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Für die Ausstellung hatte Mom mir ihr Abendkleid geliehen, da ich mir als Studentin eigentlich keins leisten konnte. Es hatte dasselbe dunkle Grün wie meine Augen und einen V-Ausschnitt. Hinten war es auch leicht ausgeschnitten und ich ergänzte es mit zwei silbernen Ohrringen.

Granny steckte meine Locken mit einer Silberspange hoch und trug etwas Make-up auf mein Gesicht auf, da ich davon wenig Ahnung hatte. Ich konnte auch nur schwer in den halbwegs hohen Schuhen gehen, aber bei einer so exklusiven Ausstellung waren Chucks wohl verboten.

Pünktlich um acht klingelte es an meiner Haustür und meine Freunde standen davor. Sonja trug ein leuchtend gelbes Kleid, das an jedem anderen vielleicht dämlich ausgesehen hätte, aber ihr stand es. Bo und Wayne trugen Smokings.

„Hey!", rief Sonja freudig und umarmte mich stürmisch, sodass mir ihr teures Parfüm in die Nase stieg. „Unsere Süße hat ihre eigene Wohnung!"

Bo und Wayne umarmten mich ebenfalls. Die beiden waren schon eigen. Sie waren seit Kindertagen die besten Freunde und während Bo genau wie Sonja etwas kleiner und zarter war, war Wayne ein Bär von einem Mann.

Er war ursprünglich aus Schottland, was seine roten Haare und sein Akzent unterstrichen. Er fuhr einen großen Geländewagen, mit der er uns zur Ausstellung fahren wollte. Wir hatten uns alle in Professor Prestons Vorlesungen kennengelernt und seitdem waren wir unzertrennlich.

Bo und ich ließen uns auf der Rückbank nieder, während Sonja sich neben Wayne nach vorne setzte. Er lächelte ihr entgegen und hätte dabei sogar der Sonne Konkurrenz gemacht.

Armer Wayne. Sonja ahnte nicht mal, wie gerne er sie hatte.

Sie hatte bis vor kurzem einen Freund gehabt, von diesem sie sich allerdings getrennt hatte, weil sie ihn mit seiner Kollegin erwischt hatte. Irgendwie hatte sie genau wie ich kein Glück in der Männerwelt.

Bo war da weniger kompliziert. Er hatte seit über fünf Jahren denselben Freund, mit dem er wirklich glücklich war. Damit war er der einzige in unserer Clique mit Glück in der Liebe.

Auf den Stufen zum Museumseingang stolperte ich mehrmals und hatte es nur meinen Freunden zu verdanken, dass Moms teures Kleid und mein Gesicht nicht beschädigt wurden.

„Sei mir nicht böse, aber du hast wirklich nur Unglück, oder Carol?", fragte Wayne grinsend.

Ich knuffte ihn in die Seite.

„Du musst grade reden.", erwiderte ich und deutete mit einem Kopfnicken in Sonjas Richtung, die mit einem anderen Studenten aus unseren Vorlesungen über irgendwas lachte.

Er grummelte etwas Unverständliches und zog mich und Bo zum Museumsplan. „Und wo ist es jetzt die Kunst-Abteilung?"

„Zweiter Stock.", erklärte Bo.

Wir holten Sonja und fuhren nach oben. Dort hatten sich bereits einige Gäste versammelt und studierten interessiert die Gemälde. 

Ein Kellner brachte uns Weinschorle und Professor Preston begrüßte uns. Als ich schließlich die Gemälde genauer betrachtete, verzog ich das Gesicht.

Alles moderne Kunst.

Nur zusammenhanglose Farbstriche und –kleckse, die weder ein Motiv zeigten, noch einen Sinn ergaben. Da hätte ich genauso einen Farbeimer auf eine leere Leinwand schütten, und ein paar tausend Dollar dafür verlangen können.

Die Idee war gar nicht mal so schlecht.

Ich grinste in mich hinein und merkte gar nicht wie Sonja hinter mich trat.

„Und? Was ist los mit dir?"

„Was meinst du?"

„Als wir hergefahren sind, hast du die ganze Zeit über nachdenklich aus dem Fenster gestarrt, anstatt dich darüber zu beschweren, dass du solche Nobelveranstaltungen dämlich findest. Also, ich höre?"

Ich umklammerte mein Glas fester. Ich wollte meiner besten Freundin nichts verschweigen, aber irgendetwas hielt mich zurück. 

Eher ich länger darüber grübeln konnte, ging plötzlich ein lauter Alarm los. Zuerst dachte ich, es wäre ein Feueralarm, aber dann stürmten zwei Männer mit Skimasken und Waffen in den Saal.

„Alle auf den Boden!", schrien sie und jeder gehorchte.

Mir wurde schlecht vor Angst und auch Sonjas Lippen zitterten, als wir ihrem Befehl folgten. Wayne und Bo sahen besorgt zu uns herüber und auch in ihrem Blick stand Panik.

„Handys in die Mitte!"

Zitternd griffen wir in unsere Taschen und warfen unsere Telefone weg.

„Die Edelsteine werden im Stock über uns ausgestellt.", flüsterte Sonja und Tränen traten in ihre braunen Rehaugen.

„Ganz ruhig, sie tun uns schon nichts!", versicherte ich ihr und bemühte mich um eine ruhige Stimme, obwohl ich selbst m liebsten losgeheult hätte.

„Was gibt's da zu reden!?", rief einer der Einbrecher und stampfte aus uns zu.

Sonja wimmerte, als er ihre Hand nach ihr ausstreckte. Ich nahm all meinen Mut zusammen und setzte mich dazwischen.

„Nichts, sie hat nur Angst. Schließlich haben Sie Waffen in der Hand."

Bo warf mir einen Blick zu, der wohl heißen sollte: Halt die Klappe, oder willst du erschossen werden!?

Dafür war es jetzt ein bisschen zu spät.

Die Augen des Einbrechers begannen seltsam zu leuchten. Er sah zu dem anderen Räuber, der einen Moment verwirrt wirkte, eher er sich wieder fing.

„Nimm sie mit. Ihr zählt jetzt alle bis hundert. Wenn sich einer vorher bewegt, knallen wir erst ihn und dann das Mädel hier ab!"

Grob wurde ich hochgezogen und ein Arm drückte sich auf meine Kehle, sodass ich einen Moment lang keine Luft mehr bekam. Das kalte Metall des Pistolenlaufs brannte auf einem Kopf, während ich zum Ausgang gezogen wurde.

„Carol!"

Meine Freunde sahen mir verzweifelt hinterher, aber sie wussten, dass sie nicht rühren konnten.

Alles wird gut, formte ich lautlos mit den Lippen und ließ mich bis zum Eingangsfoyer zerren, wo fünf weitere maskierte Einbrecher warteten. Sie hatten schwarze Beutel in der Hand, in denen eindeutig Edelsteine klimperten.

Zwei Empfangsdamen saßen weinend in der Ecke und starrten angsterfüllt auf die Räuber.

„Wenn du keinen Ärger machst, lassen wir dich nach ein paar Meilen laufen.", raunte mein Geiselnehmer neben meinem Ohr und ein metallener Geruch trat mir in die Nase.

Mir wurde übel und ich wollte vor Verzweiflung zusammenbrechen, als alle vor den Eingangstüren innehielten.

Dort stand eine Gestalt. Der unheimliche Mann aus meinem Traum.







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