22. Kapitel

396 35 19
                                    

"Das ist ein Glastisch, dummer Junge! Nimm deine dreckigen Stiefel runter! Und du, Bürschchen, gibst mir sofort die Schokolade! Es wird vor dem Mittagessen nicht genascht", befahl die alte Frau gereizt und nahm Mello die Tafel Schokolade weg.
Verwundert beobachtete Minerva ihre Großmutter bei ihrem Tun und bewunderte sie stumm. Mello hatte noch nie so brav ausgesehen. Bei diesem Anblick entfuhr ihr ein Lachen, doch das verging ihr, als die alte Frau auf sie zukam. "Hast du denn keine Ahnung von Erziehung, junge Dame? Was soll aus diesem Pack von Kindern bloß werden? Wo sind die zwei Kleinen schon wieder?"
"Die spielen im Vorhaus Fangen", erklärte Minerva wie auf Knopfdruck.
Ergeben seufzte die Großmutter und setzte sich an den Tisch, an dem auch Minerva und L saßen. Die junge Frau schlürfte einen Eiskaffe, während ihr Partner Zuckerwürfel in seinen Kaffee schmiss. Skeptisch musterte die alte Frau den skurrilen Mann. Minerva ahnte schon, was jetzt kommen würde, und stieß L mit dem Ellenbogen an.
"Was habe ich von dir erwartet, Minerva? Normalität war dir doch schon immer ein Fremdwort."
Überrascht über die Worte ihrer Großmutter erhob sie ihre Augenbrauen. Ein Lächeln überkam sie, während ihr Blick von Matt und Mello zu L glitt.
"Minerva hat ihren Hang zur Abnormalität gewiss im Kindesalter entwickelt, als sie noch hier lebte", spekulierte L und warf weiterhin Zuckerwürfel in die dunkle Flüssigkeit.
Minervas blaue Augen erweiterten sich vor Schreck. Sie erwartete nun eine Explosion, doch die traf nicht ein.
"Immerhin befindest du dich auf demselben Niveau der Abnormalität wie meine Enkelin", seufzte die alte Frau.
Ein Lächeln huschte über Minervas Züge und wurde noch breiter, als Lucy und Benito in die Stube rannten. Lucy schmiss sich ausgelaugt auf Minervas Schoß, während Benito in die Küche ging, um Wasser zu holen. Er kam mit zwei Gläsern zurück und überreichte Lucy eines davon.
"Danke, Ben", kam es von dem kleinen Mädchen.
Stolz fuhr Minerva ihr durch die langen, seidigen Haare.
"Oh, tut mir leid", entschuldigte sich Benito und zog den Kopf ein, "wollte noch jemand was zu trinken?"
Die Großmutter schinkte ihn nochmal in die Küche, um ein Glas Wasser zu holen. Gehorsam rannte er in den anderen Raum. Mit einem triumphierenden Blick sah Minerva die Ältere an.
"Naja", murrte sie, "bei den Kleinen hast du nicht allzu viel falsch gemacht. An den anderen drei musst du noch arbeiten."
Minerva lachte auf und wandte sich an L. Sein resignierter Blick erwärmte ihr Herz. Überglücklich mit ihrer Situation lehnte sich Minerva zu dem Detektiven und küsste ihn auf die Wange. Aus dem Augenwinkel konnte sie erkennen, wie sich ihre Großmutter eine Träne aus dem Augenwinkel wischte. Verwundert musterte die Detektivin sie.
"War das gerade eine Träne?", fragte sie breit grinsend.
"Unfug!", stieß die alte Frau aus. "Ich bereite das Mittagessen vor."

Minerva [L x OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt