8. Dezember 2018

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[Kapitel 8 # Samstag]

Mitternacht ist schon lange überschritten, als ich mich in einem Kreis aus meinen Mitschülern wiederfinde. Aus einem unerfindlichen Grund hat Alisha mich neben sich auf den Boden gezogen und mich somit von Shawn getrennt. Allerdings wird er zurzeit sowieso von einigen Mädchen aus der elften Klasse belagert.

Wie so oft, spüre ich die Eifersucht in mir aufkochen. Um mich zu beruhigen, fange ich damit an, einzelne Strähnen meiner braunen Haare zu flechten - nur um sie kurz darauf wieder zu öffnen. Erfolglos versuche ich, meinen Blick nicht zu dem Braunhaarigen und den kichernden Mädchen gleiten zu lassen.

Doch als mir Shawn zuzwinkert, weiß ich genau, dass er mein Verhalten die ganze Zeit über beobachtet hat. Es ist kein unverschämtes oder herausforderndes Zwinkern. Vielmehr ist es eine Aufmunterung und seine Art, mir zu zeigen, dass ich nicht befürchten muss, ich sei als Freundin abgeschrieben.

Nachdem sich die ersten Leute bereits küssen mussten, wird die leere Flasche wieder zurück in die Mitte des Kreises gelegt. Sie dreht sich in einem so schnellen Tempo, dass mir schon vom Zusehen schwindelig wird. Als mir der Flaschenhals gefährlich nahekommt, wendet sich mein Magen um hundertachtzig Grad.

Der rechte Sitznachbar von demjenigen, der die Flasche dreht, muss denjenigen, auf den die Flasche letztendlich zeigt, für eine Minute küssen. Eigentlich halte ich nichts davon, meinen Speichel sinnlos mit anderen Leuten auszutauschen. Ich weiß nicht einmal, weshalb ich im Kreis sitze und damit gezwungener Maßen an dem Spiel teilnehme.

"Paige", rufen einige Leute gleichzeitig meinen Namen. Erschrocken sehe ich von der Flasche auf, um herauszufinden, auf welchen Mund ich meine Lippen legen muss. Mit weit aufgerissenen Augen starre ich einen Jungen, den ich nicht einmal vom Sehen her kenne und der meiner Meinung nach viel zu betrunken ist, an.

"Du bist dran, Paige", piekt mich Alisha in meine Seite. Wahrscheinlich glaubt sie, ich hätte die Aufforderungen der anderen noch nicht gehört. Das Gefühl, dass mir gleich die Galle hochkommt, unterdrückend entknote ich meine Beine.

"Ey, was soll das?", beschwert sich der Junge, "verpiss dich wieder!" Einen Moment hoffe ich, dass er mich meint. Doch dann fällt meine Aufmerksamkeit auf Shawn. Rücksichtslos drängt er sich zwischen den Jungen und Corey, der die Flasche zuvor gedreht hat. "Verpiss du dich doch", sieht der Sänger ihn grimmig an.

"Das ist gegen die Spielregel", lallt der Junge erneut. Meine Finger in meinem Pullover vergrabend warte ich darauf, dass die beiden ihre Auseinandersetzung beenden. "Was bist du denn für ein Spießer?", schnauzt Shawn ihn an, bevor er seine Hände so positioniert, dass der Junge gezwungen ist, zur Seite zu rutschen.

"Ach, fick dich doch", reißt der Junge seine Arme in die Luft. "Weil du berühmt bist, darfst du dir alles erlauben, oder was? Auf so eine Scheiße kann ich gerne verzichten", erhebt er sich wütend und stürmt aus dem Arbeitszimmer, in dem wir sitzen.

Meine Wangen brennen, als mir bewusst wird, dass ich mich nun erheben und den Kreis durchqueren muss, um zu Shawn zu gelangen. Alle Augen liegen auf mir, während die Jugendlichen in ein leises Getuschel verfallen. Ein Mädchen flüstert sogar 'Schlampe'. Dabei habe ich absolut nichts, was diese Beleidigung rechtfertigen würde, getan.

Während ich meinen Rock zurecht rücke, setze ich einen Fuß vor den anderen. Seine Lippen befeuchtend lehnt sich Shawn mit seinem Rücken gegen eine schwarze Kommode. Da seine Beine gerade ausgestreckt sind, lasse ich mich vorsichtig auf seinem Schoß nieder.

Nervös zupfe ich an dem Stoff meines Rocks, damit er nicht hochrutscht und mein Hintern zu sehen ist. Doch als der Braunhaarigen seine Hände in die Richtung wandern lässt und den Saum festhält, atme ich erleichtert auf.

Nur ein Stück Papier •Shawn Mendes•Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt