Der Raum wurde bloß vom Licht des Computers erhellt und erhielt dadurch eine kalte Atmosphäre. Minervas blaue Augen wanderten hektisch über den Monitor, auf dem Profile einiger Heftlinge zu sehen waren. Mit einem Kopfschütteln schloss sie ein Fenster nach dem anderen.
"Das wollte ich hören", murmelte Minerva in das Mikrophon ihres Headsets.
"Das - das wolltest du?", ertönte eine brüchige Stimme.
"In der Tat. Dich haben die Details nicht zu interessieren. Dein Job ist hiermit erledigt."
"Oh, gut. Ja, das ist gut. Wie sieht es mit der Bezahlung aus?"
Minerva hielt einen Moment lang inne.
"Ich lasse dir den vereinbarten Betrag zukommen. Womöglich werde ich deine Dienste nochmal beanspruchen, also sei erreichbar", sprach die Detektivin langsam.
Der Satz glitt nur wie zäher Schleim von ihrer Zunge.
"Ja, gut, werde ich sein", gab der Hacker erfreut zurück.
Die Verbindung wurde von ihm unterbrochen. Minerva lehnte sich in ihrem Sessel zurück und starrte an die schwach beleuchtete Decke. Der angeheuerte Hecker hatte Alex überprüft, zumindest hatte jener es so berichtet. Minerva war sich nicht sicher, ob sie ihm vertrauen konnte, doch sie hatte keine andere Wahl. Dass Alex sie hinterging, bezweifelte sie sowieso. Ihre Augen schmerzten, als sie sich wieder an den Monitor wandte. Mit wenigen Klicks wurde eine Verbindung zu Alex aufgebaut.
"Na, Minnie? Noch am Leben?", ertönte nur wenige Sekunden darauf die bekannte Stimme.
Die Detektivin schaltete ihren Stimmverzerrer ab, während sich ihre Miene verdüsterte.
"Pass gut auf, mein Lieber", knurrte sie bedrohlich wie eine Raubkatze.
"Wieso denn ich? Du bist die Zielperson des Falles", entgegnete Alex neckend.
"Vergiss es", zischte Minerva und trennte die Verbindung.
Eine Nachricht auf ihrem Handy zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Wedy hatte alle Kameras und Wanzen erfolgreich installiert. Ungeduldig verband Minerva sich mit ihnen und konnte so Aibers Haus ausspionieren.
"Also gut, ich werde die Sache ernstnehmen. Wie kann ich dir behilflich sein?", fragte Alex plötzlich und ließ Minerva zusammenzucken.
Er hatte sich mal wieder in ihren Computer gehackt und strapazierte Minervas Nerven.
"Ich könnte dir den Kopf abreißen", knurrte sie. "Untersuche Aburame Kenichis Handy. Seinen Computer. Seine sozialen Netzwerke. Alles."
"Wird gemacht", nahm Alex den Befehl gehorsam an.
Auf dem Bildschirm war ein Wohnzimmer zu sehen, doch es war leer und verlassen. Die Detektivin schaltete um auf die Küche, in der eine Frau das Abendessen vorzubereiten schien. Minerva lehnte sich nach vorne, um die Blonde besser mustern zu können. Sie sah Aiber ähnlich, doch es musste sich dabei um seine Ehefrau handeln. Die Frau wirkte überfordert und besorgt. Das Essen in der Pfanne schien beinahe anzubrennen. Aus einem Grund, den Minerva nicht erkennen konnte, schreckte die Frau auf und drehte sich um. Um die Ursache zu erkennen, schaltete Minerva den Ton an. Kurz darauf trat Aiber in die Küche.
"Erschreck mich doch nicht so", stieß die Frau mit einem erleichterten Unterton aus.
Aiber lachte sein übliches Lachen und küsste seine Gattin.
"Tut mir leid", grinste er.
"Schon gut. Ich bin froh, dass du wieder da bist", meinte sie angespannt.
"Du machst dir zu viele Sorgen um mich. Du solltest dich eher um das Essen sorgen."
Aiber stellte sich an den Herd und rettete die Küche im letzten Moment vor einem Brand. Minerva musste schmunzeln, als sie erfuhr, dass Aiber kochen konnte.
"Wie wäre es mit Pizza?", schlug er vor, während er das verkohlte Etwas in der Pfanne betrachtete. Seine Frau nickte eifrig.
"Klingt nach einem guten Plan."
Leise, aber schnelle Schritte waren zu hören, woraufhin ein kleiner Junge in der Küche erschien. Er hatte das blonde Haar seiner Eltern natürlich geerbt und die blauen Augen hatte er von Aiber. Der Junge im Alter von etwa acht Jahren begrüßte seinen Vater freudig und hielt ihm einen Zettel unter die Nase.
"Eine Eins!", rief der Junge aus.
"Der Wahnsinn, Großer! Du wirst noch Klassenbester, wenn das so weitergeht", freute sich Aiber.
Minerva erwischte sich dabei, wie sich Tränen in ihren Augen sammelten. Schnell schüttelte sie das Gefühl des Neids ab und widmete sich wieder den Heftlingen. Sie ordnete sie und deren Angehörige in die Kategorien 'Motiv', 'kein Motiv' und 'unmöglich gerissen genug'. Sie arbeitete sich wie durch zähe Masse und dies tat sie die nächsten Tage ununterbrochen. Zwischendurch nickte sie für wenige Stunden ein oder jubelte Watari ihr Essen unter die Nase, da sie sich weigerte, aus dem Zimmer zu kommen. Sie wollte nichts Anderes, als diesen Fall abzuschließen und zurück nach Tokyo zu fliegen. So viel sie auch arbeitete, Minerva hatte nicht das Gefühl, voranzukommen. Ein Ende schien noch lange nicht in Sicht zu sein.Ein Klopfen weckte Minerva aus ihrem Sekundenschlaf. Sie brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass jemand an ihrer Zimmertür klopfte. Sie rieb sich verschlafen die Augen und gab keine Antwort.
"M? Du bist doch da drin, nicht wahr?", fragte der Waisenjunge namens Matt.
Minerva ignorierte ihn, während sie durch die Räume von Aibers Haus klickte. Es waren Tage vergangen, in denen nichts Auffälliges geschehen war. Minerva hatte auch nichts Anderes erwartet, doch trotzdem ließ sie Wedy die Kameras und Wanzen nicht entfernen. "Hey, also, hör mal. Ich versteh ja, dass du deine Ruhe willst, aber mein ganzer Reichtum ist in dem Raum, den du beanspruchst. Also … Komm schon, lass mich rein. Ich bin auf Entzug", redete der Junge vor der Tür daher.
Minerva verdrehte die Augen und dachte einen Moment lang nach. Sie konnte Matt verstehen, immerhin kam sie in ihrer Freizeit auch nicht ohne ihre Spiele aus. Seufzend schlurfte sie zur Tür und knetete dabei ihre schmerzende Schulter. Als die Detektivin Matt gegenüberstand, musterte sie ihn und suchte den Flur nach Mello ab, doch sie fand ihn nicht. Mit beinahe bravem Gesichtsausdruck sah Matt ihr entgegen.
"Von mir aus", murrte Minerva widerwillig.
Ein Grinsen huschte über das Gesicht des Waisen. Während sich die Schwarzhaarige wieder an den Computer setzte, schaltete der Rothaarige die Konsole an und fing sogleich an, zu zocken.
Es dauerte zehn Minuten, bis Minerva es nicht mehr aushielt und sich an den Fernseher wandte. Sie beobachtete Matt beim Schlachten von Zombies und Erreichen eines neuen Highscores. Zähneknirschend erhob sie sich und hockte sich neben den Jungen auf das Sofa und riss diesem den Controller aus der Hand.
"Du machst mich wahnsinnig", murmelte sie und gab ihr Bestes, Matt zu übertrumpfen.
Interessiert lehnte er sich zurück und betrachtete ihr Spiel. Minerva schmiss den Controller quer durch den Raum, als ihre Figur im Spiel starb. Matt erhob sich lässig von dem Sofa und kramte in einer Lade einen neuen Controller hervor. Den demolierten hob er ebenfass auf, fügte die einzelnen Teile wieder zusammen und überreichte ihn ihr. Misstrauisch beobachtete sie sein Tun und verstand schnell, dass er mit ihr im Mehrspielermodus spielen wollte. Ihr erhitztes Gemüt kühlte langsam ab und sie konzentrierte sich auf die zu schlachtenden Zombies.
Die Zeit verging wie im Flug, als die beiden zockten. Minerva hatte eine ausgiebige Pause vom Fall und ihre Nerven erholten sich langsam. Matt und sie unterbrachen ihr Spiel nicht, als eine laute Stimme am Flur zu hören war.
"Matt!", rief Mello und wurde immer lauter. Ohne zu klopfen riss er die Tür auf und starrte die beiden ungläubig an. "Ich fass es nicht! Hier treibst du dich also rum. Mit der da?"
"Ja", nuschelte Matt, ohne den Blick vom Fernseher abzuwenden.
"Wie hast du es geschafft, die da zu überreden? Und wieso hast du mir nicht Bescheid gesagt?", beschwerte sich der Blonde lauthals.
Genervt pausierte Minerva das Spiel und wandte sich an Mello.
"Die da hat einen Namen. Dir gebührt die Ehre, mich Minerva zu nennen, alles klar? Matt hat mich netterweise einfach gefragt, ob er sich hier aufhalten darf, anstatt sich hier stur reinzuschleichen. Vermutlich hat er dir nichts gesagt, weil er den Moment ohne deiner nervtötenden Anwesenheit genossen hat", fuhr die Detektivin ihn an.
Sie bemerkte selbst, wie der fehlende Schlaf ihre Nerven strapazierte. Mello ballte seine Hände zu Fäusten.
"Du tauchst hier auf und glaubst, dass alles dir gehört! Du eingebildete Möchtegern-Detektivin stehst doch nur im Schatten von L und deswegen denkst du, du wärst die Größte. Aber du irrst dich gewaltig. Du bist und bleibst eine Verbrecherin, die eigentlich hinter Gitter gehört. Black Flash, du wirst niemals das Niveau von L oder auch nur uns erreichen."
Minerva sah ihn finster an und wartete einen Moment, ob er das Gesagte zurücknehmen würde, doch Mello hielt ihrem Blick mutig stand. Bedrohlich langsam erhob sie sich und stellte sich vor ihn hin. Ihr missfiel es, dass der Junge nicht auf die aufsehen musste.
"Jetzt hörst du mir gut zu, Kleiner. Ich weiß ganz genau, dass ich Schwächen habe, die L nicht besitzt. L ist zum Beispiel nicht mal annähernd so leicht zu reizen wie ich. Ich bin schnell auf 180 und wenn es so weit kommt, dann bewahren die römischen Götter diejenigen, die mir zu nahe kommen. Ich gebe dir den Rat, so schnell zu laufen, wie du nur kannst. Aber vergiss nicht, warum ich Black Flash genannt wurde. Sicherlich nicht, weil ich langsam war", sprach sie bemüht leise und ruhig. In ihr regte sich ein Tier, das hervorbrechen wollte. Mello sah gehetzt zu Matt, doch der schien ihm nicht helfen zu können. "Lauf."
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Minerva [L x OC]
Fanfiction[Dies ist der zweite Teil zu 'Black Flash'. Es ist vorteilhaft, mit dem ersten zu beginnen.] "Aiber?", fragte Minerva atemlos, sobald das Piepen aufgehört hatte. "Ist alles in Ordnung bei dir, Prinzessin?", fragte Aiber sofort. Er schien sie wirklic...