Kapitel 37

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Wir hatten uns bedankt und sind gegangen. Freya dachte, wir würden nun zurückgehen, doch da lag sie falsch. Der schlimme Teil begann erst noch. Draußen war es bereits dunkel. Früher mussten hier einmal viele Lichter gewesen sein. So stand es in den Büchern. Doch heutzutage war alles dunkel. Nur in einigen Wohnungen brannte Licht.

Etwas schneller liefen wir zum Parlamentsgebäude mit dem Big Ben davor. Oben fehlte ihm ein Teil und die Zeiger der Uhr sind bereits vor Jahrzehnten herunter gefallen. Niemand interessierte sich mehr für die Sehenswürdigkeiten von früher. 

Über eine alte Brücke wechselten wir das Ufer der Themse. Dave hatte nicht gelogen. Hier waren wirklich einige Doppelgänger und die sahen uns nun alle an. Oder vermutlich eher mich, denn ich sah ihrem Boss ähnlich. Sogar sehr.

Freya zog ihr Schwert, für den Fall eines Angriffs, doch niemand kam uns zu nah. Sie alle ließen uns einfach zum Eingang gehen. Luc und Freya würden wieder draußen bleiben, Seth mich hinein begleiten. Er wollte die Wahrheit genauso sehr wissen wie ich.

Von innen konnte man dem Gebäude ansehen, dass es bereits sehr alt war. Die Möbel waren dunkel und der Teppich hatte an den Stellen, an denen man lief, dunkle Stellen. Die Tapete fiel häufig schon von der Wand.

Dann betraten wir einen weiteren Raum und dort stand sie. Scheinbar hatte sie gerade mit jemand wichtigem geredet, doch als sie uns sah, schickte sie ihn hinaus. "Kommt rein", sagte sie. Wir liefen ein Stück nach vorn und hinter uns schloss sich die Tür.

Ihre Haare hatte sie streng zusammengebunden und ihre Augen wurden durch schwarzen Kajal und Lidschatten in Szene gesetzt. Sie ging zu einem Stuhl, der einem Thron ähnelte und setzte sich. "Weshalb seid ihr hier?", wollte sie wissen. 

Ich atmete tief durch. "Uriel befürchtet, dass wir einen gemeinsamen Feind haben könnten", sagte ich dann. Sie schien amüsiert. "Uriel, der einzige Erzengel, der selbst mit Doppelgänger in sich in Ordnung ist", kommentierte sie ihn, bevor sie ernster wirkte.

"Ist dir nun endlich bewusst, dass diese Engelsarmee nicht mir gehört hat?", wollte sie wissen. "Keine Ahnung, weshalb sie auf mich gehört hat, aber seit diesem Tag weiß ich, dass jemand wollte, dass ich die Erde in ein Chaos stürze", fuhr sie fort, doch mich überraschte, dass sie von der Engelsarmee nichts wusste.

Ich runzelte die Stirn. "Weißt du welchem Erzengel sie gehören?", fragte ich. Sie nickte. "Remiel", antwortete sie kurz und knapp. "Aber Sariel könnte sie ebenfalls geschickt haben", fügte sie dann hinzu und seufzte. 

"Also hast du keine Ahnung", schlussfolgerte Seth. Meine Doppelgängerin sah ihn an. Dieser Fakt schien sie zu frustrieren. "Nein, ich habe keine", zischte sie und stand dann auf, bevor sie begann hin und her zu gehen. Ihr gefiel so etwas nicht, da waren wir uns wirklich ähnlich. Ich war auch nicht gern ahnungslos.

"Aber du hast Angst vor dieser Person", sagte ich und sofort drehte sie sich zu mir. Ihre Augen funkelten mich sauer an. "Das sollten wir alle haben. Denn wer auch immer das ist, benutzt mich", sagte sie und trat dabei gegen einen Stuhl, welcher daraufhin gegen eine Wand flog und dort zerbrach.

"Ich weiß, wir haben scheiße gebaut", meinte sie dann. Mit 'wir' meinte sie wohl sich und die Doppelgänger. Ich hob eine Augenbraue. Das hatten sie allerdings. Sogar mehr als das. "Aber ich werde nicht gern ausgenutzt. Vor allem nicht von Erzengeln", fuhr sie fort und sah dann zur Seite.

"Uriel glaubt, es sei Metatron. War er in der Unterwelt? Oder seine Seele?", wollte Seth wissen. Auf einmal wurden die Augen meiner Doppelgängerin groß. Sie kannte ihn also. "Er war niemals dort unten, das weißt du." Das war alles was sie sagte, bevor sie sich setzte und nachzudenken schien.

Ich wollte etwas sagen, doch sie sprach zuerst. "Wenn du nicht aufgenommen werden willst, geh jetzt lieber", zischte sie. Weshalb sie mich nicht einfach tötete war mir schleierhaft. Doch ich nickte schnell und ging mit Seth hinaus. Dieses Treffen war aufschlussreich und gleichzeitig allerdings alles andere als das.

Sie wusste wer Metatron war und hatte definitiv Angst vor ihm. Allerdings schien sie auch nicht an ihn als Übeltäter gedacht zu haben. Ich seufzte. Wir wussten zwar nun, wessen Armee das vor ein paar Tagen war, doch wir hatten weiterhin keine Ahnung, wer sie hinausgelassen hatte und ob es wirklich Metatron war.

Erwartungsvoll sahen uns die anderen zwei an, doch ich schüttelte den Kopf. "Nichts", meinte ich. Luc seufzte und Freya sah mich an. "Wow, jetzt hast du wirklich meinen Tag vergeudet", sagte sie und lief los. Seth packte sie und mich am Arm und teleportierte uns ins Haus.

Cora und Noabelle sahen mich an, als ich hineinkam. Ich erklärte Noa, dass Luc gleich nachkommen würde und sie war erleichtert und glücklich. Von Raphael und Raziel fehlte jedoch weiterhin jede Spur. Langsam begann ich mir Sorgen zu machen.

Wir aßen dann alle gemeinsam noch etwas. Cora schwieg und sah die ganze Zeit zu ihrem Teller. Ich würde noch einmal mit ihr reden müssen. In Ruhe. Am besten morgen früh. Ja, ich würde morgen früh mit ihr reden, dachte ich.

Nach dem Essen lag ich allein auf dem Sofa. Darauf wartend, dass Raphael wieder kommen und sich zu mir legen würde. Dass sein warmer Flügel mich wärmen würde und ich so besser schlafen konnte. Doch er kam und kam nicht. Irgendwann schlief ich ein.

* * *

Mitten in der Nacht hörte ich Geräusche und wurde wach. Sofort stand ich auf und schnappte mein Schwert. Ich weckte Luc und Noabelle. Seth war nicht im Raum. Beide sahen mich fragend an und ich erzählte ihnen von dem Geräusch, als würde jemand die Haustür öffnen.

An sich nicht verwunderlich, schließlich fehlten Raziel und Raphael noch. Doch ich hatte Angst und in diesen Tagen konnte man nie sagen, ob es sicher war oder nicht. Luc und Noabelle standen nun ebenfalls auf. Ich ging in den Flur und ließ erleichtert das Schwert sinken, als ich Raziel sah.

"Ihr habt mir einen Schrecken eingejagt", sagte ich und blickte in Raziels amüsiertes Gesicht. Hinter ihm tauchte Raphael auf, der mich leicht anlächelte und ich wollte ihn schon umarmen, als ich eine weitere Person erblickte. 

Es war ein Mann mit schwarzem Haar. Er war etwas größer als Raphael und musterte mich leicht. Definitiv ein Engel von hohem Rang. Als ich begann, ihn zu mustern, musste ich allerdings feststellen, dass es nicht irgendein Engel war, sondern ein Erzengel. Er hielt an der alten Kleiderordnung fest.

"Wir wollen euch allen jemanden vorstellen", sagte Raphael dann. Kurz drehte ich mich um. Luc und Noabelle standen bei mir, die anderen schliefen vermutlich. Ich runzelte die Stirn und nickte. "Das hier ist Metatron." Fast hätte ich mich an meiner eigenen Spucke verschluckt, als er diesen Namen nannte. Oh verdammt.

New World: AfterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt