaltung, ihre bedachten, aufmerksamen Blicke, ihre langsamen, befremdlichen Bewegungen, all das war nicht Addie.

„Zu euch komme ich noch", sagten die beiden Stimmen ruhig, und jagten mir eine Gänsehaut über den Körper. „Aber zuerst", sie wandte sich dem Gehen zu. „Muss ich Addie einen kleinen Gefallen tun."

Erst als ich aufspringen wollte, fiel mir auf, dass ich mich nicht bewegen konnte. Ich konnte meinen Kopf drehen, aber der Rest meines Körpers schien wie eingefroren.

„Was zum...", begann ich schockiert.

„Willkommen in der Welt namens Dämonen-gehen-mir-mit-ihren-verdammten-Bannen-auf-den-Keks", knurrte Trish angewidert. Ein Bann. Ein Bann. Wofür? Damit wir uns nicht bewegen konnten?

„Chase?", rief Trish.

„Ja?", drang es nach kurzem aus seiner Zimmertüre.

„Alles okay bei dir?"

„Könnte besser sein. Bitte sag mir nicht, dass passiert ist, was ich denke, das passiert ist."

Als Trish schwieg, stieß Chase einen leisen Fluch aus.

„Keine Sorge", warf Beverly ein. „Sobald Vaya eine gewisse Distanz erreicht hat, löst sich der Bann von selbst."

„Wunderbar", lachte Trish auf. „Bis dahin ist er mit Addie über alle Berge."

„Kann dieser Tag eigentlich noch abgedrehter werden?", fragte Trev aufgebracht. „Ein Amokläufer wäre doch noch ganz nett, oder?"

„Ich würde einen Amokläufer diesem Desaster immer und überall vorziehen", murmelte ich.

Beverly räusperte sich übertrieben. „Könnten wir uns bitte auf Addie konzentrieren? Besessen zu sein, und keine Kontrolle über das eigene Handeln zu haben, und seine eigenen Gedanken und die des Dämons nicht auseinanderhalten zu können, ist nicht ganz so lustig."

„Falls es dir entgangen sein sollte", brummte Trish „Wir sind gottverdammte Salzsäulen! Wir können rein gar nichts machen."

„Doch, wenn Vaya weit genug weg ist", warf ich ein, und wiederholte damit Beverly's Worte. „Vaya will sich für Addie rächen. Was hat er damit gemeint?"

Auf diese Frage wusste keiner von uns eine Antwort.

„Wir müssen Addie finden!", rief Chase beunruhigt.

„Du meinst Vaya", korrigierte Beverly.

„Ganz egal, wir müssen sie finden, bevor etwas passiert!"

„Gute Idee du Genie, wir können uns nicht bewegen!", rief Trish zum gefühlt hundertsten Mal, als ob uns anderen diese Tatsache ständig entgleiten würde.

„Leute, das ist im Moment doch scheißegal!", meinte Trev aufgebracht. „Wir wissen nicht mal, wohin sie will. Wir wissen nicht, was dieser Dämon vorhat. Selbst wenn wir uns bewegen könnten. Und an wem auch immer der Dämon glaubt, sich rächen zu müssen, er wird diese Person bestimmt nicht mit Blumen bewerfen."

Shadow Girl (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt