Kapitel 40

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Im Flieger nach Hause war ich sehr unruhig, da ich seit Spielende noch immer nicht viel von Lynn gehört hatte und mein Sohn alleine mit Christina im Flugzeug saß.
Sie hatte mir nur einmal kurz geschrieben, dass sie bereits den Flug nach Hause nehmen musste, während wir am spielen waren aber eine Erklärung gab es nicht.
Jerôme war mit ihr geflogen und das lies mich erst recht aufbrausend werden.
Ich war unendlich sauer und enttäuscht und ich wusste nicht, was ich ihr Zuhause lieber an den Kopf werfen wurde.
Meine unendliche Enttäuschung oder meine Wut.
,, Papa?" Erschrocken sah ich auf, da ich meinen Sohn nicht in diesem Bereich erwartet hatte.
,, Hey, Kleiner. Komm her." Ich setzte ihn auf den freien Platz neben mir und er sah mich freudenstrahlend an.
,, Weißt du, Papa. Ich verstehe nicht, warum Mama weg ist. Chrissy hat versucht, mir zu erklären aber ich verstehe nicht."
,, Was hat sie dir denn erzählt?"
,, Na, dass Mama aua hat und zum Arzt muss.
Man, Papa. Du bist so vergesslich! Das weißt du doch auch." Ich zog die Augenbrauen hoch.
,, Ach, ja.. Ja, klar.. Das weiß ich auch..
Weißt du, die Leute in Russland können ja nicht unsere Sprache sprechen und deswegen musste die Mama schnell nach Hause."
,, Aber sie muss doch einfach nur irgendwelche Geräusche machen und dann verstehen die sie." Ohne dass ich es wollte, begann ich zu lachen.
,, Das wäre schön, wenn das so einfach wäre, mein Kleiner."

Es tat mir weh, dass mir mein Kumpel so in den Rücken fiel und mich hängen ließ. Ich hatte mich immer auf Jerôme verlassen können und diese Aktion hatte mir sämtliches Vertrauen zu ihm unsanft aus der Brust gerissen.
Am meisten tat mir jedoch diese Ungewissheit weh.
Wie sollte ich Lynn heiraten, wenn sie mir so etwas verschwieg?
Auf diesem langen Flug verlor ich sämtlichen Glauben an uns - an sie.
Kurz sah ich neben mich. Mein Sohn schlief friedlich und auch der Rest des Flugzeuges schien zu schlafen.
Ich erlaubte mir, loszuweinen.
Genau in diesem Moment wurde mir nämlich klar, dass die Beziehung von Lynn und mir mit dieser Ausgangslage keinen Sinn mehr hatte.
Bis vor einigen Stunden war ich der glücklichste Mensch der Welt und nun war ich ein Wrack, ein Schatten meiner Selbst.

Ich war heilfroh, als der Flieger endlich in Frankfurt landete.
Es störte mich, dass die Presse uns ablichtete, jedoch war Jonas schlafend auf meinem Arm und sein Gesicht war in meiner Schulter vergraben.
Ich bekam das Gefühl, dass ich meinen Sohn vor dieser Welt schützen musste. Er sollte nicht das Gefühl bekommen, auf Schritt und Tritt verfolgt zu werden. Er sollte das Gefühl von Freiheit kennenlernen und dieses ausnutzen, so lange es möglich war.

Kurz bevor wir in den Zug nach Frankfurt stiegen, nahm ich Christina noch einmal fest in den Arm.
,, Vielen Dank, dass du dich so selbstlos um Jonas gekümmert hast! Du hast was gut bei mir." Sie lächelte mich matt an.
,, Wenn du Heim kommst, dann lass Lynn bitte ausreden." Ich schnaubte leicht auf und sah weg.
,, Ihre Erklärung möchte ich mal hören."
,, Marco, bitte. Ich kann dir nichts erzählen aber bitte hör ihr zu, du wirst es bereuen, wenn du es nicht tust."
Ich war froh, dass Jonas noch immer seelenruhig in seinem Buggy schlief und davon nichts mitbekam.
Unser Zug fuhr ein.
,, Wie gesagt, vielen Dank. Der Rest mag mir überlassen bleiben." Sie seufzte.
,, Tu nichts, was du bereuen könntest."
Ich nickte und trug zuerst Jonas und den Buggy in den Zug. Nachdem waren die Koffer dran, welche mit netterweise ein Schaffner abnahm und sie mir sogar bis in mein Abteil trug.
,, Vielen Dank."
,, Immer wieder gerne."

Nachdem ich die Koffer weggeräumt hatte, setzte ich mich hin und sah meinem Sohn beim Schlafen zu.
Dieses kleine Geschöpf besaß so unendlich viel Lebensfreude und Liebe. Ich kannte keine Seele, die reiner als seine war.
Wenn er schlief, schienen meine Probleme so unendlich klein zu werden.
Ich lächelte ihn an.
,, Ach, mein Kleiner. Wenn ich dich nicht hätte."
Es war nicht immer ein Zuckerschlecken, das wusste ich.
Bis vor ein paar Stunden hatte ich mich auch noch auf einen weiteren kleinen Zuwachs gefreut aber jetzt schien alles um mich herum nur noch grau.
Die Freude wie ausgeloschen.

Als wir am Hauptbahnhof angekommen waren, war Jonas schon wieder wach und schien sich sehr darauf zu freuen, meine Eltern wieder in die Arme zu schließen.
Ich konnte es gut nachvollziehen, denn gerade konnte ich nichts besser gebrauchen als meine Eltern, die mich vielleicht sogar in den Arm nahmen.
Es traf sich ganz gut, dass Jonas noch etwas mit zu meinen Eltern fahren wollte, so dass sie mich nur mit den Koffer Zuhause abliefern konnten.
Ich wusste, was nun auf mich zukommen würde und ich wusste, dass es nicht nur mir das Herz brechen würde.
Tief atmete ich durch, öffnete die Haustür und schmiss die Koffer ins Haus.
Die Tür schlug ich mit voller Wucht hinter mir zu und auch meinen Rucksack schmiss ich sauer in irgendeine Ecke.
Ich stürmte ins Wohnzimmer und dort sah ich sie.
Auf der Couch sitzend, neben ihr Jerôme.
Die Wut brodelte in mir und ich konnte nicht mehr anders, als sie überkochen zu lassen.
,, Was fällt dir eigentlich ein, so mit mir unzuspringen?!", fuhr ich sie direkt an und lehnte am Türrahmen.
Sie sah auf.
,, Marco, lass es mich dir erklären."
,, Ich weiß nicht, ob ich mir das erklären lassen will. Die Erklärung wäre doch eh vollkommen absurd, hm?" Jerôme sah mich an.
,, Hör ihr doch einfach zu." Meine Augen funkelten und erneut kochte die Wut in meinem Bauch auf.
,, Oh, bitte. Sei du lieber ganz leise! Verzieh dich. Ich habe wirklich gedacht, dass wir Freunde sind. Aber sowas kann man nicht einen Freund nennen.", ich holte Luft und sah Lynn in die Augen und in diesem Moment machte es mir nichts aus, dass ihr Blick unendlich verletzt schien, denn das sollte mein Blick sein und nicht ihrer.,, Wenn du mir etwas zu erzählen hast, dann rede jetzt oder schweige für immer, dann bin ich umso schneller hier weg." Lynns Pupillen vergrößerten sich und sie schien erschrocken. Von dem einen auf den anderen Moment versteinerte sich ihre Haltung und auch ihr Blick wurde so eiskalt wie nie.
Sie schloss für einige Sekunden die Augen und gab überzeugt wieder:,, Du kannst gehen."
Fassungslos sah Jerôme sie an und er schien die Welt nicht mehr zu verstehen.,, Besser ist es, wenn ich gehe. Ich werde zurück zu meinen Eltern gehen. Ich lasse Jonas bei dir."
Nach dem letzten Satz sagte mein Verstand mir, dass etwas nicht stimmte.
Mein Stolz stand mir aber im Weg und ich konnte mich nicht dazu bewegen, mit ihr darüber zu reden.
Wir waren erwachsen, eigentlich sollten wir uns auch so verhalten. Dieses Verhalten ging aber in diesem Moment verloren.

Lynn verschwand nach oben und ich sah, dass sie wackelig lief.
,, Marco, bitte. Bitte versuche noch einmal, mit ihr zu reden. Es gibt eine Erklärung dafür aber es ist nicht meine Aufgabe, dir das zu erklären.", sagte Jerôme und ich wich seinem Arm aus.
,, Ich weiß, dass sie schwanger ist, falls es das ist." Er sah bedrückt auf den Boden und auf einmal war meine so harte Fassade gebröckelt und das Vaterherz breitete sich in meinem Brustkorb aus.,, Sag mir, dass es noch eines gibt, Jerôme." Er schluckte und auch ich musste schlucken.
In meinen Augen bildeten sich Tränen.
,, Marco, bitte rede mit ihr." Auch wenn ich sauer auf sie war, lief ich wie von der Tarantel gestochen nach oben und konfrontierte sie damit.
Sie sah mir in die Augen, ihr Blick war leer.
,, Jetzt weißt du es halt.", sagte sie abweisend und emotionslos, während sie weiter ihre Sachen zusammenpackte.
,, Ist das dein letztes Wort?" Ich sah, wie sie schluckte. Sie verschwieg mir etwas, verdammt.
,, Ja.. Ja, das war mein letztes Wort."
,, Und deswegen bist du abgereist und hast mir alles verschwiegen? Deswegen? Wieso redest du nicht?" Sie seufzte laut auf.
,, Das wollte ich aber es ist besser, wenn ich es hierbei belasse und dein tolles Leben nicht noch mehr zerstöre.
Jonas..", sie schloss ihre Augen und schien mit sich selbst zu hadern.,, Jonas muss mich auch nicht mehr wiedersehen." Sie sagte es mit einer solchen Sicherheit und Ernsthaftigkeit, dass ich ihr diese Art tatsächlich abgenommen hätte, wenn ich nicht die Tränen in ihren Augen entdeckt hätte.,, Ich möchte euch nicht mehr wiedersehen."

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Hört euch unbedingt das Lied oben an.
Einfach nur anhören und dann versteht ihr vielleicht ein bisschen was, denn ja - das Kapitel ist verwirrend und es tut mir leid, dass ich euch damit so foltere aber glaubt mir, das wird schon bald alles seinen Sinn ergeben und ihr werdet es verstehen!
Ganz viel Liebe,
Emely.❤

fix you - Ich rette Dich [ Marco Reus ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt