Kapitel 42

950 57 11
                                    

Jerôme war so ziemlich nachdem er vor einigen Tagen eine seltsame Erkenntnis während unserem Gespräch gewonnen hatte, mit meinem Auto davon gefahren, um erst Abend wieder zu kommen.
Es war auch besser so, dass er kurz darauf wieder abgereist war, da ich ihm diese Aktion noch langen nicht verziehen habe und nicht wusste, ob ich das so schnell konnte.

Es war schwer für mich, Jonas erklären zu müssen, dass seine Mama sehr lange im Urlaub sein würde.
Jonas nahm es aber leichter hin, als ich es erwartet hatte.
,, Ist nicht schlimm, das kenne ich!" Bekam ich als Antwort und telefonieren wollte er mit ihr bis jetzt auch noch nicht.

Einige Tage waren schon vergangen, seitdem Lynn uns verlassen hatte und meine Familie und meine Freunde versuchten, mich aus dem Haus zu bekommen und da war es egal, mit welchen Mitteln sie dies taten.
Tatsächlich tat mir das ziemlich gut und auch wenn ich noch lange das Bedürfnis besitzen würde, mich einfach nur zu verkriechen, wurde ich wenigstens für einige Stunden abgelenkt.
Heute trafen sich meine Großeltern, meine Eltern und meine Schwestern inklusive Familie, um auf das alljährliche Gemeindefest zu gehen, was im Wohnort unser Eltern stattfand.
Tatsächlich hatte ich es jahrelang geschafft, mich davor zu drücken, das das immer in der Zeit stattfand, in der Urlaub angesagt war.
Nun ja, der Urlaub, den wir eigentlich gebucht hatten, fiel flach.
Nicht nur, weil Lynn abgehauen war, sondern auch, weil wir viel zu schnell wieder Zuhause waren und damit nicht gerechnet hatten.
Nun gab es neue Pläne und ich hoffte, dass diese mir gut tun würden.
Jonas sollte zuerst bei meinen Eltern bleiben, ich hatte mich schließlich jedoch umentschieden, da ich der Meinung war, dass Jonas und ich gerade jetzt viel Zeit miteinander verbringen sollten, um diese Zeit durchstehen zu können.
Ich wusste noch nicht, wie ich ihm erklären sollte, dass er seine Mama wahrscheinlich nie wiedersehen würde. Nichtmals einen Grund konnte ich ihm nennen und da lag im Grunde schon das Hauptproblem. Ich wollte nicht, dass er sich Vorwürfe machen würde.
Bevor ich aber mit ihm fliegen konnte, brauchte ich irgendwie das Einverständnis von Lynn, da wir uns schließlich das Sorgerecht teilten.
Ich wollte nicht daran denken, dass mal eine Zeit aufschlagen würde, die ich alleine mit Jonas verbringen musste.
Ein bisschen war ich froh, dass ich mich bereits in den letzten Monaten alleine um ihn kümmern musste, da ich diesen Punkt mit einer gewissen Gelassenheit anging.
,, PAPA, LOS!", rief Jonas und turnte vor mir herum. Erschrocken sah ich schließlich auf die Uhr.
,, Du hast Recht. Komm, mach dich fertig." Er zog die Augenbrauen und sah an sich herunter, dies tat ich ihm gleich.
,, Oh.." Jonas war bereits fertig.
,, Ach, Papi. Verwirrt?" Ich verzog das Gesicht und zuckte leicht mit den Schultern.
,, Wahrscheinlich.. Dann lass mich mich kurz noch anziehen und dann können wir los."

Während ich durch die Straßen von Dortmund fuhr, versuchte ich, mich nicht ablenken zu lassen.
Lynns plötzlicher Abgang hatte eine tiefe Wunde in mein Herz gerissen und das machte sich bemerkbar. Ich schlief Nachts kaum und wenn ich das tat, dann nur auf der Couch, da ich in unserem Bett keine Ruhe fand.
Die fand ich auch so nicht aber dort überfielen mich zu viele Erinnerungen auf einmal.

Ein bisschen zu schnell fuhr ich auf den Parkplatz der Gemeinde und drehte die Musik im Auto etwas zu laut, so dass Jonas neben mir anfing zu glucksen.
Wenn ich aber nur an den schrecklichen Gesang der Jazzband dachte, die seitdem ich denken konnte, jedes Jahr auftrat, konnte ich kotzen.

Natürlich zogen wir jegliche Aufmerksamkeit auf uns und das nicht nur, weil die Musik im Auto etwas zu laut war.
Mein Auto hob sich von den anderen ab und schon am Kennzeichen war klar, wer dort angefangen kam.
Natürlich bestätigten sich nun wieder die Gedanken der Leute, die negativ über mich dachten.
Zu diesen Gedanken kam noch dazu, dass ich mich auf solchen Festen schon Jahre lang nicht mehr habe blicken lassen und generell hat man mich im Ort schon lange nicht mehr gesehen.
Das stimmte auch, ich hatte mit diesem überschaulichem Stadtteil bloß noch zu tun, wenn ich meine Eltern besuchte.
Die negativen Gedanken über mich waren mir aber auch egal, da es im Endeffekt nur der Neid war, der aus ihnen sprach.
Ich hatte etwas erreicht, etwas wofür ich gekämpft hatte. Sie nicht.
Ich konnte es nicht jedem Recht machen, das wollte ich auch gar nicht. Sollten sie doch über mich denken, was sie wollten.

,, Hey, Omi!", rief Jonas erfreut und rannte auf meine Mutter zu, welche mit dem Rest meiner Familie unter einem Zelt auf diesen wackeligen Holzbänken saß, von denen jeder runterfiel, wenn auch nur einer aufstand.
Aufmunternder Blicke erreichten mich und ich war froh, dass sie mir kein Mitleid schenkten. Das brauchte ich in diesem Moment nämlich am wenigsten.
,, Hallo, mein Kleiner! Wie geht es dir?" Jonas lachte meine Mutter an.
,, Oh, mir geht es gut! Ich vermisse Mama aber ist nicht schlimm." Ich schluckte schwer und schloss schmerzverzerrt die Augen, da dieser Satz mich tatsächlich schwer getroffen hatte.
Meine Mutter sah in diesem Moment zu mir und lockte Jonas zu dem Kindergarten, der nebenan stand und als Spielplatz für die Kinder auf dem Fest diente.

,, Marco, ich habe etwas für dich." Meine Schwester zog einen Zettel aus der Tasche, den sie mir hinüber schob.
Ich runzelte die Stirn und sie forderte mich auf, es mir einfach durchzulesen.
Sofort erkannte ich die Schrift und nachdem ich die wenigen Sätze ein drittes Mal durchgegangen war, sah ich zu Yvonne, welche mich leicht anlächelte.
,, Wo hast du das denn her?", fragte ich sie. Sie hatte mir Lynns Zustimmung zum Urlaub besorgt.
,, Ich war bei ihr." Ich zog die Augenbrauen hoch.,, Keine Sorge, ich habe kein Hühnchen mit ihr gerupft. Nur fast."
,, Vielen Dank, Yvo. Das bedeutet mir die Welt." Das war tatsächlich nicht gelogen.
,, Ich weiß, genau deswegen habe ich mir einen Ruck gegeben und bin mit Chris zu ihr gefahren." Ich sah zu Chris, welcher sich auf einmal sichtlich zu amüsieren schien.
,, Was ist?", fragte ich schließlich.
,, Oh, du hättest deine Schwester sehen müssen. Diese hasserfüllten Augen und dieses zerknirschte Gesicht, als sie das Haus von Lynns Eltern betreten hat."
,, Aber ich habe mich professionelle benommen!", verteidigte sich meine Schwester. Chris lachte noch lauter auf.
,, Oh, sicher. Ihr zu sagen, dass sie zur Hölle fahren soll, ist sehr professionell." Meine Augen weiteten und mein Kopf schnellte ein bisschen zu schnell in Richtung meine Schwester.
,, DU HAST WAS GESAGT?", fragte ich halblaut und spuckte fast meine Cola aus. Sie verdrehte die Augen.
,, Ja, das habe ich halt. Sie hat aber gesagt, dass sie dort bereits ist und dann tat sie mir etwas leid.
Aus ihr habe ich trotzdem nichts herausbekommen.
Sie hat nur irgendetwas von "du müsstest nicht leiden, wenn sie weg ist" gefaselt.
Falls es dich aber aufmuntert: Sie sieht verdammt scheiße aus. Augenringe bis nach Jerusalem und Wert auf ihr Äußeres legt sie momentan auch nicht wirklich. Sie schaut wirklich nicht gut aus und wenn sie nicht gerade ebenfalls durch eine Trennung gehen würde, hätte ich sie sofort zum Arzt geschickt.
Was auch immer der Grund ist, solltest du noch einmal mit ihr reden, auch wenn sie alles kaputt gemacht hat.
Ihr habt ein Kind, macht es Jonas zur Liebe."

Jonas hatte am heutigen Tag sehr viel Spaß und dementsprechend müde war er, als ich ihn ins Bett brachte.
Ich erwartete keine Worte mehr von ihm, als ich ihn zudeckte, jedoch griff er schließlich nach meiner Hand und ich zuckte leicht auf.
,, Oh, Papa. Du bist mein Superheld, ich hab dich lieb. Immer wenn wir etwas zusammen machen, ist es mein Lieblingstag."

fix you - Ich rette Dich [ Marco Reus ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt