Teil 9

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Jira
Am nächsten morgen wache ich in meine Alpha gekuschelt auf. Ich räkel mich ein bisschen um eine bequemere Position zu finden. Aber Ghrian ist anscheinend schon wach gewesen. Sie stupst mich sanft mit ihrer Schnauze an und leckt mir meine Lefzen. Ich revanchiere mich aufgeregt und lecke ihr die Schnauze. Sie verwandelt sich und ich tue es ihr gleich. „Guten morgen Jira. Ich hoffe du bist gut erholt. Du hast heute unruhig geschlafen." Ich strahle sie an. „Ich habe wunderbar geschlafen." beeile ich mich ihr zu versichern. Ghrian nimmt wieder die Salbe und grinst mich an. „Dreh dich um." sagt sie. Ich strecke mich auf den Bauch aus und sie cremt mich ein. Ihre zarten Hände streicheln mich überall. Auch an den Seiten und beide Schultern und beide Pobacken. Ich wundere mich weil ich doch gar nicht überall Narben habe. Aber ich genieße ihre Berührungen. Ich schließe die Augen und ich fange an zu Brummen.
Der kleine Junge kommt die Treppe runtergepoltert. Er grüßt fröhlich und fragt dass Ghrian was sie da macht.
„Ich versorge Jiras Wunden. So wie es mir der Heiler gezeigt hat." erklärt sie dem Kleinen ganz freundlich. „Aber du bist doch nen Alpha und er.." der Junge kratzt sich verschämt am Kopf. Ich schaue Ghrian neugierig an. Genau diese Frage stelle ich mir ja auch die ganze Zeit. Ghrian lächelt. „Jira kann sich am Rücken nicht selber eincremen. Darum mache ich das." Der Junge schaut sie erstaunt an. „Aber als Alpha macht man so was doch nicht." Ghrian zuckt mit den Schultern. „Ich schon." sagt sie unbekümmert. „Warum?" bohrt der Junge nach. „Weil ich Jira gefunden habe." sagt Ghrian. „Ich beschütze ihn bis ihn sein Rudel wiederhaben mag. Im Moment haben sie ihn verstoßen. Darum ist er bei mir. Ich schütze als Alpha sein Leben. Nicht nur in dem ich für ihn Kämpfe sondern auch in dem ich mich um seinen Körper kümmere damit es ihm gut geht."  „Das klingt als wärst du doch ein guter Alpha." erzählt der Kleine. Ghrian schaut ihn fragend an und der kleine wird unsicher. „Mama hat gesagt du wärst nen schrecklicher Missgeburt Alpha. Aber ich finde du bist ein sehr netter Alpha." erklärt der Kleine. Ich knurre als er meine Alpha als schreckliche Missgeburt bezeichnet. Ich hasse seine Mutter dafür. Ich will ihr am liebsten die Worte ins Maul stopfen. Wie kann sie nur so etwas hässliches über meinen Engel sagen?
Ghrian lächelt den Bub an. „Dein Urteil über mich gefällt mir sehr gut. Ich freue mich dass du mich nach meinem Charakter und nicht nach meinem Geschlecht nach beurteilst." Der Junge nickt zufrieden weil er den Kopf  nicht abgerissen bekommt.
Ghrian will jetzt aufbrechen. Sie sagt sie möchte die Gastfreundschaft nicht überstrapazieren. Sie gibt mir den Salbentigel und wird zum Wolf. Ich wandle ebenfalls und darf wieder auf ihrem Rücken liegen. Gegen Mittag lässt sie mich runter und cremt wortlos meinen Rücken ein. Dann verschwindet sie und ich bin allein. Ich habe Angst. Ich setze mich auf und habe Angst dass jeden Moment ein Wolf aus meinem Rudel vorbei kommt um mich umzubringen. Ich weine, weil ich nicht zurück zu meinem Rudel möchte. Warum will Ghrian mich nicht behalten? Meine wunderschöne, herrliche Alpha möchte mich nicht bei sich haben. Ich bin nur ein Gast an ihrer Seite.
Mein Herz fühlt sich an als wolle es nicht mehr schlagen. Ein kaltes Band hat sich darum gelegt. Ich würde gerne sterben. Vorgestern bin ich noch im mein Leben gerannt. Nun will ich es nicht mehr haben.

Ghrian
Der Kleine hat immer wieder im Schlaf gejault und geweint. Ich habe ihm dann die Ohren oder die Schnauze geleckt damit er sich beruhigt. Er hat sich  im Schlaf immer dichter an mich gekuschelt. Das ist so ein angenehmes Gefühl. Ich könnte ihm stundenlang beim Schlafen zusehen. Er ist so süß. Ich liebe sein zartes flauschiges Fell und sein niedliches Gesicht. Es erfüllt mich mit Freude dass er mir so sehr vertraut. Ich möchte dass er glücklich ist. Die ganze Nacht habe ich mir das Hirn zermartert wie ich ihn glücklich machen könnte. Oma kam mir immer wieder in den Sinn und wie sehr sie ihr Rudel vermisst hat. Sie hat ihr Glück aufgegeben um mein Leben zu retten. Ich kann einfach von dem Kleinen nicht das selbe verlangen. Auch wenn ich mich in seiner Nähe wohl fühle weil ich dann nicht mehr alleine bin kann ich ihn jedoch nicht seiner Familie entreißen. Ich schnüffle an Jira. Er duftet so herrlich. Ich würde ihn immer beschützen und lieb haben. Die Sonne geht auf und scheint auf Jira. Er räkelt sich ein bisschen und meine Nähe scheint er zu genießen. Mein Herz hüpft vor Freude. Ich begrüße ihn und er begrüßt mich eifrig zurück. Ich wandle mich und frage wie er geschlafen hat. Ich möchte nämlich wissen ob ihn seine Alpträume beeinträchtigen. Jira stahlt mich an. Sein Gesicht ist erfüllt von dieser Freude und mein Herz geht bei diesem Anblick auf. Oh, Jira, könnte ich doch jeden Morgen mit deinem Strahlen aufwachen! Ich grinse ihm zu und habe die Salbe in der Hand. Meiner Aufforderung sich umzudrehen kommt er willig nach. Ich merke wie er die Berührungen genießt und sich in meine Hand drückt. Ich streichle ihn eher als dass ich ihn eincreme. Ich streichle auch seine intakte Haut und Jira quittiert das mit einem zufriedenen Brummen. Ich frage mich ob ich noch weiter gehen darf doch da werden wir von Jupiter gestört. Er ist ein fröhlicher kleiner Kerl der schnell verheilt. Er wird bestimmt mal ein kräftiger Beta.
„Was tust du da?" fragt er entsetzt.
Die entsetzte Frage zerreißt mir das Herz. Müssen denn schon die Welpen mit Vorurteilen groß  werden? Ich erkläre ihm dass ich Jiras Wunden versorge weil Jira das nicht selber kann. Ich erinnere ihn dass der Heiler selbst mir gezeigt hat wie das geht. Prompt kommt die Gegenfrage die ich so entsetzlich finde. „Aber du bist nen Alpha und er.." ‚ein Omega' ergänze ich in Gedanken. Als ob ein Alpha keine Wunden versorgen könnte und ein Omega nichts wert sein könnte. Jira ist mir der kostbarste Wolf auf der Welt. Man muss ihn doch nur einmal anschauen wie schön er ist. Er ist vielleicht nicht kräftig dafür aber vertrauensselig. Nun schauen mich beide Buben an. Was soll ich ihnen sagen? Dass ich es mache weil ich Jira liebe? Nein dann würde er sich vielleicht nicht mehr trauen nach Hause zu gehen. „Jira kann sich  am Rücken nicht selber eincremen. Darum mache ich das." Das ist zwar eine Nichtssagende  Begründung aber ich hoffe sie schlucken das. „Aber als Alpha macht man so etwas doch nicht." Da ist es wieder das alte Vorurteil das mich beinahe mein Leben gekostet hätte. Wer ist schon man?  Ich zucke mit den Schultern. „Ich schon." ich kümmere mich nicht darum was die anderen für richtig oder falsch halten. Ich lebe frei. Frei in meinen Entscheidungen und frei in meinen Handlungen. Leider ist die Konsequenz dass ich alleine wandern werde.
„Warum?" bohrt der Junge nach.
Ja, warum eigentlich? Die Antwort ist simpel. Weil ich den kleinen Wolf hier liebe. Weil mein Herz für ihn schlägt und weil ich für ihn das Glück der Welt wünsche. Doch sein Glück wird er nicht bei mir finden. Mein Herz blutet aber ich muss ihn zurück gehen lassen. Er hat eine Familie und da gehört er hin. „Weil ich Jira gefunden habe. Ich beschütze ihn bis ihn sein Rudel wiederhaben mag. Im Moment haben sie ihn verstoßen. Darum ist er bei mir. Ich schütze als Alpha sein Leben. Nicht nur in dem ich für ihn Kämpfe sondern auch in dem ich mich um seinen Körper kümmere damit es ihm gut geht."  Ich hoffe dass Jira sich an mich erinnern mag. Ich werde meinen kleinen Gefährten bestimmt nie vergessen und vor allem nachts schmerzlich vermissen. „Das klingt als wärst du doch ein guter Alpha." platzt es aus Jupiter heraus.
Ich schaue ihn fragend an und er antwortet zögerlich: „ Mama hat gesagt du wärst nen schrecklicher Missgeburt Alpha. Aber ich finde du bist ein sehr netter Alpha." Ich freue mich so sehr dass der kleine Jupiter sein Gehirn nutzt um sich sein eigenes Bild zu machen. Er hört was die alten Wölfe ihm sagen aber er schaut selber ob das auch stimmt. Ich wünschte er würde diese Gabe auch später behalten und nicht einfach glauben was ‚man' sagt. Ich lächle ihn an und bedanke mich für sein Urteil. Ich beschließe dass wir noch vor dem Frühstück aufbrechen. Das Rudel scheint viele Vorurteile mir und auch Jira gegenüber zu haben. Ich würde ungern deswegen in einen Konflikt geraten. Ich lasse Jira auf meinen Rücken krabbeln und mache mich mit ihm auf die Socken. Ich bin furchtbar traurig und kann seine Nähe kaum genießen. Jira sagt gar nichts. Ob er seine Familie vermisst?Ich wünschte ich wüsste seine Gedanken. Aber könnte ich damit dann wirklich leben? Ich denke mal dass ich dann wüsste dass ich ihm nichts bedeute. Jetzt kann ich mich noch an die Hoffnung Klammern dass er vielleicht auch etwas für mich empfindet. Aber selbst wenn Jira gehört nach Hause. Er ist so schnell losgestürmt als ich ihn aus der Höhle gelassen habe. Selbst wenn er mich mag muss er wieder heim gehen.
Gegen Mittag mache ich eine Rast. Ich Cremes Jira wortlos ein. Was will ich ihm denn auch erzählen? Und dann gehe ich jagen.

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