⚡︎ fünfzehn ⚡︎

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Taehyung

Nein, der Scheiss würde nicht wieder von vorne beginnen. Diese Nahrungssuche ist anders als die, die Jungkook und ich vor einigen Tagen mit Jimin bestritten haben.

Hoseok ist viel ruhiger und zankt nicht so viel mit Jungkook, gleichzeitig lässt mich mein Mate nicht aus den Augen. Gelegentlich kommt er mir dabei auch so nahe, dass sich unsere Oberarme berühren oder unsere Hände, aber ich nehme nur wieder etwas Abstand.

Es wäre mir viel zu peinlich wieder in so einen Zustand zu geraten wie eben, als Jungkook mich gegen die alte Hausmauer gedrückt hat. Was läuft denn auch falsch bei mir? Ich sollte bloß nicht damit anfangen, jetzt unterwürfig zu werden. Unter keinen Umständen.

„Lasst uns dahinten hingehen. Dort gibt es ein Restaurant und einer der Mitarbeiter hat mich ins Herz geschlossen, da kriegen wir sicherlich etwas," bestimme ich und Jungkook neben mir zieht verärgert die Augenbrauen zusammen.

„Wie ins Herz geschlossen? Seid Ihr Freunde, oder was?"
Ich grinse lediglich und beschließe, Jungkook etwas zu provozieren. Sonst wird es ja langweilig mit ihm.
„Die Frage müsste eher lauten: ‚Seid Ihr Freunde oder mehr?'"

„Was?!"
Ich quietsche erschrocken auf, als sich aus dem Nichts zwei Hände von hinten in meine Taille Krallen und ich Jungkooks warmen Atem an meinem Nacken spüre, ebenso wie seinen viel zu schnellen Herzschlag.

„Wie, Freunde oder mehr? Läuft da was zwischen euch? Hat er dich angefasst? Ich bringe diesen Kerl um!" Jungkooks Stimme ist laut und zwei Oktaven tiefer als sonst, während ich nur zu lachen beginne. Er ist total darauf reingefallen und seine Reaktion ist einfach nur überzogen.

„Reg dich ab und sei nicht so Aggressiv, du Neandertaler. Der hat lediglich Mitleid mit mir und da läuft nichts," informiere ich meinen Mate und laufe zufrieden grinsend weiter. Hinter mir höre ich Jungkook noch irgendetwas fluchen und dieser Hoseok beginnt ebenfalls zu kichern.

„Taehyung, du bist wirklich frech."
„Ich weiß," grinse ich stolz und laufe beschwingt weiter.
„Hör auf so mit der Hüfte zu wackeln. Wir kommen gleich auf die belebteren Straßen," meldet sich Jungkook von hinten und er klingt noch immer angepisst. Versteht der denn gar keinen Spaß?

„Ich wackele doch gar nicht mit der Hüfte? Und außerdem macht es Spaß so zu laufen. Ist doch nicht schlimm."

Diesmal schwinge ich meine Hüfte extra etwas mehr, ein bisschen so wie die Frauen in den kurzen Röcken, die man manchmal auf der Straße laufen sieht. Ich höre Jungkook tief Luft holen und drehe mich einmal frech grinsend zu ihm um, ehe ich weiterlaufe.

„Taehyung, du machst mich fertig," brummt er und dann spüre ich, wie sich auf einmal etwas um meine Taille schlingt. Als ich an mir heruntersehe, erkenne ich das es Jungkooks dünne Jacke ist.

Verwirrt sehe ich meinen Mate an, aber er läuft bloß an mir vorbei und konzentriert sich auf die Straße.
„So sieht man wenigstens nicht deinen Hintern in dieser verflucht engen Hose."

„Ich hab nun mal nicht so viele andere," schmolle ich und ziehe die Jacke etwas fester.
„Und außerdem finde ich, dass mein Hintern da gar nicht so übel drin aussieht. Es ist mir egal, aber als ich die Hose gestohlen habe, sass sie ziemlich gut."

„Ja, leider steht sie dir etwas zu gut," brummt Jungkook nur noch und ich frage gar nicht erst weiter nach. Wer weiß was er schon wieder für Probleme hat. Er scheint nicht so ein entspannter Mate zu sein.

„Jetzt müssen wir hier rüber und dann dahinten hin. Um diese Zeit bringt der Mann meistens den Müll weg."
Ich laufe vor und sehe in den dämmrigen Himmel über Seoul. Gegen Abend räumt der Mann auf und manchmal stellt er mir sogar etwas nach draußen. Es passt mir mittlerweile nicht so gut, zu dieser Zeit dahin zu gehen, da die Nacht neuerdings etwas undefinierbar bedrohliches hat, aber ich gehe trotzdem.

Ich war schon immer super empfindlich was Gefahren angeht und so konnte ich bisher auch überleben, aber in diesem Fall kann ich nicht genau benennen, was das ist. Wäre es ein fremder Werwolf der mich verfolgt, hätte ich es sofort erkannt, aber es ist irgendetwas anderes. Ein grauenhaftes Gefühl. Irgendetwas ist da, aber es kommt nicht raus oder zeigt sich.

Schweigend laufen wir drei weiter, bis wir schließlich in dem Hinterhof ankommen und dort wie zu erwarten viele essbare Abfälle finden. Ich bin nervös und beginne sofort alles zusammenzusuchen.
„Das ist ja ne leichte Nahrungssuche gewesen," freut sich Hoseok und lächelt mich dann an.
„Danke Taehyung, dass du uns den Ort gezeigt hast."
Ich werde doch tatsächlich etwas rot bei dem Lob und versuche nur lässig zu nicken. „Kein Ding. Und jetzt lasst uns zurückgehen, ich laufe nicht gerne abends durch Seoul."

Jungkook wirft mir einen komischen Blick zu, aber ich weiche ihm aus. Eigentlich ist die Abendzeit die beste für Werwölfe, aber ich fühle mich hier unwohl und beobachtet. Das würde ich Jungkook gegenüber natürlich nie zugeben, schließlich will ich nicht als Angsthase dastehen, aber trotzdem möchte ich so schnell es geht von hier verschwinden.

„Los jetzt."
Die anderen beiden nehmen Einiges auf den Arm und auch ich stopfe ein hartes Brot in meinen Rucksack. Dann folge ich den beiden aus dem Hinterhof raus, doch das komische Gefühl beobachtet zu werden verschwindet nicht.

Es kribbelt wie ein Insekt in meinem Nacken und ich habe beinahe das Gefühl, von irgendetwas oder irgendjemandem angestarrt zu werden. Mein Herz beginnt schneller zu klopfen und ich Panik macht sich in mir breit.
‚Mach dich nicht lächerlich, Tae!' schimpfe ich in Gedanken mit mir selber, aber bleibe trotzdem einmal stehen, um mich umzudrehen und zu schauen. Wie dumm ich doch bin.

Mein Blick muss nicht lange suchen und mein Herz setzt einen Schlag aus.
Auf dem gegenüberliegenden Hinterhof steht eine deformierte Gestalt, mit einem Arm und Klauen, einer Fratze mit einem Lächeln auf den zerrissenen Lippen.
Ich erstarre. Mir wird gewunken.
Mit weit aufgerissenen Mund blicke ich direkt in rotleuchtende Augen.

„Jungkook. Hoseok. Rennt!"

Underground DogsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt