Taehyung
Mali's Beerdigung ist schrecklich gewesen.
Die meiste Zeit habe ich nur daneben gestanden, weggesehen und gehofft, dass es schnell vorbei ist. Mein Herz hat geschmerzt und das, obwohl ich Mali nicht einmal kannte.Aber so bin ich nun mal, einfach ein bisschen überempfindlich. Gerade greift Jungkook nach meiner Hand und weil ich mich immer noch so schlecht fühle, lasse ich es sogar zu. Der warme Druck seiner Hand gibt mir zumindest für den Weg nach Hause genug Halt, um die weinenden Wölfe um mich herum auszuhalten.
„Es ist okay...", murmelt Namjoon vor mir und streicht seinem Gefährten über den Rücken, obwohl er selber weint. Jin bleibt stumm, aber ich rieche seine salzigen Tränen und beiße mir selber auf die Unterlippe, als ich das verräterische Brennen in meinen Augen spüre. Ich habe kein Recht zu weinen.
Die Stimmung im Lager ist erdrückend als wir ankommen und sofort reiße ich mich von Jungkook los, um mich bettfertig zu machen. Ich fühle mich, als hätte ich einen Stein im Magen und kaum habe ich mich unter der dünnen Decke verkochen, rolle ich mich zu einer Kugeln zusammen.
„Taehyung...", ich sehe über meine Schulter zu Jungkook, der sich gerade sein Shirt über den Kopf zieht, sodass ich einen Blick auf sein definiertes Sixpack werfen kann. Schluckend wende ich mich ab, Gedanken die in Richtung des Körpers meines Mates gehen kommen mir im Moment falsch und viel zu oberflächlich vor.
Ich zucke nicht einmal zusammen, als sich Jungkook an meinen Rücken kuschelt und seine Arme um meinen Bauch schlingt. Stattdessen strecke ich mich wieder ganz aus und lege meinen Kopf auf Jungkoos Oberarm, der neuerdings als mein Kissen fungiert.
„Schlaf gut", flüstert er und sein warmer Atem streift mein Ohr.
„Du auch", gebe ich leise mit kratziger Stimme zurück und schließe die Augen, fest darauf bedacht an etwas Schönes zu denken und die Trauer der Nacht nicht in meine Träume zu lassen.Ich schaffe es schließlich einen mehr oder weniger ruhigen Schlaf zu finden und als ich am nächsten Morgen aufwache, ist mir zumindest nicht mehr so schlecht wie vorher. Jungkook liegt noch friedlich schlummernd neben ihm, aber da ich ihm nach der anstrengenden Nacht die Ruhe gönne, mache ich mich nur leise von ihm los und steige über ihn hinweg.
„Hey", Grüße ich kurz angebunden, als ich mich zu Jimin geselle, nachdem ich mich frisch gemacht und angezogen habe.
„Hey", gibt er still zurück und reibt sich über die Augen. Dunkle Schatten zieren seine Haut und ich frage mich, ob er die ganze Nacht auf war.„Magst du den anderen sagen, dass ich bei Jiyong bin? Ich würde gerne mit ihm sprechen, wegen meinem Tattoo", melde ich mich bei Jimin ab. Gleichzeitig wird mir erschreckend bewusst, wie abhängig ich bereits von meinem Rudel bin - jetzt sage ich sogar Bescheid, wo ich hingehen werde.
„Ganz alleine? Ich begleite dich lieber", sagt Jimin sofort alarmiert, aber ich lege ihm eine Hand auf die Schulter und schüttele den Kopf.
„Du bleibst hier und ruhst dich aus, okay? Wenn du willst, frage ich Hoseok ob er mitkommt, aber du hast den Schlaf dringend nötig." Jimin hebt müde, aber skeptisch eine Augenbraue und ich seufze: „Ich gehe nicht alleine, versprochen."Ich lächele etwas und Jimin reibt sich gequält die Augen, ehe er zustimmend nickt: „Du hast vermutlich recht, aber nach gestern konnte ich nicht einschlafen. So etwas geht mir immer sehr nah."
Unschlüssig beiße ich mir auf die Unterlippe, bevor ich aus einem inneren Impuls heraus einen Schritt auf Jimin zu mache und ihn in eine kurze Umarmung schließe.Der zierliche Körper entspannt sich beinahe augenblicklich und als ich wieder zurücktrete, erscheint ein schmales Lächeln auf Jimins Gesicht. „Danke."
„Anscheinend helfen Umarmungen", zucke ich nur mit den Schultern und bevor ich noch liebevoller werde, drehe ich mich um und suche Hoseok an seinem Schlafplatz auf.Es tut mir leid ihn aus seinen Träumen reißen zu müssen und nach gestern Nacht ist er sicherlich auch noch müde, aber Jungkook will ich noch weniger fragen und ich habe Jimin schließlich versprochen, nicht alleine loszulaufen. Außerdem ist mir selber unwohl bei dem Gedanken an die ganzen Angriffe der letzten Zeit und eine zweite Person wäre sicherer.
„Hobi? Hobi!", flüstere ich leise und schüttele den Werwolf schließlich an seiner Schulter.
„Was'n?", nuschelt er undeutlich und immer noch im Halbschlaf. Müde sieht er mit halb geschlossen Augenlidern zu mir auf.
„Kannst du mit mir mitkommen? Ich würde gerne zu Jiyong..."Es kommt keine Reaktion und in mir macht sich ein immer schlechteres Gewissen breit, aber schließlich schlägt Hoseok die Augen ganz auf.
„Gib mir nen Moment um mich fertig zu machen", brummt er und ich nicke sofort.
„Danke", sage ich schuldbewusst lächelnd, aber er winkt ab.„Es ist gut, etwas anderes zu machen, um von gestern Nacht abzulenken. Und Für Jin ist es sicherlich auch schöner, wenn Wenige im Lager sind und er in Ruhe trauern kann."
Hoseok rappelt sich ungelenk auf und ich mache ihm Platz, damit er sich fertig machen kann.Es dauert nicht lange und dann können wir beiden losgehen. Es muss schon auf die Mittagszeit zugehen, denn die Sonne steht hoch am Himmel als wir durch die vollen Straßen laufen. So lange habe ich vermutlich noch nie geschlafen, aber als ich alleine war, war jede Sekunde Schlaf auch gleichzeitig ein potenzieller Moment, getötet zu werden. Das Rudelleben ist sicherer und in vielerlei Hinsicht auch entspannter. Ich frage mich nur, wann ich wohl eine Nachtwache übernehmen muss - und ob ich dann genauso fertig bin, wie Jimin immer.
„Weißt du überhaupt, wo wir lang müssen?" Hoseoks ungewöhnlich ruhige Stimme reißt mich aus meinen Gedanken.
„So ungefähr", gebe ich vage zurück und Hoseok schüttelt leicht schmunzelt den Kopf, ehe er schweigend weiterläuft. Wir reden beide nicht viel, denn er scheint noch ziemlich müde und ich versuche krampfhaft, mich an den Weg zu erinnern.„Hier sind wir auf jedenfall richtig, beim letzten Mal haben dort vorne Kinder gespielt", murmele ich gedankenverloren und wir gehen weiter.
„Dieser Jiyong muss ein richtiger Bonze sein", murmelt Hoseok und ich meine, so etwas wie Anerkennung und Neid in seinem Tonfall hören zu können.„Ja, er ist ziemlich reich... schau mal! Das da vorne ist seine Villa!"
Aufgeregt zeige ich auf das Ende der Straße auf die weiße Villa, die zwischen all den protzigen Häusern noch einmal heraussticht. Elegant und kühl sieht das Gebäude aus, aber es schreit gerade zu nach Verschwendung und Geld.Hoseok pfeift einmal anerkennend und wirft mir dann einen Blick zu: „Kein Wunder das du den Job bei dem Kerl angenommen hast, muss ne ziemlich gute Einnahmequelle sein."
Ich werde rot und zucke dann mit den Achseln.
„Schon irgendwie, aber es ist unstetig. Ich weiß nicht, wann ich das nächste Mal arbeiten kann."Wir gehen weiter auf die Villa zu und in der Ferne höre ich die Sirenen eines Krankenwagens. Das Geräusch kommt immer und die schrillen Töne des Martinhorns tun in meinen Ohren weh, sodass ich meine Hämde dagegen drücke, um das laute Geräusch abzudämpfen. Auch Hoseok sieht gequält aus, aber wir reißen beide erschrocken die Augen auf, als plötzlich ein Krankenwagen und ein Polizeiauto am Ende der Straße auftauchen.
Mit rasender Geschwindigkeit fahren sie auf uns zu, an uns vorbei und dann zu Jiyongs Villa, vor der sie Halt machen. Ich sehe, wie hektisch Sanitäter und Polizisten aus den Wagen steigen und automatisch bewegen sich meine Beine in Richtung des Geschehens.
Hoseok will mich aufhalten, aber ich reiße mich von ihm los und renne bis zu dem Polizeiauto, wo ich nachdrücklich aufgehalten werde. Einer der Polizisten stellt sich mir in den Weg und sieht mich ernst an.
„Keine Schaulustigen. Bitte gehen Sie weiter."
„Ich bin ein Freund von Jiyong! Was ist passiert?", frage ich alarmiert und der Polizist seufzt.„Das darf ich Ihnen leider nicht genau sagen. Wir haben einen Notruf von einem der Dienstmädchen erhalten, die einen Mord meldete. Sie sind ein Bekannter, sagen Sie? Dann bleiben Sie bitte und geben Sie uns Ihre Personalien, damit wir ermitteln können."
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Underground Dogs
FanfictionUnderground Dogs. Ein Rudel zusammengewürfelter Werwölfe, die irgendwie in der Großstadt Seoul überleben wollen. Sie gehen über Leichen, verteidigen das Wenige was sie haben und lassen niemanden an sich heran. Aber dann treffen sie auf einmal auf d...