„Man könnte sagen, dass er mich entführt hat. Mehr oder weniger.", sprach ich langsam aus. „Wie mehr oder weniger?", Louis' Stimme triefte vor Misstrauen. „Naja ich bin freiwillig mit ihm geflohen, ohne jemanden Bescheid zu geben, verließen wir das Heim. Ich ging ohne meinen Bruder oder meine beste Freundin. Wir fuhren ziemlich lange einfach nur rum, bestimmt Monate. Schließlich war ich verliebt und erkannte nicht, was wirklich seine Absichten waren.", hier unterbrach mich Harry: „Ich dachte, dass du ihn kaum kanntest?" Verwirrt schaute er mich an und ich nickte. „So war es auch. Aber du kannst dich auch in jemanden verlieben den du kaum kennst. Bei mir war es zumindest so. Vielleicht lag es auch daran, dass ich zu dieser Zeit oft alleine war und er mir das Gefühl gegeben hatte, etwas Besonderes zu sein. Plötzlich kam er dann mit dieser absolut irrsinnigen Idee abzuhauen. Und was soll ich noch groß dazu sagen, ich bin mit ihm weggelaufen. Wir fuhren bestimmt monatelang durchs Land ohne ein wirkliches Ziel anzusteuern. Nach Monaten hatten wir uns ein Haus gesucht, welches sehr abgelegen lag, damit uns keiner entdeckte. Wir waren beide schließlich noch lange nicht volljährig. Das war wunderschön und auch unsere Beziehung bis dahin. Leider musste ich dann irgendwann feststellen, dass ich ihn nicht mehr so sehr liebte wie am Anfang. Er hatte sich verändert und ich wollte mich von ihm trennen. Er wollte es einfach nicht hinnehmen und versuchte mich mit allen Mitteln wieder zurück zu bekommen. Mein Entschluss stand fest, ich wollte gehen, doch er hatte andere Pläne. Wurde plötzlich krankhaft eifersüchtig und unterstellte mir viele absurde Dinge. Am schlimmsten für mich war jedoch, dass er nicht mehr so liebevoll und gutherzig war, wie ich ihn am Anfang kennengelernt hatte. Er schloss mich schlussendlich in „unserem" Haus ein und das 1 1/2 Jahre lang."
Schweigen. Nervös nahm ich meine Lippe zwischen meine Zähne und kaute bis ich Blut schmeckte.
„Das ist krass.", war der erste Kommentar, den ich vernahm und der kam überraschender Weise von Zayn.
„Woher die ganzen Verletzungen?" Diese Fragen ließ mich schwer schlucken. „Hat er dich geschlagen?", Nialls Gesichtsausdruck war nicht zu deuten und auch Liam hatte sich angespannt. Seine Kiefermuskeln spannten sich an und er knirschte mit seinen Zähnen. „Ähm ... Also ... I-Ich ...", stammelte ich vor mich hin und versuchte der Frage auszuweichen. Jedoch erinnerte ich mich daran, dass ich ihnen ja irgendwie die Wahrheit sagen wollte. Außerdem wie sollte ich mich denn auch bei meinen Verletzungen herausreden? Es war offensichtlich, dass es von Schlägen kam, somit bejahte ich Nialls Frage mit einem kräftigen Nicken.
„Ja hat er und es blieb auch nicht bei Schlägen, manchmal hier ein Schnitt und dann mal wieder da ein Schlag. So genau wollte ihr das auch gar nicht wissen.", meine Stimme klang zum Glück nicht mehr so brüchig, wie zuvor, denn nun log ich sie nicht mehr an. Ich war offen und ehrlich und sprach somit auch selbstbewusster. Außerdem hatte ich das alles schon vor langer Zeit als fast selbstverständlich hingenommen. Es war für mich zum Alltag geworden, dass er mich verletzte, ob jetzt physisch oder psychisch. Und somit gelang es mir auch, nicht in Tränen auszubrechen und zusammenzuklappen.
Nach meiner Antwort war die Stimmung ziemlich bedrückt und die Stille zerrte an meinen Nerven. Konnten sie denn nichts sagen? Aber was sollten sie auch schon auf so ein Geständnis antworten?
„Ich glaube es ist besser, wenn ich jetzt erstmal hoch gehe. Ihr könnt in Ruhe besprechen, was ihr davon haltet und wie es weiter gehen soll. Gute Nacht.", beschloss ich und stand schnell auf. Während ich in mein Zimmer floh, blieb es hinter mir ruhig.
Was die fünf jungen Männer auch immer beschließen sollten, es würde starken Einfluss auf mich und meine Zukunft nehmen und davor hatte ich ziemlich Angst. Die Gedanken daran, dass ich vielleicht wieder alleine sein würde, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren und eine Gänsehaut zog sich über meinen kompletten Körper.

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Fighter
RomanceFür Katherine hätte ihr Leben nicht besser laufen können. Trotz ihres Lebens im Heim war sie ein mutiges und sehr aufgewecktes Mädchen. Doch eine Entführung und ein zwei jähriger Aufenthalt in ihrer persönlichen Hölle prägt die junge Frau sehr stark...