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Wayne drehte nicht durch. Er schlug sich bloß die Hände über den Kopf und tigerte im Zimmer auf und ab.

"Das gibt's doch nicht! Also diese furchterregenden Nachtwesen sind Vampire?! Meine Mutter soll auch einer sein!? Gott, Carol, warum kennst du überhaupt einen Vampir!?"

Das zu erklären hätte wirklich zu lange gedauert.

"Darum geht es jetzt nicht. Er kann dir helfen, das zählt."

"Helfen!? Ich bin ein Mischwesen und das erklärt auch, warum ich ständig Blutgeruch in der Nase habe und ... und ..."

Er wandte den Blick ab.

"Und?"

"Und warum er dein Blut trinken will.", knurrte Luke leise.

Wayne sah mich immer noch nicht an. Er wollte...

Ich widerstand dem Drang, aufzustehen und einige Schritte von ihm weg zu gehen. Ich wollte ihm eine Hand auf die Schulter legen.

"Wayne, ich..."

Er zerrte an meiner Hand und biss ins Gelenk. Ich schrie auf und konnte sie ihm gerade so entziehen, als Luke ihn auch schon gegen die Wand drängte. 

"Versuch dich zu beherrschen, Wayne!" rief er. "Sie ist deine Freundin! Carol! Versuch dich daran zu erinnern, dass sie wie deine Schwester ist! Versuch dich an die Erinnerungen mit deinen Freunden zu klammern und verdräng den Blutdurst."

Es war erschreckend, dass Luke genau zu wissen schien, wovon er sprach. Genau so erschreckend, wie die Bisswunde, die mir gerade mein jahrelanger Freund zugefügt hatte. Da viel mir etwas ein.

"Wayne, denk an Sonja!"

Damit schien ich tatsächlich seine Aufmerksamkeit zu bekommen.

"Denk an Sonja und daran, was wäre, wenn sie dich jetzt sehen könnte!" 

Wayne hörte auf, sich gegen Lukes Griff zu wehren und sackte in sich zusammen. 

"Es tut mir leid.", flüsterte er, bevor er Luke ansah. "Hilf mir, bitte!"

Luke erwiderte seinen Blick kalt und ich konnte keine Emotionen darin erkennen. Als wäre das alles für eine Routine, die er leid war.

"Du musst das durchstehen wie einen kalten Entzug. Eine Woche dürfte reichen. Verlass in der Zeit nicht deine Wohnung, trink nur Wasser und iss nichts. Dein Körper muss mit der überschüssigen Energie klarkommen. Ich sehe mal nach dir, aber du musst dich daran halten, verstanden? Wenn du das schaffst, erkläre ich dir in einer Woche alles, was du wissen musst." 

Damit ließ er Wayne los und ging ohne ein weiteres Wort zur Tür. Unsicher folgte ich ihm und rief an der Haustür noch: "Ich sehe auch nach dir, Wayne. Es wird alles wieder gut, versprochen!"

Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, packte Luke mich auch schon und funkelte mich wutentbrannt an.

"Du wirst nicht nach ihm sehen, kapiert? Das ist die unkontrollierbarste Phase, die ein Vampir oder Halbvampir durchmachen muss! Er hat dich grade eben gebissen und glaub mir, wenn er erst mal wirklich in Versuchung gerät, kannst du dir nicht mehr helfen. Und ich vielleicht auch nicht. Also komm erst wieder her, wenn ich Entwarnung gebe!"

Ich wusste, dass so besser war. Aber gleichzeitig wollte ich nicht, dass er dachte, er könnte mir alles vorschreiben.

"Hör endlich auf damit!", schrie ich und überraschte mich selbst mit meinem kreischenden Tonfall.

Luke sah mich ebenfalls überrascht an.

"Ich weiß ja, dass du dich mit Vampiren besser auskennst und dass du mich mehr als nur einmal gerettet hast, aber ich hasse es mehr als alles andere, wenn man mich immer herumschubsen will und mir nicht selbst die Möglichkeit lässt-"

Meine Stimme versagt, als eine Hand an meine Wange legte und mich verzweifelt ansah.

Obwohl seine Augen aufleuchteten, hatte ich keine Angst. Aber ein schlechtes Gewissen.

Warum hatte ich vor ihm keine Angst, doch vor Wayne schon?

Ich seufzte und schloss die Augen, nicht in der Absicht, diesen Moment zu beenden. Ich hatte keine Ahnung, was in Luke vorging. Oder was auch immer gerade in mir vorging.

"Carol, ich..."

Sein Blick war so traurig, dass ich kurz davor war zu fragen, was los sei.

"Tut mir leid.", murmelte er.

Im nächsten Moment riss er das Fenster im Treppenhaus auf und sprang hinaus.

Warum enttäuschte mich das so?

Ich sorgte mich nur um Wayne und wenn Luke ihm helfen konnte, sollte er doch tun, was er wollte.

Im Aufzug schlug ich beinahe auf den Knopf und draußen stampfte ich aufgebracht zur Bushaltestelle.

Ich sah zu dem Dach von Waynes Wohnhaus, wo eine Gestalt stand. Zwei silberne Augen fixierten mich.

Ich drehte mich um wartete, bis der Bus endlich kam. Als ich einstieg, sah ich nochmal zu Dach.

Die Gestalt war verschwunden.


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Ich wusste nicht, wie ich Sonja und Bo erklären sollte, dass keiner Waynes Wohnung für eine Woche betreten konnte.

Und ich hasste mich selbst dafür, dass ich an diesem Abend zum Supermarkt war.

Dass ich den Kampf gesehen hatte.

Dass ich zu einer Zielscheibe wurde.

Dass Luke mich retten musste.

Immer wieder.

Dass ich von den Vampiren wusste, aber meine Freunde nicht.

Ich kauerte mich auf meiner Couch zusammen und starrte auf eine Tasse Früchtetee, als könnte sie mir sagen, was ich tun sollte.

Aber eins war klar: Ich konnte mich nicht ewig verkriechen und darauf warten, dass sich alles von selbst regelte.

Alles was ich tun konnte, war zu versuchen, eine gute Informantin zu sein. Also dachte ich über die Rubine nach.

Sie machten die Vampire zu Bestien. Aber die Vampire wollten im Verborgenen bleiben, also musste sie jemand gezwungen oder angestiftet haben.

Blieb nur noch die Frage, wer eine Armee persönlicher Monster brauchte. Oder ob es überhaupt ein Mensch und nicht ein rebellischer Vampir war.

Hörte sich wie Nadel im Heuhaufen an, aber es gab bestimmt eine Lösung. Es musste einfach eine geben.

BlutrubinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt