Kapitel 1

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An dem Tag, an dem Lynn die Diagnose eines Gehirntumors bekommen hat, erinnere ich mich noch immer und noch immer habe ich Gänsehaut.
Wir saßen vor dem Arzt. Er sah Lynn an, sein Blick verriet nichts.
,, Frau Bräuer. Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass es sich bei Ihrem Tumor um einen bösartigen handelt." Ich konnte nicht reagieren, ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte.,, Sie müssen stark bleiben, Sie müssen kämpfen, hören Sie?", hörte ich den Arzt auf sie einreden.,, Sie schaffen das."
Das war mittlerweile zwei Monate her.
Lynn war kurz darauf am Hirn operiert worden.
Acht Stunden lang tappte ich im Dunklen und wusste nicht, ob sie diese überstehen würde, da das Risiko doch sehr hoch war.

,, Marco, worüber denkst du wieder nach?", ertappte sie mich und grinste. Sie war wunderschön.
,, Über.. Über gar nichts.", ich lächelte sie an.
,, Weißt du, auch wenn dieser Kahlkopf dir sicher viel mehr stehen würde als mir, sehe ich damit ja doch ganz sexy aus.", sagte sie und strich sich über ihnen Kopf. Ich lachte.
,, Du könntest sogar in einem Kartoffelsack sexy sein, wieso solltest du das nicht, wenn du kämpfst?", ihre Lippen formten sich zu einem Schmunzeln.
Seit ihrer Operation war sie kaum zu Hause gewesen, das Krankenhaus wurde ihr zweites zu Hause. Unfreiwillig.
Seit zwei Monaten bewältige ich also den Alltag als Stürmerstar einer Bundesliga Mannschaft, als Papa und als Freund, der mit seiner Freundin gegen den Krebs kämpfte.
Es war wahrlich nicht einfach aber aufgeben war für mich keine Option.
Schon alleine, weil ich das weder Lynn, noch unserem dreijährigen Sohn Jonas antun konnte.
Ich blieb nicht für mich selber stark, wenn es danach ginge, würde ich mich schon längst verkrochen haben.

,, Schatz, ich muss gleich zum Training. Heute Abend komme ich nochmal mit Jonas vorbei. Versprochen.", sie sah auf. Ihre sonst so blauen-grünen Augen waren blasser geworden und gingen eher in ein grau über. Auch unter ihren Augen hatte sich einiges getan, sie hatte Augenringe. Sie war schwach, die Chemo machte sie schwach. Es war ein Kampf mit ihr selber, den sie jeden Tag erneut begang.
Sie war nicht so schwach, wie sie ihre momentane Chemotherapie machte. Sie war lebensfroh und immer voller Energie.
,, Ich freue mich auf euch, bis heute Abend.", ich küsste sie auf die Stirn, denn ein Kuss auf die Lippen könnte gefährlich für sie sein. Ihr Immunsystem war dermaßen geschwächt, dass sie von so gut wie allen Keimen oder Erregern krank werden konnte, die ein gesunder Körper locker wegstecken würde.

Unser Leben hatte sich seit der Diagnose Schlag auf Schlag verändert. Am meisten hat sich das Leben von Lynn verändert, welches sich fortan nicht mehr um ihren Job und unser Kind drehte sondern um den puren Kampf ums Überleben.
Sie schlug sich gut. Wirklich.
An ihren guten Tagen konnte sie sogar das Bett verlassen und mit uns durch das Krankenhaus laufen.
Einmal waren wir sogar mit Jonas auf einem nahegelegenen Spielplatz gewesen.
Für Jonas war seine Mama noch immer seine Mama.
Er hatte einmal gesagt, dass seine Mama momentan nur woanders wohnt, weil sie jemanden loswerden muss und das würde nur gehen, wenn sie dort schläft.
Dass sie Krebs hat, wusste er. Was Krebs ist, wusste er auch. Krebs ist ein blöder Typ, der im Körper von seiner Mama wohnt und der bekämpft werden muss.
Dass sie daran sterben könnte, wusste er somit auch. Aber als dreijähriger realisiert man auch noch nicht wirklich, was der Tod überhaupt bedeutet. Damit wollten Lynn und ich ihn auch nicht konfrontieren. Das war schlicht und einfach zu schwierig für ihn.

,, Na.", mein Trainer klopfte mir auf die Schulter.,, Wie geht es Lynn?" Ich sah ihn an.
,, Sie ist schwach, die Chemo macht sie ganz schön fertig. Aber ihren ersten Block hat sie ja so gut wie geschafft. Wir sind zuversichtlich.", Peter lächelte.
,, Sie schafft das."

Das Training lief wie immer ganz gut ab. Ich war trotz des Stresses in wirklich guter Form, am Samstag würde ich zudem erstmals wieder in der Startelf stehen, das hatte mir Peter zugesichert.
Der Verein, so wie meine Teamkollegen hatten mir viel Respekt gezollt und waren mit einem bestimmten Feingefühl an die ganze Sache rangegangen, welches mich wirklich zu Tränen gerührt hatte.
Im ersten Monat war ich zwar am trainieren und das auch regelmäßig, um all das aber auf die Beine zu stellen, hatte ich ebenfalls viel Freizeit bekommen.
Der Kindergarten, in den Jonas geht, hat einmal in der Woche bis Nachmittags auf, so dass ich ihn danach abholen kann.
Wenn er den Rest der Woche bis Mittags auf hat, holen abwechselnd meine und Lynns Mutter ihn ab. Ohne die Unterstützung unserer Eltern wären wir verloren, so viel war sicher..

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Hey, eine neue (etwas andere) Geschichte eurer Emelö. Hoffe sie gefällt euch trotzdem. Es wäre lieb, wenn ihr eure Meinungen da lasst.

fix you - Ich rette Dich [ Marco Reus ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt